Für Wädenswil, unsere Heimat

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1992 von Walter Frey

Aus dem Gemeinderat

Im Amtsjahr 1991/92 behandelte der Gemeinderat an 11 Sitzungen, davon 4 als Doppelsitzungen geführt, 23 Sachgeschäfte und 16 persönliche Vorstösse. Die bürgerliche Abteilung tagte zweimal, wobei 11 Einbürgerungen vorgenommen wurden.
Die umfangreichen Geschäftslisten hatten auch zur Folge, dass im November 1991 eingereichte persönliche Vorstösse fast erst 9 Monate später begründet werden konnten. Da zeigte sich, dass mit einer schriftlichen Anfrage das selbe Ziel eher erreicht wird, jedoch mit etwas weniger Publizität als mit einer Interpellation, welche zudem den Ratsbetrieb und die Verwaltung belastet.
Die geschäftsvorberatenden Kommissionen, insbesondere die Geschäftsprüfungs-Kommission, lieferten hinter den Kulissen, ohne im Rampenlicht zu stehen, seriöse, engagierte und tadellose Vorarbeit für die Entscheidungen im Rat und schliesslich zum Wohle der Öffentlichkeit.
Wie ich mich persönlich überzeugen konnte, machte man sich die Entscheidungen in den Kommissionen nicht leicht, wurden doch Pro und Kontra gut abgewogen, und schliesslich bezog man klare Positionen, mit der Überzeugung, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Oft wird über die Volksvertreter leichtsinnig der Stab gebrochen, doch sind es sicherlich nicht die schlechtesten Delegierten, welche das Volk wählte.
All die ehrenamtlichen Parlamentarier leisten enorm viel und opfern manche Freizeitstunde für unser Wädenswil, für unsere Heimat. Heimat ist da, wo wir leben, also da, wo wir miteinander unser Leben verbringen, wo wir miteinander reden, einander zuwinken, wo wir verstanden werden und wo wir unsere Mitmenschen verstehen.
Neben den sozial, umwelt- und wirtschaftspolitischen Motiven ist unsere Heimat, unsere Umgebung, der Hauptbeweggrund, wofür sich überhaupt ein Lokalpolitiker zur Verfügung stellt und sich stark macht.
Blick aus der Gegend ob Untermosen gegen Büelen und See. Im Flachdachbau (Bildmitte links) tagt seit 1975 das Gemeindeparlament.
Er will die Schönheit unserer Stadt erhalten und wenn möglich zum Vorteil verändern. Das ist für uns alle eine schöne und vornehme Aufgabe, gerade heute, in der individualisierten Gesellschaft.

Parlament mit 45 oder 36 Gemeinderäten

Anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 30. September 1991 überwies der Gemeinderat mit 23 zu 21 Stimmen eine Motion betreffend die Reduktion der Mitgliederzahl des Gemeinderates von 45 auf 36. Gleichentags lehnte der Rat ohne Gegenstimme die Motion Bär ab, welche eine Abschaffung des Gemeindeparlamentes verlangte. Eine Abschaffung des Parlamentes und die Wiedereinführung der Gemeindeversammlung steht also gar nicht zur Diskussion.
Von 12 zürcherischen Parlamentsgemeinden verfügt Wädenswil nach den Städten Zürich (125 Mitglieder) und Winterthur (60) mit 45 Mitgliedern über den drittgrössten Gemeinderat. Mit der Reduktion der Mitglieder des Parlamentes von 45 auf 36 wollen die Motionäre eine sinnvolle Angleichung an die grösseren Städte, wie Dietikon, Uster und Dübendorf, vollziehen. Die Motionäre versprechen sich einen effizienteren Ratsbetrieb mit weniger parlamentarischen Vorstössen, damit dem nebenamtlichen tätigen Stadtrat mehr Zeit zur Wahrnehmung seiner eigentlichen Führungsaufgaben zugemutet werden kann. Die Gegner sind der Meinung, dass es kaum weniger Vorstösse geben, die ausserparlamentarische Opposition zunehmen und die Effizienz des Rates nicht besser und damit die Belastung von Exekutive und Verwaltung nicht kleiner würde. Eine Reduktion des Rates führt unbestritten zu einer Mehrbelastung des einzelnen Ratsmitgliedes. Diese Argumente unterstreichen gerade die Befürworter, welche es begrüssen würden, dass sich fast alle Mitglieder eines 36köpfigen Gremiums in irgendeiner Kommission engagieren und so den Betrieb besser kennenlernen müssen.
Eine Reduzierung des Rates bringt die Parteienvielfalt nicht zum Verschwinden. Die Gegner befürchten allerdings, dass in kleineren Fraktionen die Probleme vielfältiger werden, die Ansichten der Parteien nicht mehr so gut widerspiegeln und zudem die Mitarbeit in den ständigen Kommissionen eingeschränkt wird, was zwangsläufig zu mehr Diskussionen im Rat führen könnte.
Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass es für alle politischen Gruppierungen zusehends schwieriger wird, gut ausgewiesene und fähige Frauen und Männer zu rekrutieren, die sich für den Gemeinderat oder eine Behörde zur Verfügung stellen.
Die Stimmberechtigten sind bis heute zur Grösse des Parlamentes nicht konsultiert worden. Nachdem der Stadtrat eine Anpassung der Gemeindeordnung als notwendig erachtet, ist der Zeitpunkt richtig, dass auch der Souverän über die Parlamentsgrösse befinden kann. Das entscheidende Wort, ob unser Parlament zukünftig 45 oder 36 Mitglieder aufweisen soll, haben nun die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

Strapazierte Finanzen

Dem Jahrbuch 1989 kann entnommen werden, dass im Gegensatz zu früheren Jahren die Finanzen für einmal nicht viel zu reden gaben, da weder die Rechnung noch das Budget oder der Finanzplan zu Diskussionen Anlass boten. Die Finanzen befanden sich damals im Lot! An der Sitzung vom 16. Dezember 1991 war das Kernstück der viereinhalbstündigen (!) Sitzung die Debatte über den Voranschlag 1992. Die anhaltend hohe Teuerung, der starke Anstieg der gebundenen Aufwendungen und die rückläufige Konjunktur erschwerten die Rahmenbedingungen der öffentlichen Haushaltung. Im Nachhinein behielten sogar die Pessimisten recht, welche im letzten Herbst für das erste Halbjahr 1992 keine Konjunkturbelebung, sondern stark wachsende Arbeitslosenzahlen prophezeiten. Da auch die relative hohe Teuerung mit anhaltend hohem Frankenkurs und den hohen Zinsen nicht spürbar zurückgeht und zudem noch keine Konjunkturbelebung sichtbar ist, wird der finanzielle Spielraum immer enger. Um die steigenden Kosten aufzufangen, wobei die Hauptursache der massiven Aufwandsteigerung eindeutig bei den gebundenen Personalkosten liegt und zudem kaum nennenswerte Ertragsverbesserungen zu erwarten sind, stimmte der Rat einer Steuerfusserhöhung um total 9 Prozent (Politische Gemeinde + 8 Prozent und Oberstufenschulgemeinde + 1 Prozent) zu. Mittlerweile weist Wädenswil von allen Gemeinden im Bezirk Horgen den höchsten Steuerfuss auf. Mittelfristig sind allerdings alle Vorkehrungen zu treffen, wie Reduktion des Personalbestandes, Abschaffung des automatischen Teuerungsausgleichs (nur noch stufenweiser Ausgleich), Reduktion von Beiträgen an diverse Institutionen und Vereine nach Ablauf der Verpflichtungsdauer und sukzessive Verbesserung der Kostendeckungsgrade bei Dienstleistungen, um die Finanzen in den Griff zu bekommen, mit dem Ziel einer Senkung des Steuerfusses in den Bereich des kantonalzüricherischen Mittels. Das Parlament ist gewillt zu sparen, jedoch müssen die richtigen Massnahmen getroffen werden. Notwendige Investitionen im heutigen Zeitpunkt zurückzustellen, ist nicht sinnvoll, da gerade jetzt Industrie und Handwerk Aufträge gut gebrauchen können, um die Beschäftigung der Arbeitskräfte zu gewährleisten.

Grosses Freizeitangebot durch die Vereine

Wir leben in einer lebendigen Stadt mit einer vielfältig zusammengesetzten Bevölkerung. Im kulturellen Bereich hinken wir den Nachbargemeinden kaum hintennach. Die Kulturkommission unterstützt die Aktivitäten der verschiedenen Gruppierungen. Die Seniorenvereine sprühen teilweise vor Eigeninitiative. Nicht im stillen Kämmerlein verweilen, sondern mitmachen und sich Gleichgesinnten anschliessen, lautet die Devise. Die vielen Vereine jeglicher Art bieten mannigfaltige Programme bzw. Dienstleistungen an und verrichten teils enorme Eigenleistungen. Vereine mit Jugendabteilungen dürfen aber nicht überstrapaziert werden, indem die Kinder mittels eines bescheidenen Obolus nur in einen Klub geschickt werden, damit sie einfach ohne spezielle Eignung und Interessen wöchentlich für einige Stunden in andere Obhut gegeben werden. Dies ist nicht der Sinn einer gezielten Jugendförderung, sondern eher eine Behinderung des normalen Betriebes.
Obschon noch vieles wünschbar und verbesserungsfähig ist, bin ich trotzdem stolz auf unsere Stadt am See mit einem wunderbaren Naherholungsraum.




Walter Frey
Gemeinderatspräsident 1991/92