Auszug aus dem Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 1. April 1890
1890. 26. März. Unter dem Namen Kirchenbau-Verein Wädensweil hat sich am 19. März 1890 auf unbestimmte Zeitdauer ein Verein gebildet, dessen Sitz und Gerichtsstand in Einsiedeln ist und der bezweckt, in Wädensweil eine römisch-katholische Kirche und ein Pfarrhaus zu erbauen und zu unterhalten. Als Vereinsmitglied findet jede römisch-katholische Person Aufnahme, welche sich hierfür anmeldet und mindestens 20 Fr. auf einmal oder je 5 Fr. in fünf Jahresraten für den Vereinszweck beisteuert. Die Leitung des Vereins und seiner Geschäfte, sowie dessen Vertretung gegenüber Dritten besorgt ein Komite von sieben Mitgliedern, welches unter sich den Präsidenten, den Vize-Präsidenten, den Kassier und den Sekretär des Vereins wählt und bei Todesfall oder Austritt eines Mitglieds des Komite von sich aus dieses aus den andern Vereinsmitgliedern ergänzt. Die Oberaufsicht über die Rechnungen und die zweckmässige Verwendung des Besitzthums des Vereins steht dem zuständigen bischöflichen Ordinariate zu. Für die Verbindlichkeiten des Vereins haftet nur das Vereinsvermögen...
Mitglieder der «Collectif-Gesellschaft»
Dekan Johann Severin Pfister (1829–1909), Pfarrer in Winterthur; Präsident
Johann Severin Pfister wirkte zuerst als Pfarrer in Jona/SG und wurde 1871 an die Kirche St. Peter und Paul in Winterthur gewählt. Die kirchlichen Behörden ehrten sein Wirken durch die Ernennung zum ersten bischöflichen Kommissar im Kanton Zürich (1876), zum Dekan des Priesterkapitels Zürich und zum Domherrn der Kathedrale Chur (1892).1887/88 hatte er massgeblich an der Renovation der Kirche St. Peter und Paul in Winterthur mitgewirkt und dort eng mit dem kunstverständigen Einsiedler Pater Albert Kuhn zusammengearbeitet. Die dabei gemachten Erfahrungen und Beziehungen brachte er im Wädenswiler Gremium ein. 1901 trat Dekan Pfister vom Pfarramt zurück. Er starb 1909 in Lachen.
Dr. med. Carl Kälin-Schindler (1858–1900), Wädenswil, Aktuar
Carl Kälin, Bürger von Einsiedeln, war der einzige Sohn des Bezirksammanns Dr. Kälin, der 1876 bei der Probefahrt der
Wädenswil−Einsiedeln-Bahn tödlich verunglückte. Seit 1887 praktizierte der mit Magdalena Schindler verheiratete Carl Kälin in Wädenswil. Wegen seines offenen und freundlichen Wesens war er allseits sehr beliebt. Kälin war Präsident der Gesundheitskommission, Mitglied des Waisenamtes und seit 1888 Gemeinderat. Er starb am 2. September 1900 an den Folgen einer Krankheit.
Josef Furger (1860–1929), Pfarrer in Horgen, Quästor
Josef Furger, Nachfolger des 1886 krankheitshalber zurückgetretenen Pfarrers Bossard, war als Pfarrer der Kirchgemeinde von Horgen, zu der auch die Gemeinden Hirzel, Oberrieden, WädenswiI und Schönenberg gehörten, mit den Verhältnissen in Wädenswil bestens vertraut. Er wirkte als Quästor im Komitee mit und trat nach der Ablösung der Pfarrei Wädenswil von Horgen 1895 aus dem Komitee zurück.
Nationalrat Nicolaus Benziger (1830–1909), Einsiedeln, Beisitzer
Nicolaus Benziger war Buchdrucker und Verlagsbuchhändler in Einsiedeln. Seine politische Tätigkeit begann er im Bezirksrat, dann wurde er Regierungsrat und schliesslich Nationalrat. Da Wädenswil auch durch Patres aus dem Kloster Einsiedeln seelsorgerisch betreut wurde, nahm Nationalrat Benziger Einsitz im Kirchenbau-Komitee.
Johann Cavallasca (1831–1897), Wädenswil, Beisitzer
Johann Cavallasca entstammte einer Baumeisterfamilie aus Rodero in Italien. Als Auswanderer betrieben die Gebrüder Cavallasca 1870 in Baar ein Baugeschäft, das auf die Lieferung und das Verlegen von Zementröhren spezialisiert war. Spätestens 1877 war Cavallasca in Wädenswil ansässig, denn im Oktober dieses Jahres übertrug ihm die neugegründete «Quellwasserversorgungs-Gesellschaft Wädensweil» den Bau des Reservoirs Bühl. Im Jahresbericht wurde seine Arbeit gelobt: «Die Arbeiten begannen sofort und wurden von dem Unternehmer sehr rasch und auf eine Weise durchgeführt, dass die während der Baute eingetretene kältere Jahreszeit keine Störungen verursachte und die beiden Reservoir-Abteilungen schon in den letzten Tagen des Novembers soweit fertig waren, dass sie auf den 3. November gefüllt werden konnten.»
Johann CavalIasca, verheiratet mit Sophie Kegreis und wohnhaft im «Giessenegg», nahm 1881 mit Pfarrer Bossard in Horgen wegen des katholischen Gottesdienstes in Wädenswil Verbindung auf. An der am 19. Juni 1881 abgehaltenen Versammlung der Katholiken wurde er zum Präsidenten der katholischen Genossenschaft gewählt. Im Komitee wirkte er vor allem als Berater in Baufragen. 1894 legte er auch erste Grundrisse für eine Kirche vor. Amt und berufliche Tätigkeit wusste er klar zu trennen. So war sein Baugeschäft weder beim Kirchen- noch beim Pfarrhausbau direkt beteiligt. Cavallasca starb am 18. Januar 1897 nach kurzem Leiden im 66. Altersjahr.
Konrad Wolz (1835–1901), Richterswil, Beisitzer
Der 1835 geborene Konrad Wolz stammte ursprünglich aus Würzburg und war seit 1874 Inhaber einer kleinen Brauerei in Richterswil. 1881 nahmen ihn die Richterswiler ins Bürgerrecht der Gemeinde auf. Als Vertreter der Richterswiler Katholiken, die nach Wädenswil kirchgenössig waren, nahm er ab 1888 deren Interessen im Komitee wahr.
Dr. med. Melchior Zürcher-Deschwanden (1821–1902), Zug, Beisitzer
Der in Zug ansässige Arzt und Erziehungsrat war Initiant und Förderer des Vereins für die Inländische Mission. Mit deren Gründung versuchte er die Not der katholischen Seelsorge im Kanton Zürich zu lindern, indem Missionsstationen errichtet wurden. Als Präsident der Inländischen Mission gehörte er dem Komitee an. Er starb 1902 im Alter von 81 Jahren.
In den folgenden Jahren kam das Komitee zu jeweils zwei bis drei Sitzungen pro Jahr zusammen, wobei 1891 und 1893 keine Sitzungen stattfanden. Dabei beschäftigte man sich vor allem mit drei Problemkreisen:
- Sicherstellung der seelsorgerischen Betreuung der immer grösser werdenden Gemeinde
- Sammeln von Geldmitteln für den Bau einer Kirche
- Bau der Kirche
Nachdem Pfarrer Bossard aus Horgen 1886 krankheitshalber von seinem Amt zurücktreten musste und bald darauf starb, übernahm Kaplan Schuler von Wollerau die Seelsorge in Wädenswil. Eine Zeitlang versahen auch Patres aus dem Kloster Einsiedeln diesen Dienst, bis der neue Pfarrer in Horgen, Josef Furger, seine Stelle antrat. Im Herbst 1892 erhielt die Missionsstation Wädenswil als Vikariat von Horgen den ersten eigenen Seelsorger, Vikar Josef Schnöll aus Bayern, der bis 1895 im Amt blieb.
In den Jahren 1888 bis 1900 nahm die katholische Bevölkerung in Wädenswil von 546 auf 1259 zu.
In Anbetracht der wachsenden katholischen Bevölkerung wurde in der Sitzung des Kirchenbauvereins Wädenswil vom 6. November 1894 die Abtrennung von der Pfarrei Horgen besprochen. Das Sitzungsprotokoll hält dazu folgendes fest:
« ... Weiter kommt in Frage die Abtrennung der Filiale Wädensweil von der Pfarrei Horgen. Hrn. Pernsteiner, der Pfarrer ist & zudem den Rang eines Canonikus hat, ist die Versicherung gegeben worden, Alles zu versuchen, das hiesige Vikariat zu einer Pfarrei zu erheben, um dadurch nicht nur der Rangstufe des Candidaten zu genügen, sondern ihm eine gewisse Unabhängigkeit zu verschaffen, die durch den Kirchenbau durchaus geboten ist..»