Alte Wädenswiler Familien und ihre Namen

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 10. September 2019 von Peter Ziegler

In mehreren Folgen sollen einige alteingesessene Familien von Wädenswil, Schönenberg und Hütten gewürdigt werden. Es interessieren vor allem die erste Erwähnung, die Verbreitung und die Stellung der Familie in der Gesellschaft sowie die Deutung des Namens und, falls vorhanden, die Beschreibung des Wappens.
 
Bürgi
Ein Bürgy in der Au erscheint 1454 im Steuerrodel der Johanniterkommende Wädenswil. 1555 lebte eine Familie Bürgi auf dem Hof «Gysyrüti», 1634 auf der Hinteren Fuhr. Der dortige Hof kam 1674 an Kappenmacher Hans Bürgi und wurde 1733 von Sigmund Bürgi an Rudi Blattmann verkauft. Ab 1665 sind Bürgi auch im Herrlisberg nachgewiesen. Meister Caspar Bürgi erwarb 1672 das Haus Türgass 16. 1702 wird ein Chirurg Bürgi erwähnt, 1771 der Käsehändler Jakob Bürgi, 1787 Weibel Hans Jakob Bürgi und 1796 der Indienne-Verleger Jakob Bürgi, der in jenem Jahr Konkurs anmelden musste. Aus neuerer Zeit ist der Wädenswiler Bürger Dr. Urs Bürgi (1909–1989), Chirurg und Regierungsrat, zu erwähnen. Der Name Bürgi ist eine Verkleinerungsform des Vornamens Burkhard. Das Familienwappen zeigt in Blau eine silberne Burg mit zwei runden, rot bedachten Türmen.
Bürgi.

Diezinger
Die 1905 im Mannesstamm ausgestorbene Wädenswiler Familie Diezinger besass spätestens ab 1533 und bis 1677 die Mühle Lutringen unter den Eichen, die Eichmüli. Hansemann Diezinger war 1568 Eigentümer des Vorgängerbaus des Hauses Scheidweg (Schönenbergstrasse 18). Auch sonst waren die Diezinger im Gewerbe tätig: Rudolf Diezinger 1693 als Tüchler (Tuchhändler), Heinrich Diezinger 1721 als Gerber, Hans Diezinger 1723 als Tischmacher. Der Schlosser Heinrich Diezinger (1716–1776) schuf 1766 das Torgitter der reformierten Kirche Wädenswil und der Mechaniker Johannes Diezinger (1767–1835) gründete 1798 mit Hans Heinrich Blattmann die Mousseline-Fabrikationsfirma Blattmann, Diezinger & Co., welche 1811 die Fabrik im Freihof bezog (heute Stadthaus). Johann Rudolf Diezinger (1770–1847) wurde als Geometer, Planzeichner und Chronist bekannt. Zu den Stammhäusern der Diezinger gehörte das Haus Zur Hohlen Eich von 1683, 1702 bewohnten Ulrich und Caspar Diezinger das benachbarte Haus Scheidweg und ab 1794 besass die Familie das 1736 erbaute Haus zur Reblaube. Auch militärisch traten die Diezinger, die wiederholt Fähnriche und Offiziere stellten, in Erscheinung. Hensli Diezinger beteiligte sich 1551 am Zug ins Piemont, Hauptmann Hans Diezinger stand 1587 im Sold des Königs von Novarra, Hans Diezinger fiel 1677 in Fremden Kriegsdiensten. Der Familienname geht vermutlich auf den Weiler Diezikon zwischen Wald ZH und Goldingen SG zurück. Das Wappen zeigt in Grün über halbem, liegendem, silbernem Mühlrad zwei gekreuzte, silberne Äxte.
Diezinger.


Egli
Das Bevölkerungsverzeichnis von 1647 nennt Welti Egli-Hofmann auf Widen. 1657 wurde Felix Egli mit Anna Isler getraut. 1661 wird Heinrich Egli im Strasshuus erwähnt, 1668 Jakob Egli auf der Fuhr. Strasshuus und Fuhr blieben bis ins 18. Jahrhundert die wichtigsten Wohngebiete der Familie. Caspar Egli im Strasshuus verkaufte 1715 dem Nachbarn Rudolf Hauser ein Mattenstück. Das Ehebuch Wädenswil verzeichnet im 18. Jahrhundert vier Heiraten in der Familie Egli:1703 wurde Kaspar Egli mit Elisabeth Biber von Horgen getraut, 1714 Hanns Jakob Egli mit Barbara Brunner, 1715 Sigmund Egli mit Katharina Welti und 1723 Hans Egli mit Barbara Hauser. Rudolf Egli liess 1767 auf der Rücklehne seines gekauften Stuhls in der reformierten Kirche Wädenswil das Familienwappen aufmalen. Dieses zeigt in Rot über grünem Dreiberg ein liegendes, silbernes Beil, überhöht von einem silbernen Fisch. Der Familienname geht auf den Vornamen Egilo zurück.
Egli.

Epprecht
Die Schreibweise des Namens änderte oft: 1404 Eggbrechtz, 1449 Egprecht, 1484 Egkbrecht, 1491 Eckbrecht, 1515 Eprecht und ab 1543 Epprecht. Entstanden ist der Familienname aus dem althochdeutschen Vornamen Agibert/Egibert mit der Bedeutung prächtige (brecht) und agal, was Schwertspitze bedeutet. Der älteste Beleg nennt 1404 Eggbrechtz Mechlers Kind. Andres Epprecht amtete 1466 als geschworener Weibel zu Wädenswil. Marty Epprecht nahm 1512 am Kriegszug nach Pavia teil und Jakob Epprecht 1515 an der Schlacht von Marignano. Die Familie wohnte um 1550 im Dorf am See sowie im Gebiet Krähbach und um 1650 auch in der Gegend Rutenen und Mülibach. Viele Epprechts waren als Bauern, Fischer und Schiffsleute tätig.

Eschmann
Die Eschmann tragen ihren Namen nach dem Hof Aesch/Schönenberg mit der Bedeutung Mann, der im Aesch, im Saatfeld, wohnt. Die seit 1389 in der Herrschaft Wädenswil nachweisbare Familie betrieb von 1571 bis 1721 die Mühle Mülistalden in Schönenberg und von 1659 bis 1745 die Giessenmüli in Wädenswil. 1570 wurde Peter Eschmann Landschreiber der Landvogtei Wädenswil. Dieses Amt vererbte sich bis 1773 über sieben Generationen. Hans Eschmann erhielt 1647 als Dank für seine regierungstreue Haltung im Wädenswiler Handel von 1646 das Bürgerrecht Stadt Zürich geschenkt. Sein Grossneffe Hans Jakob (1659–1742) zeichnete sich 1712 im Zweiten Villmergerkrieg im Kampf um die Bellenschanze am Hüttnersee aus und erhielt dafür Ehrengeschenke. In der Zürcher Miliz bekleideten die Eschmann von 1636 bis 1775 häufig den Grad des Hauptmanns und Rittmeisters. Ausser im Wädenswiler Berg (Egg, Geissferen, Külpen, Mülistalden, Rotenblatt, Wolfbüel und Zweierhof) wohnten die Eschmann auf Rötiboden, an der Leigass, auf dem Boller, zu Untermosen und im Steinacher. Von 1511 bis 1528 wird Welti Eschmann als Richter erwähnt. Hans Eschmann war 1555 Untervogt, Jakob «Aeschmann» 1592, Hans Eschmann 1621, Hans Rudolf Eschmann 1709. Als Wirt zur «Krone» amtete 1647 Hans und 1677 Christian Eschmann. Hans Jakob war 1654 Landrichter, Regula Eschmann kaufte 1655 die Wirtschaft Engel, Hans Jakob Eschmann hatte 1664 das Amt des Säckelmeisters inne. Ulrich Eschmann im später Schmiedstube genannten Haus wird 1665 als Sigrist erwähnt, Hans Heinrich Eschmann 1679 als Schulmeister. Belegt sind im Weiteren 1687 Barbier Ulrich Eschmann und die Engelwirte Hans Jakob (1683– 1722), Caspar (1661–1702) und Heinrich (1717–1792) Eschmann. Heinrich Eschmann kaufte 1702 ein Haus mit Öltrotte im Luft und betätigte sich fortan als Öler, Cornet Jakob Eschmann war 1740 Bäcker und Fabrikant, Schützenmeister Conrad Eschmann im Dorf 1772 verantwortlich für das Schiesswesen in der Gemeinde. Jakob Eschmann beschäftigte im Jahre 1787 vier Familienmitglieder im Textilgewerbe. Das Familienwappen zeigt in Silber einen schwarzen Ring mit zentral eingeschriebenem, goldenem Ring.
Eschmann.


Fleckenstein
Die aus einem regimentsfähigen Geschlecht aus Luzern stammende Familie Fleckenstein, benannt nach einem bemoosten, geeckten Stein, lässt sich in Wädenswil ab 1598 nachweisen. Ihre Wohnungen standen im Giessen, im Luft und auf dem Buck. Baumwollverleger Heinrich Fleckenstein (1793–1852) gründete 1818 mit Lederhändler Heinrich Hauser die Textilfabrik Hauser & Fleckenstein am Reidbach, die nachmalige Tuchfabrik Wädenswil AG und heutige Tuwag Immobilen AG. Friedrich Fleckenstein-Waser (1824–1892) liess 1883/84 durch Architekt Karl Schweizer die Fabrikanten-Villa Fleckenstein (Einsiedlerstrasse 24) erbauen. Ein zweites Haus Fleckenstein, am Reblaubenweg, wurde 1969 für den Bau des Grossverteilers Coop abgebrochen. Hier arbeiteten im 19. Jahrhundert die Dekorationsmaler Fleckenstein & Schmidt. Die Kindergärtnerin Fanny Fleckenstein (1861–1904) regte im Jahr 1900 die Gründung einer Fortbildungsschule für Fabrikmädchen sowie des Frauenvereins Wädenswil an.
Fleckenstein.

Friedrich
Die 1553 mit «Uoli Fryderich» in Wädenswil erstmals belegte Familie, reich an Frieden, war vor allem gewerblich tätig. Ulrich Friedrich besass 1568 die Giessenmüli, ein anderer Ulrich 1654 eine Färberei im Rothuus. Ein weiterer Meister Ulrich Friedrich verkaufte 1662 seine Färberei samt Badestube (Haus Gerbestrasse 7) an den Schwarzfärber Felix Beutler von Grüningen. Meister Heinrich Friedrich im Luft betätigte sich 1685 als Steinhauer, Caspar Friedrich im Rothuus 1687 als Mühlesteinhauer und sein Vater Heinrich als Weber. Caspar Friedrich, wohnhaft am See beim inneren Schützenhaus (nachmals Seehof), verdiente 1688 seinen Lebensunterhalt als Fischer, ein anderer Caspar Friedrich, bei der Zehntentrotte (Wasserfels) wohnend, 1690 als Käsehändler.

Gattiker
Die Familie Gattiker, benannt nach dem Hof Gattikon in der Gemeinde Thalwil, ist 1555 in Wädenswil mit Hans Caspar Gattiker bezeugt. 1634 lebten Familien in der Holzmoosrüti, auf Untermosen und im Schoren, 1655 an der Türgass, 1693 im Luft. Weibel Gattiker war einer der Hauptanführer im Wädenswiler Handel von 1646, einem Aufstand gegen die Regierung in Zürich, und wurde deshalb enthauptet. 1654 kaufte Fähnrich Heinrich Gattiker die Mühle im Giessen, veräusserte sie aber schon 1659 an Hans Eschmann. 1765 war Jakob Gattiker Inhaber der 1905 abgebrochenen Sägerei am Krähbach. In Schönenberg bewirtschafteten Familien Gattiker die Höfe Suener (1720), Unter Weisserlen (1721) und Säubad (1731). Dorfbekannt war in Wädenswil Hermann Gattiker (1876–1967), Wirt für das Au-Konsortium auf der Halbinsel Au und im eigenen Restaurant Schiffli beim Bahnhof, abgebrochen 1931. Das Wappen der Familie Gattiker zeigt in Blau über grünem Herz ein rotes Herz, aus dem drei goldene Rosen wachsen.
 




Peter Ziegler