Kinderspielplätze in Wädenswil gestern - heute - morgen

Wesentliches und Allgemeines über das Spielen

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1983 von Gerold Fischer

Wenn hier etwas über die Wädenswiler Spielplätze berichtet werden soll, muss vorerst einiges über das Spielen selbst und grundsätzliches auch über den Begriff Spielplatz gesagt werden.
Spiel stellt für Kinder den Weg dar, die Welt zu erfahren, sich selbst zu finden und Gemeinschaft zu pflegen. Erwachsenen dient das Spiel eher der Entfaltung, Erholung oder Entspannung. Spielplätze sind also Areale oder Räume, in denen die Voraussetzungen zum Spielen günstig liegen und in welchen möglichst viele Spielarten entstehen können. Spielplätze müssen demzufolge gar nicht unbedingt gestaltete Flächen sein. Besonders in ländlichen Gegenden können fast überall Spiele entstehen, sei es auf einem Bauernhof, in einer Scheune, im Wald oder auf einer Wiese. In Städten hingegen bleibt oft nur noch wenig Platz für spielerisches Tun. Dort ist es deshalb von Bedeutung, dass Ersatzflächen geschaffen werden, welche die wesentlichen Spielarten, Bewegungsspiel — Gestaltungsspiel — Beziehungsspiel, ermöglichen.
Dies gilt natürlich auch für Wädenswil, das mit seinem unwahrscheinlich Anwachsen der Bevölkerungszahl richtiggehend zu kämpfen hatte und noch hat. Um den alten Dorfkern schliesst sich heute fast lückenlos ein Gürtel moderner Wohnbauten. In diesem einseitigen Verstädterungsprozess werden Spielräume für Kinder immer knapper. Durch die Verdrängung der Kinder von den Strassen infolge Verkehrsgefährdung beschränkte sich der Raum noch mehr. Das Kinderspiel wurde zum ernsten Problem.
Kinderspiel ist ein Weg zur Sammlung von Erfahrungen, zur Selbstfindung und zur Gemeinschaftspflege.

Spielplätze vor 30 bis 40 Jahren

Aber auch schon vor 30 oder 40 Jahren, im damals noch alten Dorfkern, waren Flächen nötig, um gewisse Spielarten zu ersetzen. Besonders Ballspiele verlangten grössere, einigermassen ebene Gras- oder Rasenflächen. Diesem Zweck dienten der «alte Friedhof» und die Wiesen bei der Freischule vorzüglich. Auch der Rosenmatt-Rasen stand den Kindern damals noch für Spiele zur Verfügung. Die Glärnischschulanlagen, noch alles Kiesflächen, waren die Domäne der Grenzballer. Ob man heute wohl auch noch «Gränz» spielt? Einige ehemalige Spielflächen sind leider verschwunden oder als solche nicht mehr erkennbar, weil sie dem Verkehrt geopfert wurden. Ich denke da speziell an die Anlage bei der «Seerose» (Weinreben-Anlage) mit ihrem herrlichen neoklassischen Brunnen, an den «Stampf» (Vorplatz der Pfadihütte) oder ans alte Plätzli. Im Winter wurde, tiefe Temperaturen vorausgesetzt, vom Strassenpersonal der Gemeinde der Gasiplatz in ein Eisfeld verwandelt, auf dem sich alt und jung tummelte. Die schönsten Spielplätze hingegen, oder sagen wir eher beliebtesten, waren die grösseren Nachbargärten, Lagerplätze von Handwerkern und Firmen. Eigentlich waren dies verbotene Zonen für uns; aber gerade das machte das Spiel an diesen Orten so spannend. Hecken-, Baum- und Strauchpflanzungen, Holzlager, Geräteschuppen, Kompostplätze, Depots von Verpackungsmaterialien, all das bot reichlich Möglichkeiten für Verstecke und zum Hüttenbauen. Man kannte dort alle gang- und kletterbaren Wege und übte fleissig Kreativ – und Beziehungsspiele.
Erstmals darf ich hier positiv die vielen Wälder und Töbeli in Dorfnähe hervorheben. Einige von ihnen kannten wir vom Spiel her wie unsere Hosentaschen.
Zum gleichen Positivum gehört natürlich auch unser Seeufer, an dem wir besonders in den Sommerferien wochenlang verweilen konnten.
Waren sie nicht herrlich, die damaligen Spielmöglichkeiten im Dorf?
 

Änderungen der Voraussetzungen zum Spiel

Was hat sich geändert in 30 bis 40 Jahren?
Drei wesentliche Aspekte beeinflussen die Spielentwicklung in diesen Jahren massgeblich:

1. Die Bevölkerungsentwicklung und der damit verbundene Bauboom.
2. Die Möglichkeiten zur Spielentstehung änderten sich durch Verkehrsentwicklung und Zonenplanung.
3. Die Spielbedürfnisse der Kinder und Erwachsenen änderten aufgrund grosser technischer Fortschritte.

In Wädenswil führte die Bevölkerungsexplosion dazu, dass sich die Baubehörden fast nur noch den dringendsten Infrastrukturaufgaben widmen konnten und demzufolge Kultur- und Freizeitbauten zu kurz kamen. Bei Wohnüberbauungen wurde der Spielplatzbau durch die örtliche Bauordnung der Bauherrschaft überbunden. Die logische Folge davon war, dass sich verschiedene, auf Gewinn ausgerichtete Baugesellschaften die Aufgabe so einfach und billig wie nur möglich machten und Spielghettos bauten, die kaum benützt wurden. Sauberkeit und Pflegeleichtigkeit waren dabei oft die bestimmenden Grundüberlegungen zum Betrieb solcher Flächen. Dass solches Denken nicht mit Spielplätzen gemeinsam hat, dürfte heute in breiten Schichten erkannt worden sein.
Leider zeigen sich schon Fehlentwicklungen aus der Zonenplanung. Da wurde kräftig einmischt. Handwerk, Gewerbe und Industrie wurden aus den Wohnzonen verbannt. Romantische und lehrreiche Spielgelegenheiten verschwanden, und prompt folgte in grossen Neuquartieren der Ruf nach Robinson- und Aktionsspielplätzen.
Dass sich, in einer von technischen Entwicklungen geprägten Zeit, auch Bedürfnisse zum Spiel ändern, ist klar. Mofas für Jugendliche, Fernsehen, Video, Roller-Boards, Computer sind nur einige Zeugen davon. Diese Techniken könnten die ganze Spiellandschaft eigentlich bereichern. Leider aber ist damit die Gefahr der Trägheit und des «Sich-Unterhalten-Lassens» verbunden. Auch dieser Gefahr könnte mit gut ausgewogenen, pädagogischen durchdachten Spielzonen entgegengewirkt werden.
Wasserspielplatz im Rothus.

Spielplatz an der Eichweidstrasse.
 
Spielplatz an der Eichweidstrasse.
Spielzone im Walfischareal.
Spielturm von Kindern und Eltern erstellt im neuen Aktionsspielplatz Untermosen.
 
Spielplätzchen an der Weststrasse.

Spiel heute in Wädenswil

Trotz der grossen Wandlung vom Dorf zur Stadt ist Wädenswil für Kinder in einer allgemein gesehen glücklichen Lage. Was sich nämlich in den letzten drei bis vier Jahrzehnten kaum änderte, sind die weit ins Siedlungsgebiet der Stadt hineinragenden Tobelwäldchen. Reidbach, Töbeli, Untermosen- und Gulmenholz und auch die Grüngürtel entlang dem Zopfbach und Tiefenhof liegen heute an oder in Wohnbereichen. Sie bilden die Lungen für die Stadt und unersetzbare Spielpotenziale für die Kinder.
Auch einige ältere Quartiere in zentraler Lage haben ihre verträumte Eigenständigkeit weitgehend beibehalten. So bilden das Buckgebiet, die Häuser um den Hoffnungsweg und an der Leigass noch Wohnmöglichkeiten, in welchen Kinder, von den Voraussetzungen her, gesund aufwachsen können. Die eigentlichen Spielplätze sind leider oft wenig frequentiert. Ihre Gestaltung gehen teilweise auf früher vermeintlich aktuelle Bedürfnisse ein, welche heute nicht mehr zu begeistern vermögen.
Aus diesen und vorerwähnten Gründen entstanden in Neuquartieren da und dort Elterngruppen, welche sich um spielgerechte Umfelder bemühten. Diese Einwohnergemeinschaften entwickelten zum Teil eine grosse Initiative und aktivierten damit auch das Stadtleben. Die ersten Ergebnisse solcher Entwicklungen sind recht vielversprechend
Unsere Wohnstrasse Walther-Hauser-Strasse wird in der ganzen Schweiz als zukunftweisend erachtet. Und diese Strasse lebt nun wirklich durch das Spiel. Der Aktionsspielplatz bei der Freizeitanlage, welcher erst vor einem Jahr erstellt wurde, scheint ebenfalls zu einem attraktiven Anziehungspunkt zu werden. Durch die Betreuung dieser Anlage und spezieller Spielaktionen herrscht dort reger Betrieb.
Die Bauspielplätze an der General-Werdmüller-Strasse und am Zopfbach in der Au waren die ersten funktonierenden Plätze dieser Art auf dem Wädenswiler Gemeindegebiet. Ihre Betriebe hängen stark vom elterlichen Impuls ab, der andernorts vielfach mit den Jahren nachliess. Auch der seinerzeit im Walfisch-Areal vorgesehene Bauspielplatz scheiterte an der elterlichen Betreuung und wurde nach einer chaotischen Phase von der Stadt umfunktioniert.
Der Platz im Walfisch wirkt heute sauber, scheint mir aber von den vorhandenen Geräten her nicht sehr anziehend. Hingegen verleiht der alte und schützenswerte Baumbestand dem Areal wohltuende Geborgenheit.
Dasselbe konnte auch vom Gerätespielplatz Rosenmattpark gesagt werden, bevor vor kurzem die alten Buchen gefällt werden mussten, was dazu führte, dass die Sonnenbestrahlung auf die Spielgeräte am Nachmittag heute einfach zu stark ist und es ein paar Jahre dauert, bis die Bewegungsgeräte und der Sandhaufen wieder angenehmer bespielbar werden. Die gleich neben dem Rosenmattpark liegenden Spielecken beim Rosenhof fügen sich immer noch gut ins parkartige Gelände ein. Alle drei Plätze – Walfisch, Rosenmatt und Rosenhof – sind jedoch von ihren Pflanzenbeständen her gesehen eher Ruhe- und Erholungspärke für Erwachsene. Sie sollten nicht in erster Linie für das Kinderspiel das sein, sondern den Erwachsenen – ich denke hier besonders an ältere Leute – Entspannung, Erholung und Erbauung bieten.
Wenn man sich die übrigen öffentlichen Spielplätze ansieht, stimmt einen das eher etwas nachdenklich. Erstens gibt es nur wenige solcher Tummelfelder. Sie liegen an der Weststrasse, in der Schönegg, an der Eichweidstrasse und auf der Fuhr, um die wesentlichsten zu nennen. Zweitens sind sie vielfach in baulich schlechtem Zustand, weisen ungeeignete Spielgeräte auf, die nicht oder kaum benützt werden, oder sind mit gravierenden Mängeln behaftet. Deutlich sind aber oft auch Spuren von Wandalismus auf den Plätzen und an den Geräten sichtbar. Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass eine bessere Wartung, Überholung und laufende Erneuerungen die Situation verbessern könnten. Holz, das Material, das sich als das körperfreundlichste erwies, muss auf Spielplätzen eben alle paar Jahre erneuert werden, da es in unserem Klima und unter dem Einfluss des Spiels nicht ewig haltbar ist. Diese Überlegungen gelten auch für viele private Spielplätze in Überbauungen, von denen einige recht gut funktionieren und tüchtig frequentiert werden.
Für grössere Kinder sind und bleiben die Töbeli mit ihren Bachläufen, die Wälder und das Seeufer die beliebtesten Spielzonen.

Wie sieht die Zukunft aus?

Damit das Spiel sich voll entfalten kann, ist es nötig, dass der Mensch, speziell das Kind, alle seine Sinne beansprucht. Das Spiel wird so zum unvergesslichen Erlebnis. Es wäre also wünschenswert, wenn man sich der Spielplatzgestaltung gründlich und durchdacht widmen würde. Ich erlaube mir, hier noch eine Forderung an die Planer in unserer Stadt zu stellen:
Für eine gute Entwicklung unserer Kinder wäre eine bessere Durchmischung auf allen Ebenen nur vorteilhaft. Ich denke dabei an die Konfrontation von normalen Kindern mit behinderten Kindern oder an die Verflechtung von Wohn- und Gewerbezonen. Auch das Zusammenführen von jungen und alten Menschen, die Durchmischung von Fuss- und Fahrverkehr, zum Beispiel durch Verkehrsberuhigungen, oder die Vermischung von Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sind dabei ausschlaggebende Punkte, die man sich einmal überlegen sollte.
Meine letzte Forderung gilt – wie könnte es für einen Landschaftsarchitekten anders sein – dem Grün in unserer Stadt. Die glückliche Lage in dieser Beziehung habe ich bereits betont. Dies berechtigt nicht zum Ausruhen auf den Lorbeeren unserer Väter! Im Gegenteil: Halten wir unser Stadtgrün, die Töbeli, Hölzli, Pärke und unser Strassengrün hoch, pflegen und mehren wir es, unsere Kinder werden es uns danken. Auch unsere Stadt wird nur mit dem Grün überleben können.
Ich habe mir erlaubt, drei Forderungen aufzustellen. Sie dienen vor allem dem Kinderspiel der Zukunft. Gesundes Kinderspiel ersetzt kostspielige Therapien. Ich glaube deshalb, dass Forderungen zur Befriedigung dieses natürlichen Bedürfnisses legal sind und hoffe, dass meine Wünsche so weit wie möglich in Erfüllung gehen werden.
Diesen Bericht schulde ich den Wädenswiler Kindern der 1970er und 1980er Jahre.




Gerold Fischer