Natur- und Landschaftsschutz in Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1989 von Fritz Schwarzenbach

Inventar und Schutzverordnung

Am 23. August 1988 beschloss der Stadtrat Wädenswil die Erstellung eines Natur- und Landschaftsschutz-Inventars nach Artikel 209 des Kantonalen Planungs- und Baugesetzes und beauftragte das Büro Fornat AG in Männedorf, eine Schutzverordnung zu entwerfen.
Da eine Reihe von Zusammenstellungen in bestehenden Verordnungen und Inventaren vorhanden war, wurden Inventar und Schutzverordnung in Zusammenarbeit mit der Natur- und Heimatschutzkommission Wädenswil ausgearbeitet. Nachdem früher gesammelte Angaben überprüft und durch Begehungen ergänzt worden waren, konnte die umfangreiche Studie im März 1989 abgeliefert werden.
Eine Reihe von Objekten von überkommunaler Bedeutung war schon früher in einem kantonalen und einem regionalen Richtplan festgelegt worden. Im neu erstellten Plan im Massstab 1:5000 wurden sie ebenfalls verzeichnet.
Stoffelwiese vom Hangenmoos aus.

Schutzobjekte

Als Schutzobjekte wurden möglichst unverdorbene Natur- und Kulturlandschaften, Aussichtslagen und -punkte, das Landschaftsbild bestimmende Gebäude – zum Beispiel auch Feldscheunen –  aufgeführt, ebenso vorgeschichtliche und geschichtliche Stätten, ferner Bachgehölze, schöne Baumgruppen oder Einzelbäume, Hecken und für bedrohte Pflanzen oder Tiere wichtige Lebensräume.
Die Natur-, Landschafts- und Kulturschutzobjekte wurden mit detaillierten Angaben auf Inventarblättern festgehalten. Zu diesem Zweck teilte man das Gemeindegebiet in sieben Zonen ein. Für jeden Abschnitt markierte man in einer Detailkarte die Feuchtstandorte, Bäche, Feldgehölze und Hecken, die Obstgärten und markanten Bäume, erratische Blöcke, Aussichtspunkte sowie den Verlauf alter Pilgerwege. Auf die Aufnahme von Landschaftsschutzräumen ins Inventar der zu schützenden Objekte hatten Heimatschutzkommission und Stadtrat schon früher verzichtet.
Am Eichmühlebächlein.

Bachgehölz ob der Eichmühle.

Schutzziel

Im Entwurf zur Schutzverordnung wird als Schutzziel festgelegt: «Die Schutzmassnahmen sollen die umfassende und ungeschmälerte Erhaltung der Schutzobjekte als Lebensräume für seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten, Pflanzengesellschaften und Tiergemeinschaften sowie der wesentlichen Landschaftselemente gewährleisten. Ebenso sollen geologische und kulturhistorische Objekte als belebende Elemente einer vielfältigen Landschaft geschützt werden. Der Schutz der Aussichtspunkte soll der Sicherung der Landschaft dienen.»
Blick von der Untermosenstrasse gegen das Gulmenholz.

Blick vom Furthof Richtung Schloss, Reidbach und Grüental.

Vielfältige Landschaft

Schauen wir von der Schlieregg nach Norden auf die Moränenzüge der Aahalde und des Widenhölzli mit den dazwischenliegenden Tälchen und im Süden auf die mit einer Linde geschmückten Moränen jenseits der Sihl, so überblicken wir eine Landschaft von nationaler Bedeutung. Kaum irgendwo in unserem Land sind die Spuren der letzten Eiszeit so klar zu erkennen wie hier, in diesen parallel zum Zürichsee verlaufenden Seitenmoränen. Walter Höhn zählt in seiner Schrift «Vom Werden unseres Heimatbodens» sieben solche Moränenzüge auf, die zeigen, wo der Gletscher auf seinem Rückzug jeweils längere Zeit stehen blieb. Solche Rückzugsstadien finden wir in den Stirnmoränen im Limmattal von Killwangen bis Zürich, und in der Stadt selber sind die Hügel der «Katz», der Hohen Promenade und der Kirche Enge solche Zeugen.
Andere Landschaftsbilder erhalten wir vom Auhügel aus: nach Osten der Uferstreifen zwischen Bahnlinie und See, die Schilfbestände am flachen Ufer, der Blick über den obern Zürichsee und den Obersee, die Nagelfluhberge um die Linthebene mit Speer und Schäniserberg auf der einen, Etzel und Schönboden auf der andern Seite.
Anders erscheint die Sicht auf der Landseite der Halbinsel Au: die Industriezonen an der Seestrasse und unterhalb des Waldstreifens Gerenholz; dazwischen trotz der starken Überbauung noch ein Stück der ursprünglichen Landschaft mit den behäbigen Bauernhäusern und Scheunen, hochstämmigen Birn-, Apfel- und Kirschbäumen. Auf der Seeseite das rechte Ufer mit seinen immer stärker zusammenwachsenden Dörfern und darüber die Wiesen und Wälder am Pfannenstil.
Ganz anders die Landschaft, wenn wir von der Waldecke oberhalb Oedischwänd die Hänge zur Schindellegi emporschauen: weitgehend unverdorbenes Bachgehölz längs des Aabachs, vor uns das Schulhaus Stocken, dahinter Zimmerberg und Albiskette.
Und auf der andern Dorfseite, wenn wir vom Bänklein zwischen Neuguet und Sennweid gegen den Glärnisch und die Wägitalerberge blicken, wieder ein neuer Eindruck: im Vordergrund das Bachgehölz des zu den Eichmüliweihern führenden Bächleins, dahinter die Burgruine Alt-Wädenswil, die Überbauung südlich Burghalden und dahinter Ufenau, Lützelau und Rapperswil, als Abschluss rechts die Waldhänge des Hohen Ron.
Überraschend ist vor allem die Aussicht, wenn wir von der Autobahnraststätte auf dem Fussweg zur Geländekante beim Furthof kommen: vor uns Wädenswil und der Zürichsee von Zürich bis zum Obersee.

Bäume, Gärten, Gebäudegruppen

Daneben treffen wir bei Spaziergängen noch manch andern Landschaftsausschnitt: eine einzelne Eiche mit ihrer charakteristischen Form in einer weiten Wiesenlandschaft: eine schöne alte Häusergruppe mit einem Brunnen unter einer mächtigen Linde (Bachgaden); das stattliche Riegelhaus im Burstel mit dem Bauerngarten davor. Überhaupt finden wir bei manchen Bauernhöfen prächtige Gärten mit Blumen neben und zwischen den Gemüsebeeten. Manche Einzelhäuser oder Gruppen von Gebäuden im Berg zwingen uns, einen Augenblick stehen zu bleiben, ihre Bauform ihr Angepasstsein an die Landschaft zu betrachten.
Wer mit offenen Augen durch das Dorf geht – der Name Stadt will mir noch nicht recht in den Kopf hinein – findet Häuser oder Winkel, Baumgruppen oder Einzelbäume, denen wir Sorge tragen müssen, damit sie nicht verloren gehen.
Blick von Hinter Widen auf den Neuhof und das Rötibodenholz.

Aussicht vom Furthof auf den Ortskern von Wädenswil, Herbst 1989.




Dr. Fritz Schwarzenbach