Von der geistigen Aufgeschlossenheit Steffans zeugt wohl die Freundschaft zu Heinrich Pestalozzi aufs schönste. Im Jahre 1815 beschenkte der grosse Erzieher seinem Wädenswiler Freund mit einem Exemplar der eben erschienen Schrift «An die Unschuld, den Ernst und Edelmut meines Zeitalters und meines Vaterlandes», in das er als Widmung schrieb:
an Herren
Stäffen von Wädenschweil
von Pestalozz.
Die Bekanntschaft zwischen den beiden mag auf Besuche Pestalozzis in Wädenswil zurückgehen. Pestalozzis Mutter war bekanntlich eine Wädenswilerin, und zu den Familien Hotze und Theiler bestanden verwandtschaftliche Beziehungen. Steffan war von den pestalozzischen Erziehungsmethoden begeistert. Er reiste daher um die Osterzeit 1817 nach Yverdon, wo er sich unter anderem mit den Zöglingen Stünzi und Bruch, dem Sohn des damaligen
Wädenswiler Pfarrherrn, besprach. Eine eben beendete Reise durch die deutsche Schweiz hatte Steffan Gelegenheit geboten, eine Reihe von Äusserungen über Pestalozzis Pläne zu hören, die er nun seinem Freund unterbreiten konnte. So brachte er Neuigkeiten aus Aarau, Zürich und St. Gallen und aus dem «Philantropennest am See», womit zweifellos Wädenswil gemeint sein dürfte.
Voller Idealismus bewarb sich Steffan sogar um die Verwalterstelle am pestalozzischen Institut in Yverdon. Er liess aber wieder von seinem Vorhaben ab, da er sich mittlerweile mit dem Institutslehrer Joseph Schmid verfeindet hatte, und es im Gasthof «Zum Roten Haus» zwischen den beiden sogar zu einem heftigen Auftritt gekommen war.
Ein Brief vom 16. April 1818 zeigt aber, dass Johann Jakob Steffan auch weiterhin für Pestalozzi zu wirken versuchte und ihm für seine Werke eine Reihe von Subskribenten warb. Schon die Anrede des Briefes lässt erkennen, welche Verehrung der Wädenswiler dem bedeutenden Erzieher entgegenbrachte:
Freyburg, 16. April 1818
Vater!
Ich liebe Sie. Ich liebe Sie mit innigem Gemüthe und mit aller meiner Seele innewohnenden Kraft. Ich war so glücklich, davon Proben zu geben. Was ich mit Fellenberg, Usteri und Meyer von Schauensee verhandelte, füllte einen vollen Tag aus. Daher werde ich kommen, sobald ich aus dem Koth der notwendigsten Berufsarbeit heraus bin. Seit acht Tagen bin ich zurück, und erhielt gestern die Rede, die schon circuliert. Ich versprach 2 nach Wädenschweil, eine dem katholischen Pfarrer in Zürich und die vierte Herrn Staatssäckelmeister Meyer von Schauensee. Ich bitte, bitte, lassen Sie‘s doch von Zürich aus besorgen, die nach Wädenschweil an Herrn Pfarrer Bruch. Nebenstehend noch 14 Subscribenten, wenn Fontana nicht schon in der ersten Liste steht.
Ihnen, Hochwürdigster, und Schmid mit Leib und Seele ergeben
Steffan.
Auf der angeschlossenen Subskribentenliste figurieren unter anderem J. J. Stapfer von Horgen und der Kaufmann J. J. Hauser von Wädenswil.
Der letzte, der erhaltenen Briefe Steffans an Heinrich Pestalozzi lässt auf scharfe Gegnerschaft zu seinem Mitarbeiter Joseph Schmid schliessen. Er spricht davon, wie Schmid den altersschwachen Pestalozzi entwürdige. «Mein Leben dem Deinen zu weih‘n», schreibt Steffan unterm 17. April 1820 von Neuenburg aus, «war seit zehn Jahren der festeste Entschluss meines Herzens, demnach muss ich handeln, wenn auch unter Donner und Blitz, die keine Liebe töten, aber worunter der Bösewicht fürchterlich bebetl.
Pestalozzi hat sich offenbar auch Steffan gegenüber für Schmid entschieden. Jedenfalls schweigen sich die Akten über weitere Beziehungen zwischen Pestalozzi und Steffan von Wädenswil völlig aus.