Bier, Matratzen, Seife und Tuch aus Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1976 von Peter Ziegler

Aus der Geschichte 150jähriger Firmen

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm Wädenswil einen gewaltigen Aufschwung. Das Bauerndorf begann sich zur Industriegemeinde zu wandeln. In der Gegend zwischen Luftquartier und Giessen entstanden 1826 – zum Teil unter anderen Bezeichnungen – gleich vier Unternehmen, die heute noch existieren: die Brauerei Wädenswil, Weber AG; die Tuchfabrik Pfenninger & Cie, AG, die Pferdehaarspinnerei J. Schnyder AG und die Seifenfabrik Sträuli AG. Die folgenden Beiträge orientieren über die bewegte Geschichte dieser Betriebe, die 1976 auf 150jähriges Bestehen zurückblicken konnten.

Seifenfabrik Sträuli AG

Zu Beginn der 1820er Jahre besass Heinrich Zollinger hinter der Säge am Sagenrain eine Kerzenfabrik, und Hans Heinrich Streuli produzierte in der Liegenschaft „Felsenhof“ Seife und Kerzen. 1826 erwuchs diesen Unternehmen Konkurrenz: Johann Jakob Sträuli (1792-1867) von Horgen eröffnete in seinem Haus zum „Sonnenberg“ an der Seefahrt in Wädenswil ebenfalls eine Kerzengiesserei und Seifensiederei. In seinem Betrieb bildete Sträuli auch seinen um fünf Jahre jüngeren Stiefbruder aus. Dieser zog 1831 nach Winterthur und baute dort eine eigene Seifensiederei auf, die heutige Sträuli AG für Wasch- und Reinigungsmittel. Der Sohn des Gründers des Wädenswiler Unternehmens, Heinrich Sträuli-Ammann (1820-1866), war ebenfalls im väterlichen Betrieb tätig. Er starb aber schon mit 46 Jahren, ein Jahr vor seinem Vater. So musste von 1867 an Witwe Anna-Margaretha Sträuli-Ammann die Seifenfabrik selber führen. Die minderjährigen Söhne Heinrich, Jakob und Carl und die Tochter Emilie halfen nach der Schule tüchtig mit. Es waren harte Zeiten. Nur zu oft wurde ein misslungener Seifensud in den Zürichsee geschüttet. Da der älteste Sohn Heinrich keine Lust hatte, den Seifensiederberuf zu erlernen, verliess der jüngere Bruder Carl Sträuli (1855-1929) die Heimat, um sich in Deutschland auszubilden. 1876 kehrte er als Meister nach Wädenswil zurück und entwickelte mit seinem Bruder Jakob zusammen den Betrieb weiter. Die Räumlichkeiten an der Seefahrt wurden bald zu eng. Erweiterungsmöglichkeiten gab es nicht, den seit der Eröffnung der linksufrigen Seebahn im Jahre 1875 waren die Fabrikgebäude zwischen Seeufer und Bahnlinie eingeklemmt. So reifte der Plan, an einem günstigeren Standort neu, moderner zu beginnen. 1886 erwarben die Brüder Sträuli ein Grundstück an der Reidholzstrasse, der heutigen Einsiedlerstrasse, und legten den Grundstein zum jetzigen Firmensitz. 1922 zog sich Jakob Sträuli vom Geschäft zurück. Carl bat deshalb seinen Sohn Louis Sträuli-Dietiker (1891-1962), der damals eine Oelraffinerie in Malaga leitete, ins väterliche Unternehmen einzutreten. Schweren Herzens gab Dr. Louis Sträuli seine Stellung in Spanien auf, um in vierter Generation die Leitung der Firma zu übernehmen. In den 1930er Jahren stellte die Firma Sträuli die Kerzenfabrikation ein. Man verlegte sich nun ganz auf die Herstellung von Kernseifen, Seifenflocken und seifenhaltigen Waschpulvern. 1932 erfolgte die erste Erweiterung der Fabrik und der Bau einer Dampfkesselanlage. Mit der modernen Waschmittelherstellung im Sprühverfahren drängte sich 1946 ein weiterer Ausbau der bestehenden Anlagen auf. 1950 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in eine Familien-Aktiengesellschaft. 1955 trat der Sohn von Dr. Louis Sträuli, Carl Alfred Sträuli, - Vertreter der fünften Generation – in die Firma ein, die er seit 1962 leitet. Die Erweiterung des Maschinenparks ermöglichte die kontinuierliche Herstellung hochwertiger Toilettenseifen. Durch einen weiteren Ausbau des Unternehmens sollen die auswärtigen Lager- und Verarbeitungsstellen integriert und der Betriebsablauf rationalisiert werden.

Die Seifensiederei Sträuli an der Seefahrt, 1886.




Peter Ziegler