Alte Wädenswiler Familien und ihre Namen

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 10. März 2020 von Peter Ziegler

In mehreren Folgen sollen einige alteingesessene Familien von Wädenswil, Schönenberg und Hütten gewürdigt werden. Es interessieren vor allem die erste Erwähnung, die Verbreitung und die Stellung der Familie in der Gesellschaft sowie die Deutung des Namens und, falls vorhanden, die Beschreibung des Wappens.

Knabenhans
Eine Gret Knabenhans wohnte 1439 in Richterswil. Im Steuerrodel von 1455 ist Rudolf Knabenhans im Gebisholz (Gwad) aufgeführt. Gemäss Steuerrodel von 1470 lebten damals in der Johanniterherrschaft Wädenswil drei Familien Knabenhans, jene von Heintzly, Kleinheiny und Heini. Uli Knabenhans, genannt Grossuli, besass 1543 die Mülihalde im Raum Mülibach und Grosshans Knabenhans nannte im Jahre 1555 Reben im äusseren Letten (bei der heutigen Alterssiedlung «Bin Rääbe») sein Eigen. 1634 wohnte je eine Familie im Dorf und in der Seferen. Um 1690 erstellte Hans Knabenhans das Haus Seestrasse 137. 1694 verheiratete sich Kaspar Knabenhans im Hangenmoos mit Barbara Diezinger. 1735 sind der Chirurg Hans Jakob Knabenhans-Wild im Luft (Luftstrasse 7) und der Tischmacher Heinrich Knabenhans bezeugt. Im 19. und 20. Jahrhundert waren die Knabenhans in Wädenswil vor allem als Kaminfeger und Dachdecker tätig. Der Name «Knabenhans» bezeichnete den Anführer einer Knabenschaft, einer Vereinigung der ledigen jungen Männer, und wurde nebst dem Familiennamen auch allgemeine Bezeichnung für einen Burschen (vgl. auch Grosshans, Prahlhans). Das Familienwappen zeigt in Blau über grünem Dreiberg ein goldenes Hauszeichen, beseitet von je einem goldenen, sechsstrahligen Stern.
Knabenhans.

Landis
Das Geschlecht Landis, benannt nach der Lände, der Schiffsanlegestelle, ist seit 1485 in Horgen und Hirzel bezeugt. Von dort zog die Familie in die Herrschaft Wädenswil. Täufer Hans Landis in Richterswil wurde 1614 hingerichtet. Rudi Landis von Horgen zog 1660 ins Aesch und zahlte 80 Pfund Einzugsgeld. Dieser Hof war während des ganzen 18. Jahrhunderts einziger Besitz der Familie Landis in Schönenberg. Zwischen 1703 und 1785 verheirateten sich dort sieben Männer aus der Familie Landis mit Töchtern aus den Geschlechtern Hitz, Kleiner, Leemann, Leuthold, Schärer, Steinmann und Welti. In den Kirchenbüchern von Hütten und Wädenswil bis 1800 wird die Familie Landis nicht erwähnt. In Richterswil dagegen, wo Chirurg Hans Caspar Landis-Eschmann (1680–1720) lebte, kommen die Landis häufig vor.
 
Leuthold
Die Güter des 1555 erwähnten Hans Lütold lagen auf Rutenen. Noch 1652 war hier ein Heini Leuthold sesshaft. 1634 erscheint die Familie auch auf Untermosen und 1688 an der Leigass. 1659 wird Fähnrich Hans Heinrich Leuthold erwähnt, 1684 der Schwarzfärber-Meister Sigmund Leuthold und 1690 Richter Heini Leuthold. Auch in Schönenberg war die Familie vertreten, so 1696 mit Jakob Leuthold im Säubad. Schützenmeister Hans Jakob Leuthold, der hier wohnte, verehelichte sich 1754 mit Anna Streuli aus der Rietwis Horgen. Chirurg Hans Jakob Leuthold an der Egg verheiratete sich 1768 mit Anna Esther Theiler von Wädenswil. Jakob und Elisabeth Leuthold, beide 61-jährig, wurden im Februar 1845 in ihrem Haus – es stand an der Stelle des heutigen Schulhauses Rotweg – von den Schönenberger Raubmördern Jakob Lattmann und Heinrich Sennhauser getötet. Der Dichter Heinrich Leuthold (1827–1879) war Bürger von Schönenberg. Der Familienname wird gedeutet als der unter den Leuten Waltende. Das Wappen zeigt in Blau eine silberne Glocke.
Leuthold.


Pfister
Der Familienname ist abgeleitet vom lateinischen Wort «pistor» und bedeutet Bäcker. Mit Heinrich Pistor, 1270 in einer Urkunde erwähnt, ist die Familie in Wädenswil erstmals aktenkundig. 1417 wird Claus Pister bezeugt. 1434 wird Hans Pfister erwähnt, sesshaft zu Naglikon (Unterort). 1455 besteuerte die Johanniterkommende Hans Pfister und seine Frau am Wädenswiler Berg. Gemäss Steuerrodel von 1470 wohnte ein «Hannssly Pfister» in der Rüti. Im Weiteren sind belegt: Josua Pfister bei der Kirche (1497), Hermann Pfister auf dem Gut Rötiboden (1530), Hans Pfister in der Holzmoosrüti (1555) und Pfisters Chalchtaren-Hof (1592). Um 1600 zog die Familie Pfister auf den Hof Stocken. 1634 war die Familie auch auf der Hinteren Fuhr, im Hangenmoos und in der Seferen ansässig. Ab 1668 lässt sie sich auf dem Hof Sumpf nachweisen, 1710 ist sie im Zopf belegt und 1739 kaufte sie von der Familie Stocker den Hof Gisibach. In der Landvogtei und in der Gemeinde Wädenswil bekleidete die Familie Pfister angesehene Ämter. Caspar Pfister in der Unteren Seferen war 1660 Weibel, 1662 Untervogt. Jakob Pfister in der Chalchtaren wird 1662 als alt Säckelmeister bezeichnet und Heinrich Pfister war 1695 Wirt auf dem Gesellenhaus. 1737 wohnte in der Oberen Chalchtaren der Schulmeister und Batzenvogt Rudolf Pfister. Auch in Schönenberg war die Familie Pfister heimisch: auf Geissferen (1692), im Aesch (1710), auf Mülistalden (1743), an der Egg (1752), auf Chülpen (1782) und im Wolfbüel (1783). Aus dem Aesch stammte Jakob Pfister, reformierter Pfarrer in Wädenswil von 1876 bis 1917, Verfasser verschiedener ortsgeschichtlicher Publikationen. Das Familienwappen zeigt in Blau auf liegendem, goldenem Weggen ein schwarzes Hauszeichen.
Pfister.

Rebmann
Zu den alteingesessenen Wädenswiler Familien zählten auch die Rebmann, deren Name vom Beruf abgeleitet wurde. Die Familie lebte zu Opfisau (Brunnenhof), wo 1342 Heinrich Rebmann wohnte und 1378 die Brüder Rudi und Hans wirtschafteten. 1408 kauften sich Walter und Jakob Rebmann mit ihren Familien von der Leibeigenschaft los. Werner Rebmann von Wädenswil erhielt 1440 das Bürgerrecht der Stadt Zürich. 1634 wohnte je eine Familie in der Seferen und im Giessen. 1685 wird der Weber Hans Rebmann erwähnt, 1686 Bannwart Jakob Rebmann. Bekannt waren die Rebmann vor allem als Sigristen der Kirche Wädenswil. Von 1783 bis 1858 vererbte sich dieses Amt über vier Generationen. Die Sigristen Rebmann wohnten im Haus Rotweg 7, das 1994 abgebrochen wurde. Heinrich Rebmann gründete 1781 am Krähbach eine Schlauchfabrik und legte den Grundstein für die spätere Feuerwehrgerätefabrik Ehrsam. Das Familienwappen zeigt in Rot über grünem Dreiberg ein silbernes Rebmesser, beseitet von je einem sechsstrahligen, goldenen Stern.
Rebmann.


Reiner
Die vom Rhein stammende oder am Rain wohnende Familie lässt sich in Wädenswil seit 1611 nachweisen. Die Schreibweise schwankt in den Quellen stark und lautet Rhyner (1611), Ryner (1653), Ryhner (1725), Rhiner (1826) und ab 1837 Reiner. 1634 wohnten die Reiner auf der Hinteren Fuhr und ab 1659 an verschiedenen Orten im Dorf. 1658 wird der Tischmacher Hans Ryner erwähnt, 1660 der Glaser Heinrich, 1664 der Schuhmacher Hans. 1667 der Zimmermann Hans, 1685 der Schiffsmann Conrad und 1725 der Chirurg Heinrich Reiner, der auch als Vergolder tätig war. Über Wädenswil hinaus bekannt war der Ofenmaler Heinrich Reiner-Diezinger (1700–1781), der 1768 die Blechschilder an den Weiberbänken in der neuen Kirche Wädenswil malte. Von 1771 bis 1807 führte Rudolf Reiner als Wirt den Gasthof «Hirschen», den er von Hans Caspar Hottinger gekauft hatte. 1791 machte Färber Jakob Reiner Konkurs, Johannes Reiner betätigte sich 1825 als Baumwollfabrikant und Conrad Reiner 1826 als Steinmetz. Das Familienwappen zeigt in Blau auf grünem Dreiberg einen goldenen Hirsch mit zurückgewendetem Kopf.
 
Rellstab
Der Rell-Stab war ein Stab in der Relle einer Getreidemühle, der spickte, bevor die Mahlsteine aufeinandertrafen. Mit Rellstab bezeichnete man den ihn gebrauchenden Müller, bisweilen auch einen viel redenden (= rellen) oder hageren Menschen. Die ursprünglich aus Rüschlikon stammende Familie Rellstab kommt ab 1554 im Taufbuch der Kirche Wädenswil vor. 1555 ist ein Heini Rellstab im Gwad bezeugt. 1615 veräusserte Heinrich Boller an Heinrich Rellstab seinen Leihof. Dieser wurde Stammsitz der Wädenswiler Rellstab und vererbte sich in der Familie während 400 Jahren über zehn Generationen. 1634 lebte auf dem Leihof die Familie des Heinrich Rellstab-Sennhauser mit sechs Kindern. 1676 kam es zur Erbteilung. Rudolf Rellstab-Höhn und Hans Rudolf Rellstab-Hottinger erhielten je eine Hofhälfte. 1723 nennen die Bevölkerungsverzeichnisse die Familie Hans Jakob Rellstab-Pfister wieder als alleinige Hofbesitzerin. Die Leihof-Bauern übten angesehene Ämter aus und waren auch sozial tätig. 1702 wird Batzenvogt Hans Rudolf Rellstab genannt und 1767 der Geschworene Heinrich Rellstab. Hans Kaspar Rellstab-Hofmann (1815–1899) war Gemeindepräsident, Emil Rellstab-Streuli (1853–1922) ab 1912 bis zum Tod Nationalrat. Hans Heinrich Rellstab-Hottinger (1750–1821) und Kaspar Rellstab-Pfister (1782–1842) stiegen in der Zürcher Miliz zum Hauptmann auf. Elisabeth Rellstab (1843–1904) arbeitete während des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 als Pflegerin in einem Lazarett in Frankreich, gründete 1877 im Armenhaus am Plätzli eine Krankenstation und wirkte 1886 bei der Gründung des Krankenasyls Wädenswil mit. Der umfangreiche Nachlass der Familie wurde 2014 der Dokumentationsstelle Oberer Zürichsee in Wädenswil geschenkt. Das Familienwappen in der reformierten Kirche zeigt in Rot über grünem Dreiberg einen goldenen Stern zwischen steigendem, goldenem Halbmond und liegendem, goldenem Weberschiffchen.
Rellstab.




Peter Ziegler