Zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Albert Hauser

Quelle: «Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee», 20. August 1984 von Peter Ziegler

Heute feiert unser Mitbürger Prof. Dr. Albert Hauser seinen siebzigsten Geburtstag. Dies sei Anlass, sich des bisherigen vielseitigen Schaffens des Jubilars als Hochschullehrer, Wirtschafts- und Agrarhistoriker, Präsident verschiedener, meist kultureller Organisationen, besonders aber auch seines Einsatzes für Wädenswil zu erinnern.

Dozent an der ETH

Albert Hauser studierte in Zürich und Paris Geschichte, Wirtschaftsgeographie und Verfassungskunde und erlangte 1938 die Doktorwürde. 1956 wurde er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich Privatdozent für Wirtschaftsgeschichte. Seine prägnante, an farbigen Beispielen reiche Antrittsvorlesung «Zur Geschichte der Kinderarbeit in der Schweiz» hinterliess bei Freunden, Gästen und andern Zuhörern tiefen Eindruck. Ab 1958 folgten Lehraufträge für Agrar- und Forstgeschichte. 1965 wurde Albert Hauser an der ETH zum Ausserordentlichen und 1967 zum Ordentlichen Professor für Geschichte und Soziologie der Land- und Forstwirtschaft ernannt. Diesen Lehrstuhl hatte er bis 1979 inne. Die zahlreichen und interessierten Studenten schätzten seine frei dargebotenen Vorlesungen, die Übungen und Exkursionen, aber auch die anregenden Gespräche mit dem erfahrenen Forscher und dessen aufbauende Kritik.

Wirtschafts- und Agrarhistoriker

Albert Hauser spezialisierte sich auf Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Schweiz einerseits und auf schweizerische Agrar- und Forstgeschichte andererseits. Mit beiden Forschungsbereichen setzte er sich intensiv auseinander, mit beiden befasst er sich noch heute. Eine Reihe bemerkenswerter Publikationen zeugt von gründlichster Beschäftigung mit dem Menschen, seiner Umwelt und seinen Alltagsproblemen in früherer, aber auch in heutiger Zeit. Als Beispiele solcher Veröffentlichungen seien angeführt: «Das eidgenössische Nationalbewusstsein» (1941), «Die Techanisierung der schweizerischen Industrie im Urteil der Zeitgenossen» (1950), «Zur Geschichte der Kinderarbeit in der Schweiz» (1956), «Arbeiter und Bauer. Wandlungen im schweizerischen Sozialgeschehen seit 1850» (1958), «Schweizerische Wirtschafts- und Sozialgeschichte» (1961), «Vom Essen und Trinken im alten Zürich» (1961), «Wald und Feld in der alten Schweiz» (1972), «Bauernregeln» (1973), «Bauerngärten der Schweiz» (1976), «Waldgeister und Holzfäller, der Wald in der schweizerischen Volkssage» (1980).
Gross ist die Zahl von Abhandlungen und Aufsätzen, die Albert Hauser in Fachblättern, Jahrbüchern und Zeitschriften veröffentlicht hat. Sie galten beispielsweise folgenden Themen und Fragestellungen: «Die Wehrtüchtigkeit von Stadt und Land im alten Zürich» (1939), «Über Lebenshaltung im alten Zürich» (1962), «Die Seebuben im sozialen Wandel» (1963), «Glanz und Elend des Jahrmarkts» (1969), «Die Zürichbieterin im Wandel der Zeit» (1980), «Bäuerliches Brauchtum im Wandel der Zeit» (1983).

Präsident aus Verpflichtung

Überzeugt und energisch hat sich Albert Hauser viele Jahre lang für die Belange des Natur- und Heimatschutzes eingesetzt: als Präsident des Verbandes zum Schutze des Landschaftsbildes am Zürichsee, als Präsident der Natur- und Heimatschutzkommission Wädenswil, als Präsident des Stiftungsrates zur Erhaltung der Burg Alt-Wädenswil sowie als Mitglied der Denkmalpflegekommission des Kantons Zürich. Er war in diesen Eigenschaften ein oft unbequemer Mahner und Streiter, was ihm nicht immer Freude eingetragen haben mag. Aber er hatte sich aus einem Gefühl der Verpflichtung und der Verantwortung zur Verfügung gestellt und ging konsequent den von ihm als richtig erkannten Weg.
Besonders zu betonen ist Albert Hausers langjähriger Einsatz als Präsident der Sparkasse Wädenswil, jener 1816 gegründeten gemeinnützigen Gesellschaft, welche die soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres Gemeinwesens entscheidend mitgeprägt hat.

Einsatz für Wädenswil

Aus einem alten Wädenswiler Geschlecht stammend, fühlt sich Albert Hauser seit seiner Jugendzeit mit seinem Heimatort, mit Land und Leu­ten am See und im Berg, verbunden. Davon legt er Zeugnis ab in Vor­trägen und bei Führungen draussen in der Landschaft – etwa 1983 auf dem Grenzumgang des Verkehrsvereins – oder im Ortsmuseum, aber auch mit einer Vielzahl von Publikationen zur Wädenswiler Geschichte, er­schienen seit den Tagen des Studiums an der Universität Zürich.
Schon die Dissertation über den Bockenkrieg von 1804, einen Auf­stand des Landvolkes am Zürichsee gegen die Vorherrschaft der Stadt, berührte Wädenswiler Verhältnisse. 1936 veröffentlichte Albert Hauser in der Wädenswiler Jahresmappe eine Studie über «Das Wädenswiler Maiengericht», 1938 schrieb er über den Bockenkrieg sowie über «Vier Hexenprozesse im alten Wädenswil». 1940 erschienen im «Zürichsee Ka­lender» die Aufsätze «Der Freiheitsbaum von Wädenswil» und «Wädens­wiler in fremden Diensten»; 1942 folgte ein grundsätzlicher Artikel zur Schaffung eines Ortsmuseums in Wädenswil: Die Kultur im alten Wädenswil».
Wichtigste Publikation Albert Hausers zur Wädenswiler Geschichte ist das 1956 als Neujahrsblatt der hiesigen Lesegesellschaft herausgege­bene und im Wesentlichen mit seiner Habilitationsschrift identische Werk «Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Bauerndorfes zur Industriegemeinde». Zu diesem hervorragenden Beitrag zur neueren Wirtschaftsgeschichte der Gemeinde Wädenswil gesellten sich Industrie- ­und Vereinsgeschichten: «Aus der Geschichte der Brauerei Weber in Wä­denswil» (1951), «Aus der Geschichte der Stärkefabrik Blattmann + Co., Wädenswil» (1956, 1981), «Aus der Geschichte der Tuchfabrik Pfenninger in Wädenswil» (1957), «100 Jahre Handwerker- und Gewerbeverein Wädens­wil, 1855–1955)». Von den weiteren Veröffentlichungen des Jubi­lars zur Wädenswiler Geschichte seien erwähnt sein Beitrag im «Jahr­buch vom Zürichsee» 1954/55 «Zur Geschichte der Halbinsel Au» und die Abhandlung «Über die kulturellen und wirtschaftlichen Aspekte des Kirchenbaus von 1767» in der 1967 erschienenen Festschrift «Die Kirche von Wädenswil».
Auch die Jahrbücher der Stadt Wädenswil enthalten historische Unter­suchungen von Albert Hauser: «Senntenwirtschaft im Museum zur hohlen Eich» (1975), «Der Bauerngarten auf der Au» (1976), «Alltag und Sonn­tag unserer Vorfahren» (1977), «Bäuerliches Brauchtum im alten Wädens­will» (1981), «Das Haus und Museum zur hohlen Eich» (1983). Eine län­gere Abhandlung über «Die Wälder von Wädenswil» wird im Jahrbuch 1984 erscheinen.
Dass in Albert Hausers Jahrbuch-Aufsätzen immer wieder das Thema Museum zur hohlen Eich anklingt, ist verständlich. Das vorbildlich kon­zipierte und gestaltete, 1970 eröffnete Ortsmuseum Wädenswil ist sein Werk und das seiner mitverschworenen Freunde, realisiert dank der von der Gemeinde bewilligten Mittel und des von der Sparkassagesell­schaft geleisteten Beitrages. Ein Museum, geprägt von Hausers origi­nellen Ideen und seinen Fachkenntnissen, weit über Wädenswil hinaus als beispielhaft anerkannt und von weither besucht.

Maler

Auf die künstlerischen Fähigkeiten des Jubilars sei abschliessend noch besonders hingewiesen. Albert Hauser ist passionierter Maler. Seine Federzeichnungen, Aquarelle und Ölbilder konnten gerade in neuerer Zeit wieder in Ausstellungen bewundert werden. Landschaftsmotive aus der engeren Heimat, beispielsweise aus dem Wädenswiler Berg, sind in manchem Wädenswiler Haus anzutreffen, zur Freude der Bewohner. In seiner Tätigkeit wurde Albert Hauser von seiner Frau immer verständnisvoll begleitet. Dafür ist er sehr dankbar. Dass seit der Pensionierung und dem Rücktritt von verschiedenen Ämtern für Familie und Erholung, für Forschen, Schreiben und Malen mehr Zeit zur Verfügung steht, sei dem rüstigen Siebziger mit besten Geburtstagswünschen wohl gegönnt. An Plänen, Zielen und Aufgaben wird es ihm auch in Zukunft nicht mangeln.




Peter Ziegler