Vom Friedhof zum Sportplatz

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2018 von Adrian Scherrer

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Die Geschichte einer ungewöhnlichen Debatte

Seit gut 100 Jahren ist der Friedhof an seinem heutigen Standort. Zuvor lag er zwischen der reformierten und der katholischen Kirche, wo sich heute der Sportplatz Eidmatt befindet. Dass ein Friedhof als Ganzes verlegt wird, ist nicht nur ungewöhnlich. Es war auch ein langwieriger Prozess. Er dauerte von den ersten Diskussionen bis zur Aufhebung des alten Friedhofs fast ein halbes Jahrhundert.

Der lehmhaltige Boden und seine Folgen

Die Geschichte der Friedhofsverlegung begann Ende der 1880er-Jahre mit einem Verbot der kantonalen Gesundheitsdirektion, die als Aufsichtsbehörde die Friedhöfe in den Gemeinden auch heute noch kontrolliert. Sie ordnete an, dass im südöstlichen Friedhofsteil gegen die Eintrachtstrasse hin keine Beerdigungen mehr stattfinden dürfen. Die Bodenverhältnisse seien so ungünstig, dass «die Verwesung äusserst bedenklich» sei, hiess es.1 Für viele Wädenswiler war das nichts Neues. Schon lange munkelte man im Dorf, der Boden sei zu lehmig und zu feucht für einen Friedhof. Bis zur kantonalen Anordnung war allerdings nie etwas geschehen. Nun setzte der Kanton die Gemeinde unter Zugzwang, weil der bestehende Friedhof ohne die Ecke bei der katholischen Kirche schlicht zu klein war.
Der Blick Richtung katholische Kirche zeigt den alten Friedhof kurz bevor 1909 die letzten Beerdigungen stattfanden.

In der politischen Diskussion bildeten sich zwei Lager. Die kommunale Gesundheitskommission, die für den Friedhof zuständig war, setzte sich von Anfang an dafür ein, das «Übel an der Wurzel zu fassen» und den Friedhof an einen anderen Standort zu verlegen.2 Auf der anderen Seite stand der Gemeinderat, die damalige Exekutive. Er plädierte für den bestehenden Standort des Friedhofs auf der Eidmatt und vertrat die Meinung, eine Sanierung sei kostengünstiger. Aus Gründen der Pietät könne man einen Friedhof nicht einfach verlegen, war sein Hauptargument.3 Die Platzprobleme wollte der Gemeinderat mit zusätzlichem Land lösen. Er war sich seiner Sache so sicher, dass er 1897 eine Parzelle seeseits des Friedhofs erwarb – sie gehört heute zum Schulareal Eidmatt.
Die Stimmberechtigten machten dem Gemeinderat allerdings einen Strich durch die Rechnung. An der Gemeindeversammlung vom 18. Dezember 1898 lehnten sie den Antrag, den Friedhof zu sanieren, nach einer heftigen und emotional geführten Diskussion mit nur zehn Stimmen Unterschied hauchdünn ab.4 In einem Antrag wurde der Gemeinderat aufgefordert, eine Analyse zu erstellen, welche die Kosten der Sanierung mit dem Aufwand für die Verlegung des Friedhofs vergleicht. Es stellte sich heraus, dass die Sanierung mindestens ebenso teuer würde wie der Bau eines komplett neuen Friedhofs. Als die Zahlen vorlagen, schwenkte der Gemeinderat um. Er beantragte der Gemeindeversammlung, von der Sanierung des bestehenden Friedhofs abzusehen. Gleichzeitig stellte er aber den Antrag, den Beschluss über die Friedhofsverlegung aus finanziellen Gründen zu verschieben. Dem stimmte die Gemeindeversammlung am 10. Juni 1900 zu. So wurde das Problem auf die lange Bank geschoben. Zwar griff die Gesundheitskommission die Friedhofsverlegung in den folgenden Jahren immer wieder auf. Doch der Gemeinderat trat jedes Mal auf die Bremse. Begründung: Die angespannte Finanzlage der Gemeinde.5

Die Gesundheitskommission setzt sich für die Verlegung ein

Aus den Leserbriefen im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» geht hervor, dass die Skepsis gegenüber der Friedhofsverlegung nicht zuletzt auf Gemeindepräsident Heinrich Rusterholz (1851–1920), Inhaber der Speisefettwerke beim Bahnhof Au, zurückging.6 So beschloss die Gesundheitskommission ein drastisches Vorgehen, um die Friedhofsverlegung endlich in Gang zu bringen: In jenem Teil des Friedhofs, in dem seit den 1880er-Jahren keine Beerdigungen mehr stattfinden durften, führte sie Exhumierungen durch. Nur auf diese Weise liess sich beweisen, wie ungünstig das lehmige Gebiet rund um die Eidmatt war. Die Protokolle der Gesundheitskommission schilderten das Vorgefundene in eindringlichen Worten. In der Lokalpresse wurde mit mehr Zurückhaltung berichtet. Dennoch hielt auch der «Allgemeine Anzeiger» vielsagend fest: «Alle die Herren, die sich mit jenen Versuchen beschäftigen mussten, haben einen tiefen Eindruck mit davon getragen, und die Überzeugung gewonnen, dass die Verhältnisse dort jeglicher Beschreibung spotten.»7
Als nach den Wahlen 1904 das Gemeindepräsidium wechselte, kam endlich Bewegung in die Sache. Der neue Gemeindepräsident Fritz Weber (1870–1955), Inhaber der Brauerei, war der Friedhofsverlegung gegenüber aufgeschlossener. Er gehörte zu jenen, die 1898 den Antrag eingereicht hatten, die Kosten genau zu analysieren. So stimmte schliesslich der Gemeinderat zu, eine Vorlage für die Verlegung des Friedhofs auszuarbeiten. Zudem war die Gemeinde in der Zwischenzeit weiter gewachsen – zwischen 1880 und 1910 stieg die Einwohnerzahl von gut 6000 auf rund 9000 an. Der Platzmangel auf dem Friedhof wurde immer akuter.
Die Gesundheitskommission vertrat die Ansicht, der Friedhof müsse wegen der Gefährdung des Grundwassers «aus dem Weichbild des Dorfes entfernt»8 werden. Im Herbst 1908 führte sie Probebohrungen auf verschiedenen Arealen durch, um die Bodenbeschaffenheit zu prüfen. Konkret untersucht wurden Gebiete auf dem Boller, in Untermosen, im Tiefenhof, im Grüental, oberhalb des Schlosses sowie die Wiese zwischen Töbeliweg und Grundhofweg oberhalb der heutigen Speerstrasse, die damals als Pfarrmatte bezeichnet wurde. Nur das Grüental, die Pfarrmatte und das Areal oberhalb des Schlosses erwiesen sich wegen der Bodenbeschaffenheit überhaupt als geeignet. Das Grüental fiel dennoch weg, weil Einsprachen von Anwohnern im Meierhof eingingen, die ihre Wasserrechte gefährdet sahen. So blieben die Pfarrmatte und das Gebiet ob dem Schloss in der engsten Auswahl.9
Bereits am 24. November 1908 entschied sich die Gesundheitskommission für das Areal oberhalb des Schlosses, wo sich der Friedhof heute befindet.
Vom Turm der reformierten Kirche liess sich um 1900 gut erkennen, wie dicht der alte Friedhof belegt war.
Ausschlaggebend war nicht nur die Bodenbeschaffenheit, sondern auch die gute Erreichbarkeit auf der Schönenbergstrasse. Die Speerstrasse gab es damals noch nicht. Wäre der Friedhof auf der Pfarrmatte angelegt worden, wären zu den eigentlichen Kosten für die Erstellung eines neuen Friedhofs zusätzlich noch Ausgaben für neue Strassen hinzu gekommen.

Conrad Bürgi und sein Engagement für Gartengestaltung

Nachdem der Entscheid für den neuen Standort gefällt war, trieb die Gesundheitskommission das Projekt rasch voran. Im Winter 1908/1909 holte sie vier Offerten für das Bauvorhaben ein. Gleichzeitig verhandelte sie mit den Grundeigentümern über den Landkauf. Der neue Friedhof sollte in zwei Etappen eine Fläche von 10 000 Quadratmetern erhalten. Die erste Etappe umfasste 6000 Quadratmeter, was ziemlich genau der Fläche des bisherigen Friedhofs entsprach. Von Anfang an war vorgesehen, nach 10 bis 15 Jahren eine zweite Etappe umzusetzen. Durch die Etappierung konnten die Kosten für den Landerwerb tief gehalten werden. Sie waren mit Abstand der grösste Kostenpunkt im Projekt und machten etwa einen Viertel der Gesamtkosten aus.
Nach einer gemeinsamen Sitzung des Gemeinderats mit der Gesundheitskommission erhielt Baumeister Alfred Dietliker den Zuschlag für die Projektierung.10 Er hatte zusammen mit seinen Plänen auch einen gartenarchitektonischen Plan von Ernst Klingelfuss (1878–1938) vorgelegt. Klingelfuss galt damals als einer der renommiertesten Gartengestalter der Schweiz, der schon verschiedene Friedhöfe gestaltet hatte, darunter auch den Friedhof Hörnli in Basel, der bis heute der grösste Friedhof der Schweiz ist.
Dieser gestalterische Ansatz kam bei der Gesundheitskommission gut an. Deren Präsident war seit 1900 Conrad Bürgi (1874–1945).
Der aus Arth im Kanton Schwyz stammende Arzt gilt heute als eine der bedeutenden Personen der katholischen Diaspora im damals noch sehr reformierten Kanton Zürich. Er war Mitbegründer der christlich-sozialen Partei in Wädenswil und später Gemeinde-, Kantons- und Nationalrat. Bei der Planung der Friedhofsverlegung setzte er sich sehr für eine grosszügige Gestaltung ein. «Beim neuen Friedhof [sollen] künstlerische Motive zur Anwendung kommen. Der neue Friedhof soll ein Garten werden, wo der wohltuende und aufmunternde Eindruck der ganzen Anlage dem Besucher über das Traurige der Situation möglichst hinweghilft. Die Gartenbautechnik wird daher in ausgiebiger Weise Berücksichtigung finden», schrieb er im Antrag der Gesundheitskommission an die Gemeindeversammlung.11 Und im «Allgemeinen Anzeiger» doppelte er nach: «Der neue Friedhof [wird] wesentlich anders aussehen als der alte. Der bisherige Friedhof ist [...] eine blosse Begräbnisstätte. Nirgends geben Waldbäume einigen Schatten, nirgends kann ein Ruhebänklein platziert werden, das dem Besucher einen längeren Verbleib auf dem Friedhof gestattet.»12
Aufgrund der überlieferten Äusserungen in den Archiven lässt sich heute nicht mehr klären, ob Conrad Bürgi bei der Offertstellung Baumeister Dietliker nahe legte, einen Gartengestalter hinzuzuziehen, oder ob Dietliker dies von sich aus einbrachte. Aber es ist offensichtlich, dass sich Bürgi hinter den Kulissen politisch dafür einsetzte, dass der Gemeinderat das gartengestalterisch aufwändige Projekt trotz anfänglicher Skepsis wegen der Mehrkosten unterstützte.13
Keine Bäume, kein Platz für Ruhebänklein, eine grosse Vielfalt unterschiedlicher Grabmäler: Das schien 1909 überholt.

Insgesamt sollte die erste Etappe 60 000 Franken kosten. Ende Mai 1909 lagen rechtzeitig zur Gemeindeversammlung vom 6. Juni Bericht und Antrag mit den budgetierten Kosten vor. Nicht unerheblich waren darin die Ausgaben für die Verlegung neuer Wasserleitungen und die Ablösung der bestehenden Wasserrechte der umliegenden Höfe und der Forschungsanstalt, die unterhalb des Friedhofs lag. Mehr als 10 Prozent des Gesamtkredits wurden dafür beansprucht. Man war vorsichtig und budgetierte diesen Punkt grosszügig, nachdem die Forschungsanstalt Bedenken geäussert hatte, dass vom Friedhof verunreinigtes Wasser in ihre Versuchsanlagen fliessen könnte.14 In der Tat zeigte sich später, dass aufwändige Drainagen notwendig waren, für die das Budget voll ausgeschöpft werden musste.

Zwei Friedhöfe bis 1930

Dank Conrad Bürgis Einsatz genehmigten die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung das Vorhaben schliesslich fast einstimmig. Nach den jahrelangen Vorabklärungen waren die Meinungen längst gemacht.15 Um die letzten Zweifler zu überzeugen, hielt Bürgi in der Begründung des Antrags reichlich deutlich fest: «Würde die Verlegung abgelehnt, so hätte dies zur Folge, dass grössere Ausgrabungen mangelhaft verwester Leichen vorgenommen werden müssten. Für die aufgefundenen Überreste könnte ein Platz zur Bestattung auf dem alten Friedhof nicht gefunden werden.»16
Die Skizze aus den Projektunterlagen von 1909 zeigt den ursprünglichen Eingang in den Friedhof auf der Seite der Schönenbergstrasse.

Unmittelbar nach der Gemeindeversammlung schrieb die Gesundheitskommission die einzelnen Arbeiten gemäss den Plänen von Dietliker aus. Auch die kantonale Gesundheitsdirektion stimmte zu und bewilligte einen Staatsbeitrag von 10 Prozent. Die Bauarbeiten dauerten nur ein halbes Jahr. Schon am 2. Januar 1910 luden Gemeinderat und Gesundheitskommission zur Einweihung des neuen Friedhofs ein, der an diesem Tag tief verschneit war. Nach den harten politischen Auseinandersetzungen um die Friedhofsverlegung schlug Gemeindepräsident Fritz Weber in seiner Ansprache versöhnliche Töne an. Er lobte die «Umsicht und das feine Verständnis» mit der die Aufgabe gelöst worden sei und sagte: «Über dem alten Friedhof hat von jeher der freie Geist der Toleranz geweht und kein konfessioneller Hader hat je den geheimnisvollen Frieden gestört, der nur den Gräbern eigen ist. Möge dies auch fernerhin so sein zur Ehre des neuen Friedhofes.»17 Man kann heute nur noch vermuten, worauf er anspielte: Dass das Engagement des katholischen Arztes Conrad Bürgi im reformierten Wädenswil nicht überall gut angekommen war.
Der neue Friedhof war eine grosszügige Anlage, deren Hauptachse von Eiben gesäumt war. Entlang der oberen Mauer wurde eine Kastanienallee gepflanzt. Zwei Brunnen plätscherten unter Buchen. Doch die Geschichte der Friedhofsverlegung war mit der Eröffnung des neuen Standortes noch nicht abgeschlossen. Zwar fanden auf dem alten Friedhof auf der Eidmatt ab Januar 1910 keine Beerdigungen mehr statt.
Aber die Ruhezeit für die bestehenden Gräber von 20 Jahren blieb selbstverständlich bestehen. Faktisch hatte Wädenswil zwischen 1910 und 1930 zwei Friedhöfe.
Auf der Eidmatt wurden die letzten Grabsteine Ende 1930 entfernt.18 Teilweise sollen sie für Aufschüttungen am Seeplatz verwendet worden sein, die 1931 bei der Umgestaltung des Bahnhofareals gemacht wurden. Aus dem ehemaligen Friedhof wurde anschliessend ein stiller Park, in dem Koniferen standen. Die Erinnerung an den Friedhof liess erst der Zweite Weltkrieg verblassen, als die Fläche für den Anbau von Getreide und Raps genutzt wurde. So wurde der Weg Schritt für Schritt frei, den ehemaligen Friedhof in einen Sportplatz umzuwandeln. 1965 wurde die heutige Sportanlage Eidmatt eröffnet.

Nach der Eröffnung des neuen Friedhofs blieben die Gräber bis 1930 auf dem alten Friedhof bestehen.

In mehreren Etappen zur heutigen Grösse

Wie im ursprünglichen Projekt vorgesehen, nahm die Gesundheitskommission nach knapp zehn Jahren die zweite Etappe des neuen Friedhofs in Angriff. Ende 1918 legte sie der Gemeindeversammlung einen Antrag für das entsprechende Projekt vor. Am 16. Februar 1919 wurde es von den Stimmberechtigten genehmigt.19 Die Gartengestaltung stammte wiederum von Ernst Klingelfuss.20 Die Zeiten allerdings hatten sich geändert. In den Krisenjahren nach dem Ersten Weltkrieg waren die Mittel für grosszügige Landschaftsarchitektur nicht mehr vorhanden. Die politischen Prioritäten in den unmittelbaren Nachkriegsjahren lagen bei der Bekämpfung der eklatanten Wohnungsnot und der Arbeitslosigkeit. Die Vorgabe des Gemeinderats war eindeutig: «Im erweiterten Teil wird die Anwendung der Gartenbautechnik möglichst beschränkt, um ausgiebig Raum für Gräber zu finden.»21
Nach 1930 entstand auf der Eidmatt eine stille Parkanlage.

Bereits 1930 zeichnete sich ab, dass der neue Friedhof bald wieder zu klein sein würde. Nur zwölf Jahre nach Abschluss der zweiten Etappe kam es zu einer ersten Erweiterung. Der Friedhof sollte bergseits Richtung Waisenhausstrasse vergrössert werden. Den Wettbewerb für das Erweiterungsprojekt gewannen die Architekten Albert Kölla und Heinrich Bräm. Auch diese Erweiterung wurde aus Kostengründen in zwei Etappen aufgeteilt: Nach der Volksabstimmung vom 12. Juni 1932 wurden sie 1932 und 1935 umgesetzt.22 Sie fielen genau in die Zeit der Wirtschaftskrise, so dass neben dem üblichen Staatsbeitrag an Friedhöfe auch Bundesmittel für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen in Anspruch genommen werden konnten.
Mit der Erweiterung wurde auch der Bau einer Abdankungshalle diskutiert. Dafür wurde ein separater Wettbewerb ausgeschrieben, den Heinrich Kübler (1908–1968) gewann. Das Vorhaben sorgte kaum für Diskussionen. Schon am 6. November 1937 wurde das schlichte Gebäude eröffnet.23 In den Folgejahren standen keine Erweiterungen mehr an. Stattdessen wurde nach Ablauf einer Ruhefrist von 30 Jahren der älteste Teil des Friedhofs in den frühen 1940er-Jahren umgestaltet und für erneute Bestattungen vorbereitet.24
Erst in den 1950er-Jahren stand wieder ein Erweiterungsprojekt zur Diskussion. Der Friedhof wurde 1957/1958 um 4900 Quadratmeter in östlicher Richtung vergrössert. Gartengestalter Hans Fischer legte einen neuen Haupteingang an der Neuguetstrasse an, behielt aber die bestehende Form des Friedhofs bei: «Der leitende Grundgedanke war, [...] den symmetrischen Aufbau, der in der Grundform die Struktur eines gotischen Kirchenfensters widerspiegelt, weiterzuführen.»25
Zum letzten Mal erweitert wurde der Friedhof in den Jahren 1970/1971 durch Landschaftsarchitekt Gerold Fischer.26 Er terrassierte die Anlage im oberen Teil, so dass erstmals auch Urnennischen entstanden. Damit hatte der Friedhof seine endgültige Grösse erhalten. Er umfasst heute rund 25 000 Quadratmeter und trägt ganz wesentlich die gestalterische Handschrift von Gerold Fischer. Noch immer aber lassen sich anhand der Umfassungsmauer die einzelnen Etappen der Entstehung des Friedhofs ablesen: Der älteste Teil ist von einer Zementmauer mit Gartenzaun eingefasst, während die zweite Etappe von 1920 von einer einfachen Steinmauer begrenzt wird. Die zeittypische Zyklopenmauer prägt die Erweiterung von 1957/58 und die letzte Erweiterung aus den frühen 1970er-Jahren wird durch eine plastisch gestaltete Betonmauer begrenzt.




Adrian Scherrer

Anmerkungen

1 Zit. Nach Weber, S. 2. – Der Zivilstandsbeamte Arthur Weber (1910–1996) verfasste Ende der 1950er-Jahre Im Zusammenhang mit der Friedhofserweiterung einen historischen Rückblick, der zahlreiche Details aus Protokollen im Stadtarchiv enthält, aber nie veröffentlicht wurde (Zitiert als Weber). Peter Ziegler verfasste 1993 einen Abriss der Geschichte des Friedhofs, der im AAZ vom 29.10.1993 veröffentlicht wurde (Zitiert als Ziegler).
2 Stadtarchiv 12.03, Protokoll der Gesundheitskommission, 20.8.1888.
3 Stadtarchiv 12.03, Bericht der Gesundheitsbehörde, 18.5.1900.
4 AAZ, 20.12.1898.
5 Weber, S. 3.
6 AAZ, 20.12.1898.
7 AAZ, 4.6.1909.
8 Zit. nach AAZ, 26.5.1909.
9 Stadtarchiv 12.03, Protokoll der gemeinsamen Sitzung Gemeinderat/Gesundheitskommission, 9.2.1909.
10 Stadtarchiv 12.03, Protokoll der Gesundheitskommission, 2.3.1909 Und 15.3.1909.
11 Zit. Nach AAZ, 26.5.1909.
12 Zit. Nach AAZ, 4.6.1909.
13 Stadtarchiv 12.03, Protokoll der gemeinsamen Sitzung Gemeinderat/Gesundheitskommission, 9.2.1909.
14 Stadtarchiv 12.03, Schreiben Müller-Thurgau an Gesundheitskommission, 12.3.1909.
15 AAZ, 7.6.1909.
16 Zit. Nach AAZ, 26.5.1909.
17 Zit. Nach AAZ, 3.1.1910.
18 AAZ, 31.1.1930.
19 AAZ, 8.2.1919 und 17.2.1919.
20 Stadtarchiv 12.03, Abrechnung Klingelfuss, 20.4.1921.
21 Stadtarchiv 12.03, Antrag der Gesundheitskommission, 3.12.1918.
22 AAZ, 13.6.1932. Vgl. auch Ziegler, S. 2.
23 AAZ, 23.12.1936. – Zur Restaurierung 1989: AAZ, 2.2.1989.
24 Ziegler, S. 3.
25 AAZ, 2.9.1958.
26 AAZ, 21.11.1969. Vgl. auch Ziegler, S. 5. – Zu Gerold Fischer: Anthos, 2/2017, S. 78–81.