Buchdruckerei Jakob Villiger (1925–1985)

Quelle: «Gedruckt in Wädenswil - Eine Metamophose», 2017 von Peter Ziegler

Zu den beiden älteren Druckereien Jakob Baumann zum Florhof und Adolf Stutz zur Gerbe kam 1924 ein drittes Unternehmen hinzu: die Buchdruckerei von Jakob Villiger & Gaudenz Wurz im Haus Reblaube an der Seestrasse 121. Sie druckte unter anderem 1924 die Dissertation von Walter Corrodi über «Die schweizerische Hutgeflecht-Industrie (Strohindustrie)». Ende 1924 trennten sich die Geschäftspartner und Jakob Villiger-Sidler führte die Buch- und Akzidenzdruckerei in der «Reblaube» ab 1. Januar 1925 auf alleinige Rechnung weiter.
Jakob Villiger (1883–1968), geboren 1883 im aargauischen Sins und Bürger von Meienberg/Aargau, wurde früh zu Bauern verdingt, schloss 1902 eine Lehre als Buchdrucker ab, absolvierte die Rekrutenschule und begab sich dann für mehrere Jahre auf die Walz. Nach der Heirat mit Emma Sidler lebte die Familie, die mit der Zeit auf fünf Kinder anwuchs, im Zürcher Oberland. Von hier zog sie nach Wädenswil, wo Jakob Villiger in der Buchdruckerei A. Stutz Arbeit fand. Nach einem Zerwürfnis mit dem Patron verliess er jenes Unternehmen und machte sich 1924 selbständig. Jakob Villiger erinnerte sich: «Ein Mietlokal wird gefunden. Doch werden schon vor dem Antritt Vorbehalte angebracht: Wenn der Lärm der Maschinen störten sollte, werde wieder gekündigt.» So weit kam es nicht. Aber die Anfangszeiten waren hart, das Geld knapp, nachdem die Aufträge auch die Anschaffung einer Setzmaschine erfordert hatten. Oft sass Jakob Villiger nachts mit seiner Frau über den Büchern, ohne zu wissen, wie am nächsten Zahltag die Löhne aufzubringen sind.
Dann ging es aufwärts: Für den Betrieb konnten eine weitere Schnellpresse und ein zusätzlicher Tiegel angeschafft und die Setzerei vergrössert werden. Bald war das alte Mietlokal in der Reblaube zu klein. 1932 kaufte Jakob Villiger die Liegenschaft des Fotografen Emil Listenow (1872–1950) an der Oberdorfstrasse 39. Im Anbau, dem ehemaligen Fotoatelier, gab es nun Raum für den stetigen weiteren Ausbau des Unternehmens. Die alten Maschinen wurden durch neue ersetzt, die Illustrationspresse durch die moderne Frontbogenausgangspresse, die Typograph-Setzmaschine durch die Linotype. Hinzu kamen bis 1953 – dem Jahr, da Jakob Villiger seine Erinnerungen festhielt – eine moderne Andruckpresse und eine hervorragende Schneidmaschine. Im gleichen Jahr ging die Druckerei in den Besitz des Sohnes Werner Villiger über.
1932 erwarb die Buchdruckerei Villiger das Haus an der Oberdorfstrasse 39.

Die Zentralbibliothek Zürich besitzt viele Publikationen aus der Druckerei J. Villiger. Die früheste ist die Zürcher Dissertation von Walter Corrodi aus dem Jahre 1924 mit dem Titel «Die schweizerische Hutgeflecht-Industrie». Auch in den folgenden Jahren druckte Villiger Dissertationen, so 1927 jene des Wädenswiler Dr. Hans Fürst: «Beitrag zur Lehre vom Prozessvergleich im schweizerischen Recht, unter besonderer Berücksichtigung des zürcherischen Prozessrechts». Zu juristischen Veröffentlichungen kamen literarische Werke, so des bekannten Schriftstellers N.O. Scarpi (Fritz Bondy) und des Wädenswiler Lehrers Jakob Bolli. Publikationen zu Wädenswil sind seltener anzutreffen als bei den Druckereien Baumann und Stutz. Bekannt wurde Jakob Villiger als Herausgeber der «Schreibmappe von Wädenswil» (1931), der «Wädenswiler Jahresmappe 1934–1938» und der Schrift «Zürichsee Kalender», die von 1939 bis 1955 erschien. Und das waren weitere Veröffentlichungen mit Bezug zu Wädenswil:
Robert Nater. Robert Haab: poetische Widmung zur 60. Geburtstagsfeier von Herrn Bundesrat Dr. R. H. am 8. August 1925 im Hotel Engel in Wädenswil, 1925
Arbeit und Fortschritt: Zürichsee-Ausstellung in Wädenswil, 26. Juli–11. August 1930. Ausstellungs-Katalog [und] Offizieller Führer, 1930
Albert Schreiber. Seid treue Haushalter: Konfirmationspredigt-Ansprache an die Konfirmanden, 1933
Druck der Bildtafeln in: Diethelm Fretz. Die Blattmann, Bd. 1 und 2, Zürich 1934 und 1938
Dr. med. Josef Hess, Bezirksarzt, 1875–1933, Nekrolog, 1934
Karl Otto Hürlimann / Albert Schreiber. Das Wort Jesu; Konfirmationspredigt; Ansprache an die Konfirmanden, 1936
Jakob Bolli. Paul Haldimann, Zürichsee, 1936
Jakob Bolli. Zürichsee: Stimmungsbilder, 1936
Emil Bader. Bi eus am See: Festaufführung in 3 Bildern für das 30. Kantonalturnfest 1938 in Wädenswil, 1938
Jakob Bolli. Als das alte Eidmattschulhaus gebaut wurde: Ein Beitrag zur Wädenswiler Schulgeschichte, 1940
Jakob Bolli. Zürichsee-Prosa, 1940
Jakob Bolli. Zürichsee-Lyrik, 1941
Alfred Kitt. Diesseits und jenseits von Mittelmeer und Atlantik, Neujahrsblatt der Lesegesellschaft Wädenswil, 1943
Von 1939 bis 1955 gab die Druckerei Villiger den «Zürichsee-Kalender» heraus.

Rudolf Leuthold. 50 Jahre Obst- und Weinbaugenossenschaft vom Zürichsee in Wädenswil, 1895–1945, 1945
Albert Hauser. 100 Jahre Handwerker- und Gewerbeverein Wädenswil, 1855–1955. Jubiläumsschrift, 1955
Peter Ziegler. Das Wehrwesen der Herrschaft Wädenswil, Neujahrsblatt der Lesegesellschaft 1959, 1958
Max Niederer. 75 Jahre Sektion Hoher Rohn SAC, 1891–1966, 1966
 
Ab 1958 tragen alle Publikationen den Druckvermerk «W. Villiger», ein Hinweis darauf, dass nun der Sohn Werner Villiger (1910–2013) den Betrieb führte. Am 1. Januar 1975 übernahm der Schwiegersohn Peter Jud-Villiger die Druckerei. Nach dessen Tod Anfang November 1985 wurde die Buch- und Offsetdruckerei per 1. Januar 1986 an Josef Frei verkauft. Dieser führte die Firma unter dem Namen «Frei Druck» bis Juli 2012 weiter. Dann wurde sie geschlossen.
 
Von 1934 bis 1938 erschien bei Villiger die «Wädenswiler Jahresmappe».




Peter Ziegler