Senntenwirtschaft im Museum zur hohlen Eich

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1975 von Prof. Dr. Albert Hauser


Die «Senntenwirtschaft» spielte in Wädenswil wie auch in den benachbarten Dörfern einst eine dominierende Rolle. Die Herrschaft Wädenswil war noch im 17. Jahrhundert für ihren Viehexport bekannt. Im 18. Jahrhundert verlagerte sich das Schwergewicht auf einen anderen Produktionszweig, nämlich auf die Butter- und Käseherstellung.
Schon um 1725 wurden nach einem Bericht des Untervogtes aus der Herrschaft Wädenswil wöchentlich 30 bis 40 Zentner Butter nach Zürich geführt. Schon damals gab es nicht weniger als 16 Käsehändler, die jährlich 9000 Stück Käse nach Zürich verkauften. Um die Jahrhundertmitte war die Produktionsmenge dreimal so gross. Diese neue und gesteigerte Produktion rief einer anderen Art der Bewirtschaftung. Die Bauern, die ihre Butter früher meist selbst hergestellt hatten, schlossen sich nun zu kleinen Gesellschaften oder Genossenschaften zusammen und begannen in gemeinsam betriebenen Sennhütten in grösserer Menge und nach rationeller Art zu buttern und zu käsen.
Leider besitzen wir keine Anhaltspunkte über die Art und Qualität der Produkte. Wir wissen lediglich, dass die Butter stark gesalzen war und dass der Käse um 1760 unter dem Namen «Wädenschweiler-Käse» oder «Wädenswiler Räskäse» weit herum bekannt war. Es scheint, dass es sich um einen gesalzenen, ziemlich fetthaltigen Käse gehandelt hat.
Am Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Senntenwirtschaft einen neuen Aufschwung. 1781 gab es im Wädenswiler- und Richterswilerberg 22 Sennereien, die die Milch von 603 Kühen verarbeiteten. Im Jahre 1789 waren es bereits 28 Sennereien, welche die Milch von 744 Kühen erhielten, und 1795 waren es nicht weniger als 42 Sennhütten, in welchen von 1084 Kühen 992 Zentner Butter und 2000 Zentner Käse hergestellt wurden.
Die Senntenwirtschaft entwickelte sich im 19. Jahrhundert weiter. Die Milch wurde im Gegensatz zu früher ausnahmslos von den Sennen kaufweise übernommen und der Preis jeweils für ein Jahr oder ein halbes Jahr zwischen den Milchlieferanten und den Sennen ausgehandelt. Die einen Senntengenossenschaften stellten durchwegs Mager-, die anderen Fettkäse her. Um 1817 betrieb der Horgener Käseproduzent und Käsehändler Heinrich Stünzi in Wädenswil eine Reihe von Sennten, so auf BoIler, Unterort, Bachgaden, Stocken, Spitzen und Oedischwänd. Auch im 19. Jahrhundert wurde die Qualität sorgsam gehütet: eine von der Gemeinde eingesetzte Gewicht- und Messkommission nahm Kontrolluntersuchungen vor und meldete deren Resultat dem Gemeinderat. Dass die Käseproduktion eine hohe Stufe erreichte, ist unverkennbar: 1856 wurden zwölf junge Sennen aus dem Wädenswilerberg nach Norwegen engagiert, um dort die Käserei nach schweizerischem Muster einzuführen. Nach wie vor wurden erhebliche Quantitäten hergestellt; so notierte man 1843 jährlich 1600 Zentner Käse und 715 Zentner Butter. Davon wurden 1000 Zentner Käse und 310 Zentner Butter ausgeführt.
Der im Ortsmuseum Wädenswil ausgestellte Senntenbetrieb enthält die komplette Einrichtung, wie sie um 1800 ausgesehen hat. Man muss sich lediglich vorstellen, dass die Räume grösser und die Einrichtungen entsprechend anders dimensioniert waren. Unsere Sennerei gibt hingegen einen guten Einblick nicht nur in die Arbeitsweise, sondern auch in die bäuerliche Kultur, die mit der Hirtenkultur der Innerschweiz nahe verwandt ist.




Prof. Dr. Albert Hauser