Vom alten zum neuen Strandbad

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1990 von Peter Ziegler und Hans Kropf

Das Strandbad von 1933

Dass in Wädenswil die Idee eines Strandbades in den 1920er Jahren ihre Anhänger fand, versteht sich für eine Seegemeinde ohne weiteres. Die erste Anregung ging vom «Verein zur Hebung der Volksgesundheit» aus, welcher den Gemeinderat am 23. Oktober 1928 bat, die Schaffung eines öffentlichen Strandbades zu prüfen. Da sich auch die Gesundheitskommission positiv zur Eingabe stellte, liess die Exekutive vom Zürcher Architekten Hippenmeier in einem Gutachten die Platz- und Kostenfrage für ein Strandbad abklären. Von den zwei in Frage kommenden Arealen östlich des Au-Hafens und in der Rietliau gab der Experte der Rietliau den Vorzug. Jene Bucht zeichnete sich aus durch schöne Sicht auf den See und in die Berge; die Entfernung vom Dorf war geringer, und man hatte kaum Verschlammung zu befürchten.
 
Strandbad Wädenswil im Eröffnungsjahr 1933.
 

Dem Gutachten lagen drei generelle Projektskizzen für ein Strandbad bei. Da aber die Kostenvoranschläge hier für zwischen 280 000 Franken und 400 000 Franken schwankten, beschloss der Gemeinderat am 4. November 1929 mit Rücksicht auf den angespannten Finanzhaushalt einstimmig, auf die Anregung des «Vereins zur Hebung der Volksgesundheit» nicht einzutreten. Auf dem gemeindeeigenen Riedland setzte bald ein wilder Strandbadbetrieb ein. Dies veranlasste den Verkehrs- und Verschönerungsverein am 13. Oktober 1930 ebenfalls zu einer Eingabe an den Gemeinderat: Mit einfachen Mitteln solle eine im Umfang beschränkte Anlage geschaffen werden, die das geordnete Strandbaden gestatte. Die Gesundheitskommission studierte die Angelegenheit erneut. Im weiteren Verlauf reichte Architekt Heinrich Bräm in Wädenswil der Behörde eine Projektskizze für eine Strandbadanlage in Holzkonstruktion ein. Diese zeigte aber, dass der vorhandene Platz in der Rietliau noch zu klein war. Der Gemeinderat liess darum vorerst die notwendigen Landaufschüttungen seeaufwärts vornehmen, zum Teil mit Material, das bei den Hausabbrüchen für den neuen Wädenswiler Bahnhofplatz anfiel. Gleichzeitig erwarb die Behörde von A. Hausmanns Erben und von Herrn Schätti in der Rietliau zusätzliches Land am See. Das Areal wurde planiert, und um einen späteren Strandbadbetrieb nicht nachteilig zu beeinflussen, verlegte man die Mündung des Zapfbachs nach Westen. Wegen wirtschaftlich ungünstigen Zeiten - die Weltwirtschaftskrise griff auch auf die Schweiz über - sah sich die Gemeinde Wädenswil ausserstande, ein Strandbad zu bauen und zu betreiben. Doch half private Initiative weiter. Mitte Oktober 1932 bildete sich in Wädenswil ein privates Initiativkomitee mit dem Ziel, auf dem Gemeindeareal in der Rietliau auf privatwirtschaftlicher Grundlage ein Strandbad zu verwirklichen. Nachdem sich die Behörde bereiterklärt hatte, das Land für ein solches Vorhaben zu überlassen, schrieb das Initiativkomitee unter den Wädenswiler Architekten einen beschränkten Projektwettbewerb aus. Architekt Hans Streuli (1892-1970), der nachmalige Bundesrat, ging als Sieger hervor. Sein Projekt bestach durch Klarheit und Einfachheit. Es sah die besten Strandverhältnisse vor, bot eine günstige räumliche Verteilung der Ruhe- und Spielplätze und schloss mit seinen schlichten Betonbauten das Areal gegen Bahnweg und Eisenbahnlinie einwandfrei ab. Die für eine maximale Tagesfrequenz von 1500 Personen berechneten Ankleideräume waren klar nach Geschlechtern getrennt, berücksichtigten neuzeitliche Anforderungen und erlaubten mit 48 Einzelkabinen, 18 Wechselkabinen mit Bügelgarderobe sowie mit offenen Haken einen denkbar einfachen Betrieb. Zum Kassa- und Büroraum, dem Lingerie- und Trocknungsraum sowie dem Sanitätszimmer kam ein in den See vorspringendes Restaurant für alkoholfreien Konsum. Alles in allem ein beeindruckendes Projekt. Bis zur Ausführung waren aber noch einige rechtliche Schritte nötig. Im Dezember 1932 wurde unter dem Präsidium von Robert P. Flury, Direktor der Bank Wädenswil, die Strandbadgenossenschaft Wädenswil gegründet. Wer einen Anteilschein von mindestens hundert Franken zeichnete, war Mitglied der Genossenschaft. Die Gemeindeversammlung vom 19. Dezember 1932 regelte die Rechtsverhältnisse zwischen Gemeinde und Strandbadgenossenschaft: Die Gemeinde überliess das rund 6500 Quadratmeter grosse Areal in der Rietliau im Baurecht auf die Dauer von 50 Jahren. Als Gegenleistung sollten die Wädenswiler Schulen das Strandbad unentgeltlich benützen dürfen. Überdies waren ortsansässigen Benützern reduzierte Eintrittspreise zu gewähren. In den Vorstand und in die Kontrollstelle konnte der Gemeinderat je ein Mitglied abordnen. Für die Bauten und Anlagen kam die Genossenschaft auf, und zwar mit 50 000 Franken Genossenschaftskapital, 60 000 Franken grundpfandversicherten Darlehen und 40 000 Franken Obligationenanleihe. Nachdem die rechtlichen Verhältnisse geregelt waren, konnte mit der Verwirklichung des Projekts Streuli im Frühling 1933 begonnen werden. Das Werk brachte dem ortsansässigen Baugewerbe und zahlreichen Arbeitslosen wieder Arbeit und Verdienst. Starke Regenfälle während der dreimonatigen Bauperiode erschwerten und verzögerten die Fertigstellung des Strandbades; die Einweihung musste vom 1. auf den 7. Juli 1933 verschoben werden. Und auch dann war noch nicht alles vollendet. «Es ist wohl verständlich, dass der Vorstand der Strandbad-Genossenschaft beschlossen hat, vorläufig sämtliche Rasenplätze zu sperren.» So schrieb der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» am Einweihungstag und meldete weiter, Trennhecken, Schattenplätze, Blumen und Sträucher würden erst am Ende der Badesaison angepflanzt. Wenn der Naturgarten auch erst nächstes Jahr in der vorgesehenen Gestaltung zu bewundern sei, werde der gelungene Wurf unternehmungsfreudiger Bürger dennoch zum Anziehungspunkt und zum gesundheitsstärkenden Erholungsort der Einwohner aller Klassen der Gemeinde sowie der näheren und weiteren Umgebung werden. «Denn da finden sie inmitten einer selten schönen Landschaft Wasser, Luft, Licht und Sonne!» Und darin hatte sich der Berichterstatter wahrlich nicht getäuscht. Das Wädenswiler Strandbad mit Sandstrand und Liegewiesen, mit Floss und Schaukelmast, mit Spielgeräten und Restaurant war und blieb ein begehrter Aufenthaltsort an Sommertagen. Wie viele Kindheitserinnerungen verbinden sich damit!




Peter Ziegler


Abbruch und Neugestaltung

Das im Jahr 1933 durch die Strandbad-Genossenschaft in Betrieb genommene Strandbad Rietliau ging 1975 an die Gemeinde über. Während all dieser Jahre wurden an den Gebäulichkeiten nur die notwendigsten Unterhaltsarbeiten ausgeführt. Eine 1985 in Auftrag gegebene gründliche Analyse zeigte, dass zur Erhal­tung der Anlage grössere Investitionen notwendig wurden. Die Inneneinrichtung war veraltet, der Restauranttrakt wies Korrosionserscheinungen auf, und der Garderobentrakt war gar so baufällig, dass er durch einen Neubau ersetzt werden sollte. Ebenso befriedigte an den Aussenanlagen verschiedenes nicht mehr, so dass auch dieser Bereich in das Sanierungs- und Neugestaltungsprojekt einbezogen werden musste. Im Jahr 1986 wurde an die Arbeitsgemeinschaft Jürg Rota / Gerold Fischer der Auftrag erteilt, Vorschläge für die Sanierung und Neugestaltung der Anlagen auszuarbeiten. Als Zielsetzung galt, zweckmässige Gebäudeteile zu erstellen, mit ausreichenden, aber nicht überdimensionierten Angeboten. Ferner waren eine massvolle Verbesserung des Komfortes und mehr Hygiene, insbesondere im Bereich von WC und Duschen, anzustreben. Im weitem sollten die Stärken der Anlage erhalten bleiben; die Schwächen waren (auch bei der Aussenanlage) möglichst zu mindern.
 
Blick vom Floss auf das 1989/90 erneuerte Strandbad Wädenswil. Im Vordergrund der neu gestaltete Strand. Im Hintergrund links die Restaurant-Terrasse von 1933, rechts der 1990 erstellte Garderobetrakt.

Blick vom Dach des Restaurants auf die Liegewiese und die neu gestaltete Uferpartie. Aufnahmen vom Herbst 1990.

Im Herbst 1986 unterbreitete die Arbeitsgemeinschaft ein Projekt, welches die Zielsetzungen erfüllte. Im Vorschlag gliedert sich der Gebäudeteil in einen Westtrakt (Neubau) mit Garderoben, WCs für Standbadbenützer, Duschen, Geräteraum und Kassa mit Badmeister-/Sanitätsraum, sowie einen Osttrakt, bestehend aus Restaurant mit Terrasse, öffentlichem WC, Telefonkabine, Werkstatt und dem vom Club finanzierten Lokal des Yacht-Clubs Au. Das neue Garderobengebäude ist ein eingeschossiger, nicht unterkellerter Bau mit einem Richtung See ansteigenden Pultdach. Das Gebäude ist entlang dem Seeweg vollständig geschlossen und dient auch als Lärmschutzwand gegen die Bahnlinie. Der Osttrakt weist ein Flachdach auf. Mit der vorgesehenen Neugestaltung der Aussenanlage wird der Zugang zum See verbessert. Um die Vielfalt der Liegemöglichkeiten zu verbessern, das heisst das Angebot verschiedenster Lagen und Besonnungen der Liegeflächen zu vergrössern, werden mit leichten Veränderungen der Topographie erdgestalterische Bewegungen in die Flächen gebracht.
Die Kosten für die Realisierung des Projektes wurden auf 1745 000 Franken veranschlagt. An der Sitzung vom 16. September 1987 verabschiedete die Gesundheits- und Sportbehörde das Projekt mit einer Weisung an den Stadtrat und dem Antrag, der Neugestaltung des Garderobentraktes und der Aussenanlage sowie der Sanierung des Restaurants zuzustimmen und dafür einen Kredit von 1745 000 Franken zu bewilligen. Der Stadtrat unterstützte das Vorhaben an der Sitzung vom 21. Dezember 1987 und empfahl dem Gemeinderat ebenfalls Zustimmung. Nach Prüfung der Vorlage durch eine Spezialkommission folgte das Parlament dem Antrag der Gesundheits- und Sportbehörde am 6. Juni 1988 ohne Gegenstimme. Schliesslich bewilligten auch die Stimmbürger den nötigen Kredit am 25. September 1988 mit 3519 Ja gegen 590 Nein, bei einer Stimmbeteiligung von 34,6 Prozent. Damit war der Gesundheits- und Sportbehörde grünes Licht für die Aufträge zur Detailplanung und die Arbeitsvergebungen gegeben. Am 29. August 1989 wurde mit dem Abbruch des alten Garderobengebäudes begonnen; anschliessend erfolgten der Neubau des Garderobentraktes sowie des neuen Osttraktes und die Sanierung des Restaurants. Die Arbeiten schritten zügig und termingemäss voran. Bereits am 12. Dezember 1989 konnte die Aufrichte gefeiert werden. Anfangs 1990 wurde mit der Neugestaltung der Aussenanlage begonnen. Trotz zeitweise kritischer Wetterphasen konnte auch dieser Teil auf den vorgesehenen Zeitpunkt mehrheitlich in Betrieb genommen werden. Die Wiedereröffnung des neuen Strandbades Rietliau fand am Samstag, 30. Juni 1990, mit einem grossen Publikumsaufmarsch statt. Das Werk darf als gutgelungen bezeichnet werden, und die Bauherrschaft dankt allen, die zum Erfolg beigetragen haben. Das Strandbad Rietliau ist ein fester Bestandteil im Wädenswiler Freizeitangebot, und die landschaftlich sehr bevorzugte Anlage bleibt der Bevölkerung wieder viele Jahre erhalten.
 




Hans Kropf, Gesundheits- und Sportbehörde Wädenswil