Alte Wädenswiler Familien und ihre Namen

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 19. Mai 2020 von Peter Ziegler

In mehreren Folgen sollen einige alteingesessene Familien von Wädenswil, Schönenberg und Hütten gewürdigt werden. Es interessieren vor allem die erste Erwähnung, die Verbreitung und die Stellung der Familie in der Gesellschaft sowie die Deutung des Namens und, falls vorhanden, die Beschreibung des Wappens.

Rusterholz
Die ersten in Wädenswil erwähnten Angehörigen der Familie Rusterholz wohnten 1404 in der Gisenrüti und 1549 im Gisibach. Rudolf Rusterholz besass im Jahr 1555 Reben im Büelen. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts breitete sich das Geschlecht im Wädenswiler Berg weiter aus. Jakob Rusterholz bewirtschaftete 1555 den Hof Obersaum, Peter Rusterholz im gleichen Jahr den Hof Weienschür. 1602 erscheint die Familie im Grindel (Neutal). 1634 hauste das Geschlecht an der Egg, in der Gisenrüti, im Grindel, auf der Hinteren Fuhr, zu Mugeren, in der Seferen und der Weienschür; In einem Vermögensverzeichnis von 1646 sind 17 Familien Rusterholz verzeichnet. 1660 wurde Anna Rusterholz der Hexerei verdächtigt. Ausser in der Landwirtschaft waren Angehörige der Familie auch in Handwerk und Gewerbe tätig: als Seidenweber (1688), Tischmacher (1733) oder Fischer (1769). Im 19. Jahrhundert unterschied man in Wädenswil drei verschiedene Stämme der Familie Rusterholz: Jene des Bäckers Hans Jakob Rusterholz-Hottinger im Rothaus, des Spenglers Hans Heinrich Rusterholz-Fleckenstein und als Drittes die Linie von Hans Heinrich Rusterholz-Schärer, des «Kaffee Rusterholz», benannt nach seinem Kaffeehandel. In meiner Jugendzeit, den 1940er Jahren, sprach man, die Familien unterscheidend, vom Friedhofgärtner, Metzger, Schreiner und Wagner Rusterholz, von Fanny Rusterholz, der Klavierlehrerin, und vom Fett-Rusterholz in der Au. Gut vertreten war die Familie Rusterholz auch in Schönenberg, so auf den Höfen Nussbäumen (1707), Rotenblatt (1708), Müsli (1741), Gschwendmatt (1786) und bei der Sagi (1787). Der Familienname ist abgeleitet von «Ruster», einer für die Wagnerei geeigneten Ulmenart. Das Wappen zeigt auf blauem Grund einen goldenen Wurzelstock und das goldene Werkzeug eines Holz-Rüsters.
Rusterholz.

Ryff
Die Familie Ryff ist seit 1404 in der Herrschaft Wädenswil nachgewiesen und lebte vor allem auf Höfen in Hütten und in Schönenberg, wo der beim Zweierhof gelegene Ryffenweg an das heute in der Gemeinde nicht mehr vorkommende Geschlecht erinnert. 1477 erhielt Heini Ryff vom Johanniterorden den Erblehenhof Ottensegel (Segel) in Hütten zu Lehen. Burgi Ryff war 1509 geschworener Fürsprecher des Herrschaftsgerichts Wädenswil. Eine Urkunde von 1513 nennt Bernhard Ryff als Lehenbauer auf dem Hof Luggenbüel. Conrad Ryff zinste 1555 vom Hof Täglischür, ein Cuonrad Ryff vom Zweierhof. 1634 lebte Conrad Ryff-Trinkler auf dem Hof Schwarzenbach; Jagli Ryff-Tanner im Zweierhof, Heinrich Ryff-Isler auf Nidersaum; Hans Ryff-Knopflin im Strasshuus und Daniel Ryff-Strickler auf Unter Eichen. Heinrich Ryff betätigte sich 1674 als Bader, Bernhard Ryff 1676 als Messerschmied. Mit alt Pfarrer Johannes Ryff starb 1787 der Letzte aus diesem Wädenswiler Geschlecht. Der Familienname ist abgeleitet vom Wort «Rife», das Bord bedeutet.
 
Schärer
Der Name des in Wädenswil und Schönenberg stark verbreiteten Geschlechts Scherer oder Schärer ist abgeleitet vom mittelhochdeutschen Wort «scherer» für den Bartschneider, Wundarzt oder Tuchschneider. Johannes Scherer lebte 1342 auf dem «Brunen-Gut» in der Au. 1347 ist Weibel Hans Scherer bezeugt, der auf Herrlisberg Gericht hielt.1419 taucht Heinrich Scherer ab Stollen auf. 1634 bewirtschafteten Angehörige des Geschlechts die Höfe Allenwinden, Bubenwis, Ferneck, Gschwend, Herrlisberg, Säubad, Seferen, Tanne und Wolfbüel. «Pfyffer» Caspar Schärer verkaufte 1661 die Hälfte seines Hauses am Luftplatz in Wädenswil. 1666 wird im Dorf der Geiger Jakob Schärer erwähnt und 1683 der Barbier Heinrich Schärer an der Türgass (Nr. 18). 1691 ist vom Wundarzt Jakob Schärer die Rede. In Hütten lebte im 18. Jahrhundert eine Familie Schärer auf Oerischwand. Gemäss den Ehebüchern der 1703 gegründeten Kirchgemeinde Schönenberg wurden dort im 18. Jahrhundert 92 Schärer-Ehe geschlossen, was die Bedeutung dieses Geschlechts unterstreicht. Die Männer, die Ehen eingingen, stammten von folgenden Höfen: Bubenwis (1704), bei der Tanne (1705), Wolfbüel (1706), Gschwend (1709), Zweierhof (1711), Im Wald (1714), Fernegg (1763), Säubad (1785) und Chülpen (1798). Auch zwei Schulmeister werden erwähnt: Jakob Schärer-Staub (1739) und Hans Jakob Schärer-Bär (1747). 1893 ging die Mühle Mülistalden von der Familie Hauser an die Schärer über. Das Familienwappen in der reformierten Kirche Wädenswil zeigt in Gold auf grünem Dreiberg einen roten Landsknecht mit Morgenstern.
Schärer.


Scheller
Die Familie Scheller trägt ihren Namen vom mittelhochdeutschen Wort «schellen», Schall machen, und weist auf einen behördlichen oder gewerblichen Ausrufer hin. Ein Heinrich Scheller war 1569 auf dem Hof in der Hinteren Au sesshaft, dessen Erben das Gut noch 1591 innehatten. Dann zog die Familie in den Schoren «Ob der Au», auf einen Hof, der später nach dem Wohnsitz der Familie «Im Scheller» genannt wurde. Noch heute erinnert der Name des 1642 erstellten Hauses – Scheller –, jetzt Alters- und Pflegeheim Au, an die in Wädenswil nicht mehr vertretene Familie. 1688 ist der Bauer Jakob Scheller Ob der Au aktenkundig. Heinrich Scheller wohnte 1687 im Luft Wädenswil. 1692 wird Gerber Scheller wähnt, 1702 der Rotgerber Jakob Scheller, Fähnrich und Armenvogt. Glaser Hans Jakob Scheller lieferte 1766 die Fenster in die neue reformierte Kirche Wädenswil. Jakob Scheller im Ort übte 1771 den Beruf des Schiffmanns aus. Das Familienwappen zeigt in Blau ein goldenes Doppelkreuz.
Scheller.

Schmid
Vom 14. bis 16. Jahrhundert trat in Wädenswil die Familie Schmid in Erscheinung, benannt nach dem Beruf Schmied. 1379 wird «Johans Smit» als Zeuge erwähnt. Hans Schmid bewirtschaftete im Jahre 1400 den beim Meierhof gelegenen Hof Gebreiti. Sein Bruder Heini erhielt 1413 vom Johanniterorden den Oberen Meierhof, nachmals Boller, zu Erblehen. Hans Schmid amtete 1448 als Kilchmeier. Der Steuerrodel von 1461 nennt Cuny, Welty, Ruedy und Heini Schmidin. Jakob Schmid lebte 1545 auf dem Hof Ober Rüti; Heini Schmidt um die gleiche Zeit auf dem Hof «Burstal» (Burstel). Hans Schmid aus dem Burstel fiel 1625 in fremdem Kriegsdienst. Im Jahr 1646 war die Familie in Wädenswil nicht mehr vertreten. Deshalb fehlt das Familienwappen an Stühlen in der reformierten Kirche Wädenswil von 1767. In Schönenberg und Hütten lässt sich die Familie Schmid nie nachweisen.
 
Schnyder
Die Familie Schnyder, später auch Schneider, führt ihren Namen auf das Schneiderhandwerk zurück. Mit «Ruodolf Snider uff Lein» (Leihof) ist das Geschlecht in Wädenswil im Januar 1408 erstmals bezeugt. Noch 1555 lebte hier ein Rudolf Schnyder. 1634 wohnte eine Familie Schnyder auf Untermosen. 1664 findet man Heinrich Schnyder im Gwad und Leutnant Schnyder an der Türgass. 1671 verkaufte Heinrich Schnyder seine Säge am Sagenrain an den Giessenmüller Hans Eschmann. 1673 erwarb Landschreiber Hans Jakob Eschmann von seinem Stiefbruder Jakob Schnyder die Gerberei am Plätzli, nachmals Haus Rosenegg. 1689 wird der Bauer Jacob Schnyder im Oberen Gwad oder Stoffel erwähnt. 1669 liess sich der Meister Heinrich Schnyder, der Schwarzfärber im Luft (Haus Holderbaum), mit Anna Zollinger trauen. Johannes Schnyder betrieb 1691 die Öltrotte im Luft und Gerber Jakob Schnyder kaufte 1786 von Jakob Steffen die Gerberei im äusseren Rothuus. Noch heute steht dort das Haus «Alte Gerbe». Das seeseits davon gelegene Gerbegebäude hatte 2012 einem Neubau zu weichen. 1826 eröffneten Johann Jakob und Anna Schnyder-Hochstrasser im Luftquartier eine Rosshaarspinnerei, die 1834 ins neu erbaute Haus Zum Morgenstern verlegt wurde. Ab 1901 entstand an der Einsiedlerstrasse etappenweise ein Fabrikbetrieb. Nach der Schliessung wurde das Gebäude 2001 in Lofts, Ateliers und Büros umgebaut. Das Familienwappen zeigt in Rot über grünem Dreiberg ein silbernes Hauszeichen mit eingeschriebenem, silbernem Kreuz.
Schneider.


Staub
Reisknecht Hans Staub aus Wädenswil fiel 1549 in Dalmatien auf einem französischen Feldzug gegen die Türken. Das Kirchenurbar erwähnt 1555 einen Felix Staub und das Verzeichnis der Ehen 1602 einen Josef Staub. Im 17. Jahrhundert lebten im Dorf und im Wädenswiler Berg – der damals auch Schönenberg einschloss – Familien Staub auf folgenden Höfen: Unter Eichen (1634), Schwarzenbach (1634), Täglischür (1634), Rotenblatt (1646), Mülibach (1661), Schründlen (1663), Buchen (1694), Ort (1694), Zweierhof (1695) und Geissferen (1695). Heinrich Staub, der 1671 in Hütten die Ehe mit Anna Syfrig einging, stammte vom Hof Laubegg. In Schönenberg wurden im 18. Jahrhundert in der Familie Staub 58 Ehen geschlossen. Gemäss Eheverzeichnis war das Geschlecht nun auch auf den Höfen, Langwis (1724), Ryffen (1727), Rain (1730), Im Wald (1753) und Müsli (1754) vertreten. Nicht alle Angehörigen der Familie Staub lebten von der Landwirtschaft. Im Dorf Wädenswil arbeitete 1657 der Tischmacher Jakob Staub und zur gleichen Zeit der Färber Oswald Staub. Der Familienname geht auf das mittelhochdeutsche Wort «stoup» für Mehlstaub zurück, das zum Übernamen für den Müller wurde. Das Wappen zeigt in Rot über grünem Dreiberg einen gestürzten, goldenen Anker.
Staub.




Peter Ziegler