Unser Ziel war es vor allem auch, Einblicke in das Alltags- und in das Sonntagsleben unserer Vorfahren zu geben. Das ist nicht sehr einfach, weil ja verschiedene Dinge, vor allem die geistigen, nicht oder nur mit Schwierigkeiten gezeigt werden können. Die Bedeutung, der Stellenwert, den die Kirche im Leben unserer Vorfahren hatte, beispielsweise, wie zeigt man das? Im Raum «Saure Wochen, frohe Feste» haben wir versucht, eine Antwort darauf zu geben. Hier sind ausgestellt Bücher wie der «Zürcher Catechismus» von 1776 oder der «Catechistische Hausschatz», gedruckt 1752 in Basel, schliesslich auch «Die geistliche Seelencur» vom Jahre 1771. Hier ist auch ausgestellt die Predigt bei der feierlichen Einweihung der neuerbauten Kirche Wädenswil vom 23. August 1767. In dieser Schrift sagt Pfarrer Hofmeister: «In der neuen Kirche können jetzt In 2000 erwachsene Personen bequem genug sitzen, und man könnte gar noch 100 Plätze zusätzlich einrichten». Im Gegensatz zu heute war der Kirchgang brauchmässige Pflicht. Es war Ehrensache, zur Kirche zu gehen. Man war bereit, die zehn Gebote zu erfüllen, erwartete aber anderseits vom vorwiegend alttestamentlich aufgefassten Gott, dem Schöpfer der Erde, dem Herrn der Ernte, dessen Zorn und Strafe man im Unwetter und in der Missernte erfährt, die angemessenen Gegenleistungen in der Form des Gedeihens und Wohlstandes in Haus und Hof. Dass unsere Vorfahren besser im Alten Testament zu Hause waren, geht auch aus der Tatsache hervor, dass beispielsweise im Schlafzimmer die Grisaille-Malereien ohne Ausnahme alttestamentliche Vorgänge und Gestalten darstellen. Für eine besonders enge Gottbeziehung sprechen auch die handgeschriebenen Gebetzettel, die in einer Vitrine des gleichen Zimmers gezeigt werden. Dass vor allem auch die Bitte um das tägliche Brot noch einen andern und tieferen Sinn hatte, daran erinnert das schöne Blatt «Theuerung und Hungersnot» von 1816/17. Die Hungersnot war damals so gross, dass viele Leute in Wädenswil «Pilze, Chrüsch, Graswurzeln und Schnecken assen, um dem Hungertod zu entgehen».
Eine farbige Lithographie aus der Jahrhundertwende − sie stammt aus der Werkstatt der Brupbacher − zeigt, wie man früher über die Stufen des Alters dachte. Sowohl beim Mann als auch bei der Frau wird der «Gipfelpunkt» beim fünfzigsten Geburtstag angegeben. Sowohl Frau wie Mann tragen mit sechzig Jahren greisenhafte Züge. Ein Mann und eine Frau von sechzig Jahren galten damals als Greis und Greisin. Die mittlere Lebenserwartung betrug ja 1750 immer noch lediglich 34 Jahre. Im Jahre 1860 war sie nicht höher als 43 Jahre. Der Text der Lithographie spricht auch hier deutlich:
«Mit fünfzig Jahr
gibt's Stillestand.
Er prüft was kommt
und was entschwand».
Der Text zur fünfzigjährigen Frau lautet:
«Mit fünfzig Stillstand
wie man sagt.
Ein Enkel sie jetzt
glücklich macht.»
Recht hübsch wird auch gezeigt, wie man sich im Leben etwa gegen Krankheiten verhielt. Sie waren ja damals noch schwer bekämpfbar. Zu den Mitteln, welche die Medizin zu jener Zeit offerieren konnte, kamen deshalb immer auch noch volkstümliche Methoden. Da gab es Pflanzenextrakte. Dazu kamen Amulette. Strohkreuze halfen das Blut stillen. Erbsen und kleine Münzen wurden im Kampf gegen die Warzen verwendet. Dornenzweige über der Stalltüre waren bewährte Mittel gegen die Viehseuche, Mandeln mit eingeschnittenen Kreuzen wurden im Kampf gegen das Fieber verwendet. Berühmt und geschätzt war die Alraunwurzel (Mandragora). Das Exemplar, das in der Hohlen Eich gezeigt wird, stammt aus Griechenland und dürfte eines der ganz seltenen Exemplare in der ganzen Schweiz sein
Wie die vielen Exponate zeigen stand das tägliche Leben früher im Zeichen der Symbole. Sinnsprüche und Sinnbilder, die wir beispielsweise in der «Emblematischen Gemüths-Vergnügung» von 1699 finden, fanden grosser Absatz. Die Graveure und Kupferstecher Brupbacher haben diesem Bedürfnis entsprochen, indem sie Kupferstiche mit Symbolen herausgaben. Recht hübsch ist das Vexierbild, der Faltprospekt, der Brupbacher aus dem Jahr 1890. Hier wird die Allegorie vom Tod in hübsche Falttexte und Zeichnungen eingebettet. Solche Vexierspiele fanden grossen Absatz und vermittelten zugleich ein bisschen Moral. So heisst es in diesem Brupbacherschen Vexierbild:
«Die Jugend bringt man nur
mit Sünden zu
das böse Herz verpasst
der Himmelsruh,
doch säume nicht,
mich völlig zu entdecken
Vielleicht wird dich
mein Anblick noch erschrecken.»
Mit Anblick ist natürlich der Tod gemeint.