vom Garten zur Wohnlandschaft

Zur Geschichte des Grünenberg-Parks

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2005 von Adrian Scherrer

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Mit dem Spatenstich für eine Überbauung begann am 13. Juni 2005 ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Grünenberg-Parks. Das ehemalige Anwesen der Familie Blattmann auf der Seeseite der Bürglistrasse ist als 23000 Quadratmeter grosses Ensemble aus Villa und Park ein bedeutender Zeitzeuge der Industrialisierung Wädenswils. Insbesondere gartengeschichtlich ist es deshalb von einigem Wert. Anders als etwa in Grossbritannien gehören in der Schweiz die Gärten nicht zu den historisch gut erforschten Gebieten – weder die Kunstgeschichte noch die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte hat sich ihrer angenommen. Gartengestaltung wurde hier zu Lande lange Zeit als handwerklich-praktische Aufgabe wahrgenommen, die dadurch einen vermeintlich weniger bedeutenderen Charakter als die Architektur erhielt. Erst in den letzten Jahren begann sich dies zu ändern.1 Im Gegensatz zu Gebäudebauten wurden die Pläne oder gar Pflanzlisten und Gärtnerrechnungen nach dem Bau von Gärten nur selten archiviert. Umso schwieriger ist es, die Geschichte eines Parks zu rekonstruieren – zumal sich ein Garten als lebendige und wachsende Komposition ständig verändert. Im Grünenberg war das nicht anders. Trotzdem ist eine Spurensuche in diesem Fall ergiebig: Der Park wurde in den 1930er-Jahren, als er sich in der Reife seiner Idee befand, mit rund siebzig Fotografien dokumentiert. Sie befinden sich seit kurzem in der Dokumentationsstelle Oberer Zürichsee.
Alter Grünenberg mit angebauter Stärkefabrik Blattmann um 1904. Im Hintergrund rechts die Villa Abendstern, links das Gelände des Grünenberg-Parks.
 

AUS OBSTWIESEN WIRD EIN LANDSCHAFTSPARK

Der Grünenberg-Park geht auf den Unternehmer Heinrich Blattmann-Ziegler (1869–1939) zurück. Er besass die Stärkefabrik an der Seestrasse in zweiter Generation.2 Das Unternehmen übernahm er nach dem Tod seines Vaters 1893 – mit jugendlichen 24 Jahren. Er entwickelte aus der kleinen Fabrik mit einer geschickten Expansionsstrategie innerhalb weniger Jahre ein blühendes Unternehmen, das um 1900 zu den grösseren Arbeitgebern in Wädenswil zählte. Die Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt im so genannten Alten Grünenberg, einem 1828 erbauten Haus, das noch heute in unmittelbarer Nachbarschaft der Fabrik an der Seestrasse 203 steht. Oberhalb der Fabrik befanden sich weitläufige Obstwiesen, die bald eine neue Funktion erhalten sollten. Noch vor der Jahrhundertwende begann Blattmann sie zu einer repräsentativen Parkanlage umzugestalten. Die Gestalt dieses Parks liegt heute weit gehend im Dunkeln. Nur auf einigen alten Fotografien lässt sich erahnen, wie er einst aussah. Den grössten Teil der Fläche nahmen verschiedene als Landschaftsgarten gestaltete Teile ein, in der auf Rasenflächen gepflanzte Bäume wuchsen, die sich teilweise zu eigentlichen Hainen verdichteten. Ein Teil der alten Obstbäume wurde vermutlich in dieses Ensemble integriert. Im nordwestlichen, seeabwärts gelegenen Teil des Parks entstand so ein eigentliches Arboretum mit einer Reihe exotischer Bäume, darunter mächtige Zedern, eine spanische Tanne, Sumpfzypressen, ein Ginkgobaum, ein japanischer Schnurbaum und eine 33 Meter hohe Sequoia.3 Die Flächen wurden von verschlungenen Wegen durchschnitten. Je nachdem welchen Weg man für einen Spaziergang wählte, konnte man verschiedene Licht- und Schattenspiele erleben. Im Zentrum des Parks stand eine Besonderheit der eher skurrilen Art: Eine echte Berghütte des Schweizer Alpen-Clubs (SAC). Der einfache, schiefergedeckte Blockbau stand im 19. Jahrhundert tatsächlich auf dem Oberalppass. Heinrich Blattmann hatte die Hütte als leidenschaftlicher Alpinist und Mitbegründer der SAC-Sektion Hoher Rohn kurzerhand erworben und in seinem Park aufstellen lassen, als sie – vermutlich 1903 – einem komfortableren Neubau weichen musste.4 Um die Hütte herum liess er ein Alpinum anlegen, eine Gartenform, die sich damals grosser Popularität erfreute. Der Park glich insgesamt wohl den typischen spätklassizistischen Landschaftsgärten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Villengärten des Grossbürgertums sehr beliebt und weit verbreitet waren. Der Stünzi-Park in Horgen oder der Garten der Villa Patumbah in Zürich sind bis heute Beispiele für diesen Stil.

VILLA IM LANDHAUS-STIL

Dem gestiegenen Wohlstand – und damit einhergehend einem grösseren Repräsentationsbedürfnis – genügte der Alte Grünenberg bald nicht mehr. Sich eine luxuriöse Familienvilla zu bauen, war ein durchaus zeittypischer Wunsch für einen erfolgreichen Unternehmer der Gründerzeit. Für den Neubau nutzte Heinrich Blattmann das weitläufige Parkgelände oberhalb seiner Fabrik. Als Architekten engagierte er Robert Bischoff (1876–1920) und Hermann Weideli (1877–1964). Ihre Arbeit kannte er bereits: Blattmann war neben einer Reihe anderer Ämter – unter anderem Gemeinderat, Präsident des Asylvereins, Verwaltungsratspräsident der Bank Wädenswil – auch lange Zeit Präsident der Primarschulpflege. In seiner Ära entstand das Glärnisch-Schulhaus, für das die Zürcher Architekten Bischoff und Weideli 1905 den Wettbewerb gewonnen hatten. Im Jahr 1911, gegen Ende der Boomjahre nach der Industrialisierung, während denen Wädenswil einen ernormen Aufschwung erlebt hatte, bauten sie für Blattmann im Grünenberg-Park eine neue Villa.
Die 1911 erbaute Villa Grünenberg von Westen. Aufnahme um 1930.
 
Villa Grünenberg, Ansicht vom See her.

Eingangshalle
 
Salon
Schlafzimmer
Badezimmer

Architektonisch ist sie als Mischung aus Jugendstilvilla und Zürcher Landhaus wohl am ehesten dem so genannten Heimatstil zuzuordnen.5 Bischoff und Weideli waren bekannt dafür, Wert auf die Innenraumgestaltung zu legen. Die Villa Grünenberg war mit ihrer Ausstattung mit industriell gefertigten Täfern, luxuriösen Einbaumöbeln und gemusterten Seidentapeten ein durchaus typisches Beispiel. Die Inneneinrichtung stammte vermutlich von Johann Albert Freytag, der damals im Büro von Bischoff und Weideli tätig war. Erhalten ist sie allerdings nicht. Sie wurde im Zuge einer Renovation in den 1960er-Jahren bis auf einige wenige Elemente entfernt. Das bekannteste Beispiel für eine Innengestaltung des Büros Bischoff und Weideli war der Künstlertreffpunkt Café Odeon in Zürich, das sie ebenfalls 1911 einrichteten.6 Das 16-Zimmer-Haus umfasst neben mehreren luxuriösen Salons mit Ausblick auf den Zürichsee auch einen Dienstbotentrakt, hat aber trotz der räumlichen Grosszügigkeit nach aussen keinen pompösen Charakter. Stattdessen verfügt es über einige für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sehr moderne Einrichtungen: Mehrere Bäder mit Duschkabine, fliessend warmes Wasser für Waschgelegenheiten in fast allen Schlafzimmern, Zentralheizung, Elektrizität und Telefon sowie einer der ersten Kühlschränke, die in Wädenswil installiert wurden. Zusammen mit dem Park ist das Haus eine jener Fabrikantenvillen der Gründerzeit, von der es am linken Seeufer eine ganze Reihe gibt. Denn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Bezirk Horgen wegen seiner Nähe zur Stadt Zürich und der guten Transportmöglichkeiten per Eisenbahn zu einem idealen Industriestandort.7

ARCHITEKTONISCHE GESTALTUNG STATT NACHGEBAUTE LANDSCHAFT

Mit dem Bau der Villa erhielt der Landschaftspark eine neue Funktion. Während das Arboretum und der Alpengarten mit der Oberalp-Hütte im nordwestlichen, seeabwärts gelegenen Teil des Parks wohl ungefähr so erhalten blieben, wie sie schon um 1900 bestanden, wurde der südöstliche Teil mit einem aufwändigen Terrassengarten ganz neu gestaltet. Die Pläne dafür stammten von Ernst Klingelfuss (1878–1938), der zu dieser Zeit häufig mit Bischoff und Weideli zusammenarbeitete.
Sein Schaffen ist bislang noch weitgehend unerforscht. Abgesehen von einigen ganz wenigen Ausnahmen – etwa Evariste Mertens (1846–1907) – sind die meisten Gartenarchitekten vergessen. Auch Ernst Klingelfuss gehört keineswegs zu den bekannten Personen, obwohl er als Gartengestalter den so genannten architektonischen Gartenstil oder Architekturgarten des frühen 20. Jahrhunderts in der Schweiz wesentlich prägte. Er war Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst, von der wesentliche Impulse für die neuen Ideen ausgingen. Es scheint, dass Klingelfuss wusste, was er konnte. Seine Firma in Zürich-Wollishofen nannte er unbescheiden «Atelier für Gartenkunst». Ernst Baumann (1907–1992), einer seiner Schüler, der später als Gestalter der rechtsufrigen Seeanlage für die Gartenausstellung G59 in Zürich Furore machte, charakterisierte ihn ähnlich: Als er einen der Gärten fotografisch dokumentieren wollte, habe ihn Klingelfuss mit der Bemerkung zurecht gewiesen, er wolle seine Werke nicht kopiert sehen.8
 
Halle mit Turmzimmer als bergseitiger Abschluss der Gartenterrasse.

Der neue Terrassengarten auf dem Grünenberg schloss südöstlich an das Haus an. Er lag unterhalb des langen Zufahrtswegs von der Bürglistrasse, der einst von einer dichten Eibenhecke eingefasst war. Man müsste ihn heute wohl als Drive bezeichnen. Dass diese Zufahrt über die längstmögliche Strecke führt, war wohl Teil einer gewollt monumentalen Inszenierung. Oberhalb des Wegs schloss bis zur Grundstücksgrenze an der Bürglistrasse ein weiterer Teil des Landschaftsparks an, dessen Grundstruktur wie im nordwestlichen Teil vermutlich noch aus der Zeit vor dem Bau der Villa stammte. Die Übergänge zum Terrassengarten sind allerdings fliessend. Anzunehmen ist, dass Klingelfuss auch diesen Teil umgestaltete, denn das Teehäuschen darin wurde erst um 1915 erbaut.9 Geht man über den Zufahrtsweg von der Bürglistrasse her auf das Haus zu, liegt der Terrassengarten vor dem Haus. Entsprechend war er eine Art «Vorraum» zur Villa. Prägendes Gestaltungselement war der architektonische Gartenstil, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufkam. Dessen Grundidee war die gestalterische Fortsetzung der Wohnräume im Hausinnern in einen formal gestalteten Aussenraum. Der architektonische Garten, der auf verschiedenen grossen Gartenausstellungen in Deutschland zwischen 1904 und 1907 propagiert wurde, verstand sich als Absage an die Landschaftsgärten, die gewissermassen an der Natur orientierte, künstlich nachgebaute Miniaturlandschaften waren. Parallel zu den verschiedenen Reformbewegungen der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts fand eine Rückbesinnung auf die konstruktiven und architektonischen Grundlagen der Gartengestaltung statt. Sie orientierte sich an der Gestalt der streng gegliederten Bauerngärten des Barocks. Ziel einer neuen Generation von Gartengestaltern war es, bewohnbare Hausgärten zu schaffen. Um ihre Ideen umzusetzen, beriefen sie sich auf den Jugendstil und später die Ideen des Werkbundes, der seit 1913 Reformen der angewandten Kunst vorantrieb. Ernst Klingelfuss war neben Gustav Ammann (1886–1955) einer der wichtigsten Vertreter dieser Gartenarchitekten in der Schweiz. Er wandte sich wie seine Zeitgenossen nach dem Ersten Weltkrieg dem Wohngarten-Stil zu.10 Der Terrassengarten auf dem Grünenberg, den Klingelfuss 1911 schuf, war für Schweizer Verhältnisse eine erstaunlich frühe Umsetzung dieses Konzepts. «Wir haben hier wieder eines der noch nicht häufigen Beispiele guter Übereinstimmung von Haus und Garten vor uns: Wie das Haus, so ist auch der Garten kein Naturgebilde, sondern ein künstliches Werk, darum müssen beide architektonisch geformt sein», hiess es lobend in der «Schweizerischen Bauzeitung» über den Grünenberg.11

TERRASSIERTE ANLAGE

Den fast nahtlosen Übergang zwischen Haus und Garten bildete die Sonnenterrasse. Der an das Haus angebaute Laubengang gab dem Gartenteil, den er einrahmte und der dem Haus am nächsten lag, einen intimen, bewohnbaren Charakter. Durch die streng formale Gestaltung der parterreartigen Terrassen erhielt das ganze Ensemble eine wesentlich privatere Sphäre als sie der übrige Park hatte. Die Ausblicke auf die Weite des Sees vermittelten dennoch eine grosszügige Eleganz.12 Die terrassierte Anlage wurde durch mehrere Stützmauern in verschiedene Aussichts- und Aufenthaltsorte gegliedert. Verbunden waren sie durch Kieswege, die von niedrigen Buchshecken eingefasst waren. Staudenpflanzen und üppige Blumenbeete dominierten die bepflanzten Flächen. So entstand eine Abfolge verschieden gestalteter «Räume», aus denen sich immer wieder Blicke auf den See öffneten. Diese Inszenierung von Aussicht ist zweifellos ein Bestandteil der gestalterischen Idee des Gartens. Die Raumfolge, die gewissermassen einer Zimmerflucht ähnelte, führte von der Terrasse beim Haus über 150 Meter in schnurgerader Achse über verschiedene Stufen bis zu einem kleinen Pavillon. Er entstand vermutlich um 1915 und diente als eigentlicher Blickfang. Überraschenderweise stand die Villa nicht in symmetrischer Beziehung zur Gartenachse. Dadurch verhinderte Klingelfuss einen allzu monumentalen Eindruck seiner Gestaltung und konnte stattdessen den intimen Charakter des Gartens stärken. Bereits zum ursprünglichen Konzept scheint es zudem gehört zu haben, mit Palmen und Hortensien in Töpfen auf einzelnen dem Haus zugewandten Kiesflächen sowie im Laubengang üppige Akzente zu setzen. Ausgangspunkt der Achse war der kreisrunde Zierbrunnen vor dem Haus. Wer ihn gestaltete, ist unbekannt. Er könnte möglicherweise von Jakob Brüllmann (1872–1938) stammen. Er arbeitete mehrfach mit Klingelfuss zusammen und schuf für die Villa Grünenberg eine Reliefplatte aus Sandstein, die als «Hauszeichen» einst die Fassade über der Sonnenterrasse zierte, aber längst verschwunden ist. Im Bereich des Möglichen liegt dieser Schluss: Das gleiche Viererteam – Bischoff und Weideli als Architekten, Klingelfuss als Gartengestalter und Brüllmann als Brunnenbildhauer – schuf nur ein Jahr nach dem Grünenberg auch das Landgut Schlössli (heute Schlösslistrasse 28) in Zürich-Fluntern. Klingelfuss gliederte seinen architektonischen Terrassengarten geschickt in den bestehenden Landschaftspark ein. Dass sich Heinrich Blattmann einen für damalige Verhältnisse so modernen Garten entwerfen liess, darf man heute wohl auch als Ausdruck eines an der Moderne und an Innovationen orientierten Zeitgenossen interpretieren. Generell schien Klingelfuss‘ Arbeit in Wädenswil zu gefallen: Einen weiteren Auftrag erhielt er von Seidenfabrikant Emil Gessner. Für diesen erweiterte er den ursprünglich von Evariste Mertens gestalteten Park der Villa Rosenmatt um einen Laubengang und einen «Teeplatz», auf dem sich heute der Kinderspielplatz befindet.
Aufgang zur Gartenterrasse.

Blick aus dem Haus auf den Terrassengarten.

Übergang von der Gartenterrasse zum architektonischen Garten.

Eingefasste Zufahrt oberhalb des architektonischen Gartens.
 
Pavillon im vorderen Landschaftspark.

Hinterer Park.
Oberalp-Hütte mit Alpinum im hinteren Park.

DORNRÖSCHENSCHLAF ZU ENDE

Die Pflege des Terrassengartens war arbeitsintensiv. Zeitweise waren auf dem Grünenberg mehrere Gärtner dafür angestellt. In den Jahren nach dem Tode Heinrich Blattmanns 1939 scheint der Park immer weniger intensiv gepflegt worden zu sein. Er fiel in einen Dornröschenschlaf. Die üppige Fülle des Terrassengartens vor der Villa ist mittlerweile längst verschwunden. Doch seine Grundstruktur blieb bis heute gut erhalten. Das Anwesen – von der Denkmalpflege als regional bedeutsam eingestuft – befand sich bis 2002 in Familienbesitz. Zuletzt wohnte die Tochter Heinrich Blattmanns, Marguerite Tesdorpf-Blattmann, im Haus. Nach ihrem Tod im Jahr 1995 war das Haus von weiteren Familienmitgliedern nur noch sporadisch bewohnt. Die Erbengemeinschaft veräusserte das ganze Areal schliesslich an die eigens dafür gegründete Grünenberg Immobilien AG, hinter der als einer der Hauptinvestoren Christian R. Spleiss steht. Im Sinne eines Kompromisses zwischen wirtschaftlicher Nutzung des Areals und dem denkmalpflegerischen Anspruch auf integralen Erhalt liess die Grünenberg Immobilien AG einen Gestaltungsplan ausarbeiten, um Teile des historischen Parks überbauen zu können.13 Er lässt rund zwei Drittel des Parks unangetastet. Ein verwaltungsrechtlicher Vertrag zwischen den Eigentümern und der kantonalen Denkmalpflege regelt den Schutzumfang der Villa und jenen rund 15000 Quadratmetern Park, die nicht überbaut werden. Zu den vertraglichen Abmachungen gehört die Rekonstruktion des Terrassengartens nach den historischen Vorlagen. Eine grössere Bauzone sieht der Gestaltungsplan im nordwestlichen Teil des Parks vor, das heisst im seeabwärts hinter der Villa gelegenen Arboretum. Darauf sind drei versetzte Mehrfamilienhäuser mit insgesamt dreissig Eigentumswohnungen geplant, die vom Zürcher Büro Gigon/Guyer Architekten projektiert wurden. Ihre Fassadengestaltung mit mineralischen Farbtönen antwortet auf die Umgebung des historischen Landschaftsparks. Die Häuser werden über die neu erstellte Grünenbergstrasse von der Seestrasse her erschlossen. Im südöstlichen Parkteil oberhalb des Zufahrtswegs sind darüber hinaus kleinere Bauzonen für drei Ein- oder Zweifamilienhäuser vorgesehen, die vorerst aber noch nicht überbaut werden sollen. Ende September 2002 stimmte der Gemeinderat dem Gestaltungsplan zu. Der Baubeginn verzögerte sich dann allerdings wegen eines Rekurses, der bis vor Bundesgericht weitergezogen und im September 2004 abgewiesen wurde. Der einst bedeutende Park erwacht durch die Projekte nun wieder zu neuem Leben, erfährt aber auch einige wesentliche Veränderungen. Weil indes der Terrassengarten erhalten bleibt, wird Klingelfuss‘ gestalterische Absicht auch künftig sichtbar sein. Das Haus erhält seine historische Bedeutung letztlich erst durch diesen Garten und die Lage in der Nähe der Fabrik. Als Ensemble spiegelt das Anwesen einen Lebensstil, den es im 21. Jahrhundert nicht mehr gibt.




Adrian Scherrer

Anmerkungen

1 Literatur zur Gartengeschichte: Vom Landschaftsgarten zur Gartenlandschaft: Gartenkunst zwischen 1880 und 1980, hg. Archiv für Schweizer Gartenarchitektur und Landschaftsplanung, Zürich 1996. Ehrenfried Kluckert, Gartenkunst in Europa: Von der Antike bis zur Gegenwart, Köln 2000. Monique Mosser, Die Gartenkunst des Abendlandes: Von der Renaissance bis zur Gegenwart, Stuttgart 1993.
2 Biografische Angaben: Albert Hauser, Geschichte der Stärkefabrik Blattmann + Co 1856–1981, Wädenswil 1981, S. 22f. Hans Rudolf Schmid, 100 Jahre Bank Wädenswil, Wädenswil 1963, S. 40.
3 Fritz Schwarzenbach, Mammutbäume in Wädenswil, in: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1983, S. 27–30.
4 Zürichsee-Zeitung, 26.11.2004.
5 Zum Haus: Die schweizerische Baukunst, Heft 20, 1912, S. 309–319. Schweizerische Bauzeitung, Nr. 25, 1913, S. 333–335.
6 Isabelle Rucki und Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz, Basel 1998, S. 62f.
7 Peter Ziegler, Wädenswils Wandel im 18. und 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2002, S. 77–90.
8 Vgl. Der Gartenbau, Nr. 3, 1988, S. 115.
9 Eindeutig Ernst Klingelfuss zuzuordnen ist nur der Terrassengarten. Abbildungen in einer Klingelfuss-Werbebroschüre, die sich in der ETH-Baubibliothek erhalten hat, legen diesen Schluss nahe.
10 Vgl. Ottavio Clavuot, Siedlungs- und Baudenkmäler im Kanton Zürich, Stäfa 1993, S. 256. Ein typischer Wohngarten von Klingelfuss von 1929/31 befindet sich an der Forsterstrasse 39 in Zürich-Fluntern.
11 Schweizerische Bauzeitung, Nr. 25, 1913, S. 334.
12 Der Autor dankt an dieser Stelle Rita Newnam-Roesti, Landschaftsarchitektin HTL bei Hager Landschaftsarchitektur AG in Zürich, die das von ihr erstellte Parkpflegewerk für diesen Beitrag freundlicherweise zur Verfügung stellte. Einige Hinweise kamen ausserdem vom Archiv für Schweizer Landschaftsarchitektur an der Hochschule Rapperswil.
13 Zur jüngsten Entwicklung: Zürichsee-Zeitung, 29.4.2002, 8.6.2002, 1.10.2002, 19.12.2002, 26.2.2004, 30.9.2004, 14.6.2005.