Unser kleiner Hof reichte nur für das Allernötigste. Das Milchgeld sank immer mehr, aber die Zinsen blieben gleich hoch. Wenn man Weizen säte, wollte ihn kein Müller kaufen mit der Begründung, der Amerikaweizen sei viel schöner. Brot konnten wir leider nicht selber backen, weil der Ofen keine Unterhitze abgab. Mit Bitten und Anhalten und weil wir gute Brotkunden waren, liess sich ein Müller doch erweichen.
Verschiedene Bauern machten Konkurs, weil sie ihre Güter in der besten Milchpreiszeit zu teuer gekauft hatten.
Einmal, als die Mutter und ich allein in der Küche arbeiteten, kam sie mir so still vor. Dann erzählte sie mir, dass sie grossen Kummer hätten, sie brächten den Zins auch nicht mehr zusammen. Letztes Jahr, als der Vater verspätet zinsen wollte, sagte der Bankverwalter, es sei schon in Ordnung gebracht worden, er dürfe ihm die Quittung überreichen. Nie erfuhren wir, wer das für uns bezahlt hatte. Wir vermuteten, der Verwalter selbst.
Die Mutter war traurig. Sie sah im Geist all die Bauern, die die Höfe verlassen mussten. Und jetzt sollten auch sie sich damit befassen. Für den Vater, der so fleissig gearbeitet hatte, wäre es furchtbar, wenn er den Hof aufgeben müsste. Ich fragte die Mutter, wann denn diese Zinserei endlich aufhören würde, einmal hat man doch fertig bezahlt. Mutter wollte es mir erklären, aber ich verstand es noch nicht.
Mit schwerem Herzen ging ich damals ins Bett, wälzte mich hin und her, sah meine kleinen Geschwister im Strassengraben liegen oder wie wir in einem leeren «Ströischüürli» Unterschlupf fänden. Endlich schlief ich ein.
Etwa vierzehn Tage später kam der Vater vom Feld zum Mittagessen und erzählte, heute sei ihm etwas Sonderbares passiert. Ein gut gekleideter Mann sei plötzlich vor ihm gestanden mit der Frage, ob er nicht Land brauchen könnte. Im Moment habe er wahrhaftig gedacht, ob dies nicht eine Engelsbotschaft sei. «Land, das wäre ja gut, aber ich kann ja auch nicht mehr zinsen, wie sollte ich da Land kaufen können?» Der Fremde sagte: «Der Fleiss entscheidet und die Mithilfe der Kinder. Über das Geld lässt sich reden.» Er verabschiedete sich mit den Worten: «Ich komme wieder.»
Der Landkauf kam mit Unterstützung durch eine Tante zustande und der vorherige Besitzer, der Konkurs gemacht hatte, musste wegziehen. Er war furchtbar wütend über uns, sagte uns Kindern und dem Vater alle Schande, wenn wir dort etwas zu tun hatten. Dieser Bauer tat uns so leid. Man erzählte, dass seine Frau das Wenige, das einging, jeweils schnell wieder forttrug.
Mehr Land erforderte auch mehr Kühe. Eines Tages stand ein Wirt und Viehhändler im Stall und sagte: «Ich bringe euch ein paar Kühe zur Probe. Wir reden dann später über Zahlungsbedingungen. Ich habe Vertrauen zu einem soliden Mann.» Meine Eltern kamen kaum aus dem Staunen heraus. Wohl gab es noch eine harte Zeit, bis alles abbezahlt war, aber nachher ging es zusehends besser.