GEBRÜDER PFISTER


Pfister, Otto, 31. Dezember 1880 in Fällanden, ✝ 7. Mai 1959 in Zürich, Architekt
Pfister, Werner, 27. April 1884 in Fällanden, ✝ 11. Februar 1950 in Zürich, Architekt
Otto Pfister besuchte das Technikum Winterthur um 1899-1901 und war Fachhörer am Polytechnikum in Zürich bei Friedrich Bluntschli, Gustav Gull und Karl Moser. Nach einiger Berufspraxis im Elsass (Strassburg und Rheinach) arbeitete er im Architekturbüro von Curjel und Moser (Robert Curjel, Karl Moster) in Karlsruhe (1904-06), wo er mit den neuesten Bestrebungen der europäischen Architektur in Berührung kam.
Werner Pfister studierte bei Robert Rittmeyer (Rittmeyer und Furrer) am Technikum Winterthur und folgte seinem Bruder 1905 nach Karlsruhe, nachdem dieser ihm eine Stelle bei Hermann Billing vermittelt hatte. > mehr
Geschäftshaus Peterhof, 1913.
Nach ihrer Rückkehr aus Karlsruhe gründeten die beiden Brüder 1907 in Zürich ein eigenes Architekturbüro, nachdem sie sich zuvor erfolgreich an einigen Wettbewerben für Schulhäuser und ein Kasino-Theater in Freiburg beteiligt hatten. Sie waren Gründungsmitglieder des BSA (Olten 1908). Werner Pfister war seit 1912 Mitglied der neu geschaffenen Kant. Heimatschutz-Kommission und des Baukollegiums der Stadt Zürich. Den Idealen der Gartenstadt verpflichtet sind die beiden Zürcher Siedlungen Bergheim (1908/09) und Im Kapf (1912/13). Überlieferte längliche Bauart und historisches Formenvokabular kennzeichnen den Traditionalismus der Frühzeit. Die Serie grosser Waren- und Geschäftshäuser eröffnete 1913 der Peterhof in Zürich; in der stilistischen Durchbildung folgt dieser städtische Grossbau dem von Alfred Messel für die Bauaufgabe entwickelten neugotischen Vertikalismus. Dem Ausdruck staatlicher Repräsentation und Monumentalität entspricht der bei der Nationalbank (1919-22) gewählte Neuklassizismus, dem Vorbild Weinbrenners folgt der strenge Rationalismus des Bahnhofs Enge (1925-27).
Zürich, Bahnhof Enge, 1925-27.

Die Entwicklung ihrer Architektur vom ausgehenden Jugendstil über den Neuklassizismus bis zu einer vorsichtigen Annäherung an das Neue Bauen verlief parallel zu den in der Schweiz vorherrschenden Strömungen. In der Verwendung von Eisenbetonkonstruktionen und standardisierten Fassadenelementen zeigten sich die Gebrüder Pfister mit den rationalen Methoden der Moderne vertraut, ohne allerdings die geforderten formalen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Zahlreiche Aufträge des Büros sind aus Wettbewerben hervorgegangen, darunter auch solche, die die Jury nicht mit dem 1. Preis ausgezeichnet hatte. Ein wichtiger Grund für diesen Erfolg lag wohl darin, dass die Architekten eher Pragmatiker waren als Theoretiker, die die Vorstellungen des Bauherrn, die politische Durchsetzbarkeit und den Zeitgeschmack sehr genau abzuschätzen wussten: Der Name des zunehmend renommierten Büros stand für sorgfältige und solide Ausführung, für Einhaltung der Kosten und Termine. Als moderne Architekturfirma garantierten sie einen reibungslosen Bauablauf, gestalterische Einheit vom Grossen bis ins Kleine und eine saubere technische und handwerkliche Ausführung. Dies erklärt auch ihre Reserve gegenüber den noch wenig bewährten vorgefertigten Elementen, ein Zwiespalt, der bei den Walchehäusern in Zürich (1934/35) zutage tritt: den technisch genormten Rasterfassaden fehlt jede eigene graphische Brillanz.
Die den reinen Zweckbauten näherstehenden Bauaufgaben bezeugen die Begabung der Architekten, die Prinzipien des Neuen Bauens gewandt zu instrumentieren: Erweiterungsbau der Schweiz. Pflegerinnenschule (1933/34) mit locker angeordneten, flachgedeckten Baukörpern, Pilzstützen, durchlaufenden Liegeterrassen und Fensterbändern, Rentenanstalt (1937-39), und v.a. die Kraftwerkbauten mit Werksiedlungen wie das Unterwerk Winterthur-Töss (1925/26) und das Limmatwerk Wettingen (1930-33), beide an vorderer Front der architektonischen Entwicklung. Radikalen Positionen standen sie dennoch zeitlebens fern.
Die stilistische Spannweite ihres Werkes reicht von Wohnbauten im behäbigen schweizerischen Landhausstil bis zu modernen Industrie- und Ingenieurbauten. Stets leitete die Architekten ein sicheres Gefühl für die Proportion von Volumen und Räumen. Nicht Pioniere, sondern Pragmatiker der neuen Architektur akzeptieren die Brüder Pfister die topographischen, die bautechnischen und die kulturellen Gegebenheiten als Voraussetzung ihres architektonischen Schaffens.
 

Werkkatalog (Auswahl)

Zürich, Kolonie Bergheim (1908/09); Schulhaus Limmatstrasse (1909-11); Kirchgemeindehaus Neumünster (1910/11); Walchebrücke (1911-13); Warenhaus St. Annahof (1911-14); Gartenstadtgenossenschaft Im Kapf (1912/13); Peter- und Leuenhof (1913/14); Luzern, SUVA-Gebäude (1914/15); Eglisau, Rheinkraftwerk (1915-20); Zürich, Schweiz. Nationalbank (1919-20); Winterthur, Unterzentrale Töss (1925/26); Zürich, Bahnhof Enge (1925-27); Winterthur, Kantonsschule (1926-28); Baden, NOK-Verwaltungsgebäude (1927/28); Wettingen, Limmatkraftwerk (1930-33); Zürich, Erweiterungsbau der Schweiz. Pflegerinnenschule (1933/34); Kant. Verwaltung Walche (1934/35); Rentenanstalt (1937-39), Tiefencastel, Kraftwerk (1945-49); Zürich, Bürohaus Zum Grünegg (1947/48).

Lit. [Auswahl]

SBZ 77 (1959), 402 [Nekrolog Otto Pfister]; Meyer, Peter; Zwei Zürcher Architekten, zur Erinnerung an die Gebrüder Pfister, in NZZ, 13.2.1960; Die Gebr. Pfister, archithese 23/1 (1993).

Dominique von Burg