Lieber Peter Ziegler - Wir sagen Danke

Quelle: Gwerbziitig 12.12.2023, Text und Bilder von Anja Kutter
Historiker Peter Ziegler zuhause an der Einsiedlerstrasse. Das Haus ist gefüllt mit alten Dokumenten, Büchern und Tausenden von alten Fotografien.

Während zehn Jahren hat Peter Ziegler diese Zeitung durch seine historischen Beiträge bereichert. In dieser Ausgabe der «Gewerbziitig Wädi» erscheint sein 73. und letzter Beitrag. Nicht etwa, weil dem mittlerweile 86-Jährigen die Kraft für diese grosse Arbeit fehlt. Nein, künftig warten andere wichtige Aufgaben auf ihn.
 
Wenn in einem Gespräch die Begriffe «Wädenswil» und «Geschichte» fallen, folgt in den allermeisten Fällen gleich darauf ein Name: Peter Ziegler.
Prof. Dr. Peter Ziegler ist nicht nur Ehrendoktor der Universität Zürich und profilierter Historiker mit einem Werkverzeichnis von über 1500 Publikationen. Nein, er ist eine wahre Institution und für Wädenswil ohne Zweifel ein grosser Glücksfall. Unermüdlich und mit ungebrochener Begeisterung weckt er Vergangenes zum Leben und ermuntert uns, unsere Heimat mit anderen Augen zu sehen – unter anderem durch seine Beiträge in dieser Zeitung. Seit 2013 hat er in allen 73 Ausgaben einen historischen Bericht über Wädenswil veröffentlicht. Notabene ohne finanzielle Entschädigung.
Begonnen hat seine Beitragsreihe mit der Geschichte des Hotels Du Lac, des Sonnenbrunnens und der Wädenswiler Badeanstalten, enden tut sie in dieser Ausgabe mit den schönen Wädenswiler Herbstbräuchen.

Besser selber schreiben

«Die Redaktion der damaligen Gewerbezeitung hatte die Idee, selbst historische Beiträge zu verfassen und zu veröffentlichen. Diese hat sie mir jeweils zur Überprüfung der Fakten geschickt. Da habe ich schnell gemerkt, dass es mehr Sinn macht, wenn ich die Beiträge gleich selbst schreibe», erzählt Peter Ziegler schmunzelnd. Es ist eine Tatsache: Auch mit der aufwändigsten Recherche schafft man es kaum, einen so lebendigen und umfassenden Beitrag auf Papier zu bringen, wie ihn Peter Ziegler aus seiner Erinnerung zusammenstellt.
Es sei aber nicht nur sein Gedächtnis, das die Basis für seine Geschichten bildet, sagt er. Sondern auch sein riesiges und gut sortiertes Archiv. Dieses ist vermutlich die grösste Sammlung an historischen Dokumenten zur regionalen Geschichte am Zürichsee. Sein Haus an der Einsiedlerstrasse ist gefüllt mit alten Gegenständen, Protokollen, Büchern und rund 20 000 Fotos.

Mehr Interesse an Ruinen als an Mädchen

Bereits in der 3. Klasse der Primarschule hat er mit dem Sammeln begonnen: «Jeweils am Mittwochvormittag bin ich mit dem Leiterwagen in die Schule spaziert und habe dort alte Zeitungsbände ausgeliehen. Diese habe ich Seite für Seite durchgelesen und mir Notizen zu kleinen und grossen Ereignissen gemacht - bis zurück ins Jahr 1850.» Mit 15 Jahren habe er dann schon viel Zeit im Staatsarchiv verbracht. «Meine Freunde haben sich für Mädchen interessiert, ich mich für Burgruinen», blickt er zurück – und lacht herzlich. Ausserdem schreibe er seit vielen Jahren Tagebuch. «Dadurch bin ich bis zurück in die 1970er Jahre gut dokumentiert.»
Inzwischen ist ein grosser Teil von Peter Zieglers Archiv in der Dokumentationsstelle Oberer Zürichsee zugänglich, die die Stadt Wädenswil seit 2002 führt. Peter Ziegler war einer der massgebenden Initianten dieses Vorhabens. Auch manchmal enttäuscht Ideen für die Beiträge in der «Gewerbziitig Wädi» zu finden, sei ihm nie schwergefallen, sagt er. Und das Schreiben habe ihm auch immer Freude gemacht. «Getüpft hat mich hingegen manchmal, dass ich sowohl von der Redaktion als auch sonst praktisch keine Rückmeldungen auf meine Beiträge erhalten habe. Erst wenn ich nachgefragt habe, hat man mir gesagt, wie positiv die Menschen auf meine Geschichten reagieren.»

Eindrückliche Geschichten zum Vorschein bringen

Von nun an wird man keine Beiträge von Peter Ziegler mehr in der «Gewerbziitig Wädi» lesen können. Nicht etwa, weil er mit 86 Jahren keine Energie mehr dafür hat. Sein Geist ist wach wie eh und je. Wenn man neben ihm in seiner Stube sitzt, leuchten seine Augen beim Erzählen – und die Geschichten sprudeln nur so aus ihm heraus. Nein, es liege nicht an der fehlenden Kraft, betont er. «Ich habe nun aber noch viele andere Aufgaben zu erledigen.»
Unter anderem warten zahlreiche alte Briefe darauf, von ihm transkribiert zu werden – zum Beispiel aus dem 1. und 2. Weltkrieg. Es sind Briefe, die Soldaten von der Front nach Hause geschrieben haben.
Nicht viele Menschen haben die Fähigkeit, die alte Schrift übersetzen und in lesbare Texte umwandeln zu können. Deshalb sei die Nachfrage gross. Peter Ziegler bringt durch seine Arbeit eindrückliche Lebensgeschichten zum Vorschein und hilft Familien, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. «Ich bekomme sogar Anfragen aus den USA», erzählt er, während er an seinem Computer Beispiele von Briefen aus Kairo zeigt, an denen er gerade arbeitet. Er hat alle eingescannt, um die Originale nicht unnötig oft anfassen zu müssen.

Unbezahlbare Unterstützung

Immer an seiner Seite ist Peter Zieglers Frau Elisabeth. Sie bringt ihm, der nicht mehr so gut zu Fuss ist wie früher, die benötigten Dokumente, ordnet ein und räumt auf, bringt Kaffee und Gebäck zur Stärkung. Zudem liest sie seine Texte gegen und gibt ihm wertvolle Rückmeldungen, die seine Beiträge noch besser machen. Nächstes Jahr sind die beiden 60 Jahre verheiratet. Ohne ihre Unterstützung wäre seine bedeutende Arbeit nicht möglich.
Für die vielen schönen Geschichten, das vermittelte Wissen und die unvergesslichen persönlichen Erlebnisse danken wir – das gesamte Team der «Gewerbziitig Wädi» – Peter und Elisabeth Ziegler von ganzem Herzen! Die wunderbaren historischen Beiträge haben die «Gewerbziitig Wädi» in den letzten zehn Jahren bereichert und werden unersetzbar sein.