Die Geschichte des Wadenswiler Seeplatzes

Quelle: Gewerbezeitung Donnerstag, 15. Juni 2017 von Peter Ziegler

Ende Mai wurde auf dem Seeplatz das sanierte und erweiterte Wartehäuschen mit Restaurant eingeweiht. Dies ist unser Anlass, um der spannenden Geschichte des Seeplatzes nachzugehen.
Zeichnung von Johannes Isler, 1769.

Eine Zeichnung, die Johannes Isler 1769 angefertigt hat, und der Zehntenplan des Geometers Rudolf Diezinger von 1829/30 zeigen das Gebiet des heutigen Seeplatzes: Südöstlich an die private Engelhaabe schloss ein der Gemeinde gehörender unregelmässiger Platz an: Buchten wechselten mit Landvorsprüngen und ins Wasser vorragenden steinernen Laderampen. 1862 wurde hier der Dampfschiffsteg gebaut und 1876 ein hölzernes Wartehäuschen.
Der Seeplatz auf dem Ortsplan von 1903.

Kehrichtplatz am See

Am südöstlichen Platz-Ende lagerte man den Wädenswiler Kehricht ab, in der Absicht, den Platz zu vergrössern. Mit dem Bau der Nordostbahnlinie Zürich–Ziegelbrücke wurde der Seeplatz 1875 vom Dorf abgeschnitten. Eine Barriere als Fortsetzung der Engelstrasse und eine 1897 erstellte Passerelle beim Restaurant Schiffli ermöglichten fortan den Zugang. Damit nicht jedermann den Kehricht selbst zum Seeplatz tragen musste, führte die Gemeinde 1876 die Kehrichtabfuhr ein: Ein von zwei Pferden gezogener Kehrichtwagen sammelte jeden Samstag im Dorfgebiet den Hauskehricht ein und karrte ihn bis 1907 zur Deponie am See.
Kehrichtdeponie am Südostende des Seeplatzes.

Die 1897 erbaute Passerelle als Verbindung zwischen Bahnhofquartier und Seeplatz.

Neue Wartehalle und Auffüllungen

1905 genehmigte die Gemeindeversammlung einen Kredit von 4000 Franken für eine einfache Wartehalle beim Dampfschiffsteg. Der vom Jugendstil geprägte hölzerne Bau konnte 1906 eingeweiht werden und stand bis 1950. Dann wurde er durch die neue Wartehalle mit Flachdach nach Plänen von August Wernli ersetzt.
1911 strebte die Gemeinde die Vergrösserung des Seeplatzes an. Oberhalb des 1903 angelegten «Schwalbenstegs» schüttete man 50 Meter ausserhalb der alten Ufermauer im See einen Damm auf. Dahinter wurde von der Landseite her Auffüllmaterial deponiert. So entstand aus der einst schmalen Landzunge bis 1915 der Seeplatz heutiger Ausdehnung.
Seeplatz mit Barriere, Dampfschiffsteg und Wartehäuschen. Aufnahme um 1880.

Platzgestaltung von 1915/16

Nun galt es, den neuen Platz ansprechend zu gestalten. Notstandsarbeiten während des Ersten Weltkriegs gaben hierzu 1915/16 die Gelegenheit. Längs der mit einer neuen Mauer abgeschlossenen Uferzone ersetzten zwei Reihen Kastanienbäume die früheren Platanen und beim kleinen Steg entstand ein Rondell mit sechs Pappeln. Zwischen Engelhaabe und Wartehalle platzierte man nach Ideen der Thalwiler Architekten Müller & Freitag einen Brunnen: die Steinhauerarbeit des einheimischen Bildhauers Amsler. Der Zürcher Künstler Hans Markwalder schuf für die Stud die Skulptur «Knabe mit Fisch».
Seeplatz mit Brunnen und Wartehalle. Postkarte von 1921.

Neuer Hafen und Unterführungen

Die Neugestaltung des Bahnhofquartiers in den Jahren 1931 bis 1933 brachte einen verbesserten Zugang zum Seeplatz: Als Ersatz für den aufgehobenen Niveauübergang beim «Engel» und die beseitigte Passerelle schuf man eine Unterführung. Beim Bahnhofneubau musste die Engelhaabe um mehr als die Hälfte verschmälert werden. Die Bundesbahnen verpflichteten sich daher zum Bau eines neuen Hafens am Südostende des Seeplatzes, mit Damm aus Beton und gedeckter Bootshalle mit 42 Unterständen. Hier betrieb zuerst ein Privater und ab 1938 der Verkehrsverein eine Bootsvermietung. Im Oktober 1978 wurde der Bahnübergang Hafenstrasse in der Nähe der Badanstalt geschlossen. Dafür konnte gleichzeitig die neue Unterführung Ost freigegeben werden, die vom «Du Lac» her den Zugang zum Seeplatz ermöglicht, auch für Rettungsfahrzeuge.
Von 1969 bis 1996 stand die 1887 gebaute Dampflokomotive «Schwyzer» der Wädenswil-Einsiedeln-Bahn auf dem Seeplatz, bis 1941 im Streckendienst der SOB eingesetzt. Im Sommer 1985 richtete das Bauamt einen Kinderspielplatz ein, 2008 kam als weitere Attraktion das im neuen Hafen verankerte Motorschiff «Glärnisch» hinzu und 2010 das Wasserspiel.
Hochwasser am Seeplatz im Sommer 1910.

Veranstaltungen auf dem Seeplatz

Grössere Veranstaltungen fanden und finden noch immer auf dem Seeplatz statt. So bis 1968 die Bundesfeier, die 1891 eingeführt wurde und sich nach 1900 allgemein durchsetzte. Seit 2015 wird die abendliche Feier wieder auf den Seeplatz durchgeführt. Im August 1916 stellte sich erstmals eine grössere Chilbi auf dem Platz auf.
Chilbi 1943 auf dem Seeplatz.

In den 1940er und 1950er Jahren gastierten hier verschiedene Varietés, 1964 der Zirkus Royal, 1968 der Zirkus Stey, 1970 der Zirkus Nock, um nur einige Beispiele zu nennen. 1972 schlug hier die Pfingstmission ihr Zelt auf und ein besonderer Höhepunkt war der Viehaufzug mit Landwirtschaftsschau am 9. September 1987 anlässlich des «Wädi-Fäschts». Seit Winter 2001/02 wird auf dem Seeplatz alljährlich die Eisbahn Wädi aufgebaut.
Das sind einige Veranstaltungen im Jahre 2017: Plakettenvernissage der NFG, Flohmarkt an sechs Samstagen, Seevestival, Hochschulspektakel der ZHAW, Schiessen der Barbara-Zunft am Vormittag des 1. Augusts, Bundesfeier, Chilbi , Eisbahn, Anstossen mit einem Cüpli zum Jahreswechsel.




Peter Ziegler