Firmung in Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1983 von Hans Baumann

In den letzten Jahren wurden in der katholischen Kirche von Wädenswil jeweils um Mitte November mehr als hundert Kinder der sechsten Primarklasse gefirmt.
Die Firmung ist nach katholischer Lehre eines der sieben Sakramente. Zusammen mit der Taufe und der Eucharistie gehört sie zu den sogenannten Initiationssakramenten, das heisst zu den Sakramenten, in denen der Mensch voll in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen und fest in sie eingegliedert wird. Im Handbuch über die Feier der Firmung wird in Anlehnung an die Aussagen des zweiten Vatikanischen Konzils darüber folgendes gesagt: In der Taufe empfangen die Gläubigen die Vergebung der Sünden, die Gotteskindschaft, und sie werden in die Kirche eingegliedert. Durch das Sakrament der Firmung empfangen die in der Taufe Wiedergeborenen die unsagbar grosse Gabe, den Heiligen Geist, durch den sie mit einer besonderen Kraft ausgestattet, vollkommener der Kirche verbunden und strenger verpflichtet werden, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zu verbreiten und zu verteidigen. Schliesslich steht die Firmung mit der Eucharistie (Messe, Abendmahl) so eng in Verbindung, dass die Gläubigen, die bereits durch Taufe und Firmung besiegelt sind, im Empfang der Eucharistie dem Leibe Christi voll eingefügt werden.
In einfacher und nicht so theologischer Sprache gesagt:
Bischof Johannes Vonderach von Chur anlässlich einer Firmung in Wädenswil.
Das Sakrament der Firmung möchte die Kinder fest in der Gemeinschaft der Kirche verwurzeln und ihnen den Auftrag, als wache Christen zu leben, stärker bewusst machen. Die Kraft zu diesem lebendigen Zeugnis soll aus der Gabe des Geistes Gottes wachsen.
Der Ritus der Firmung ist einfach. Meistens ist die Spendung dieses Sakramentes in die Feier der Messe eingebaut. Nach der Predigt werden die Firmlinge zuerst nach ihrem Glauben gefragt. Das Bekenntnis geschieht in ähnlicher Weise, wie es bei der Taufe durch die Eltern und Paten geschah. Jetzt sollen die jungen Menschen selbst ihren Glauben bekennen. Sie tun es in der Gemeinschaft von Glaubenden, die dadurch auch auf die Stärke ihres persönlichen Glaubens angefragt werden.
Dann breitet der Spender der Firmung die Hände über alle aus. Über jemanden die Hände ausbreiten, jemandem die Hände auflegen, das will sagen, ihn in den Bereich Gottes holen. In der Apostelgeschichte wird berichtet, wie Petrus und Johannes den Getauften in Samarien die Hände auflegten: «Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist» (Apg 8, 17). Der Gestus der Händeausbreitung wird begleitet von einem Gebet um die Gaben des Geistes:
 
«Wir bitten dich, Herr,
sende ihnen den Heiligen Geist, den
Beistand.
Gib ihnen den Geist der Weisheit
und Einsicht,
des Rates, der Erkenntnis und Stärke,
den Geist der Frömmigkeit
und der Gottesfurcht».
 
Nach diesem treten die einzelnen vor den Spender der Firmung. Er legt ihnen die Hand auf und zeichnet mit Chrisam (Mischung von Olivenöl und wohlriechendem Balsam) ein Kreuz auf die Stirne. Dabei nennt er den Namen des Kindes und spricht: «Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist!» Die Salbung mit Öl ist im Biblischen Bereich ein Zeichen der Auserwählung, der Stärkung und Festigung.
Während dieser Handlung legt der Pate dem Firmling die Hand auf die Schulter, zum Zeichen, dass er zu diesem Kind steht und ihm helfen will, ein christliches Leben zu führen. Mit einem Händedruck und dem Gruss «Der Friede sei mit dir» wird die Firmung abgeschlossen.
Spender der Firmung ist in der Regel der Bischof. In unserem grossen Bistum ist es aber nicht möglich, dass der Bischof von Chur jedes Jahr zu uns kommt. So hat in seiner Vertretung schon einige Male der Abt von EinsiedeIn die Firmung gespendet, auch der Generalvikar von Zürich oder der Bischofsvikar von Chur.
Mit Berechtigung wird man die Frage stellen: Verstehen die Kinder, was da geschieht? Sind sie in diesem Alter fähig zu einem eigenständigen Bekenntnis? Wie lange hält das an usw.? Was Kinder dabei empfinden, können einige Aussagen zeigen, die sie nach der Firmung gemacht haben:
«Ich war vor der Firmung ängstlich und aufgeregt. Aber als mir der Bischof die Hände auflegte, spürte ich, dass der Heilige Geist in mir ist und mir hilft, mein Leben zu meistern und für andere Menschen da zu sein.»
«Als der Bischof mich firmte, war ich zuerst aufgeregt. Ich spürte aber die Hand meines Firmpaten auf der Schulter und war froh, dass ich nicht allein war.»
«Als ich an der Reihe war, gefirmt zu werden, war ich sehr nervös. Als ich die Hand meines Götti auf der Schulter spürte, wurde ich ruhiger. Als der Generalvikar mir ein Kreuz mit Chrisam auf die Stirne zeichnete, fühlte ich, wie es mir wärmer wurde.»
Über dem Haupteingang der katholischen Kirche Wädenswil steht diese Steinplastik: Der Kirche wird der Geist Gottes geschenkt.

Was sie vom Wirken des Geistes Gottes erhoffen, kommt in den Bitten der Kinder zum Ausdruck:
«Lieber Gott, Vater im Himmel, ich bitte dich, schicke den Reichen einen guten Geist, damit sie den Armen etwas von ihrem Reichtum abgeben, sonst können die Armen nicht überleben. Die Reichen sollen auch Schulen bauen und Lehrer ausbilden, die die Armen ihrerseits wieder schulen. Die Armen sollten genügend Land zum Anbauen von Mais und anderem Getreide haben. Auch sollten ihnen menschenwürdige Wohnungen zur Verfügung gestellt werden.»
«Herr, gib mir durch die Firmung Kraft, meinen Mitmenschen Liebe zu zeigen. Gib mir Kraft zum Glauben. Ich möchte dir so viel geben, aber meine Hände sind leer. Arm stehe ich vor dir. Nimm mich bitte an, wie ich bin.»
Aus diesen Kinderstimmen ist viel Tiefes heraus zu spüren. Das, was da anklingt, können sie aber nicht allein im Leben verwirklichen. Sie brauchen dazu die Hilfe einer lebendigen Gemeinde. Darum ist jede Firmung auch ein Anruf an alle, die zur Gemeinde gehören, stärker und überzeugter aus dem Glauben zu leben.
 




Pfarrer Hans Baumann