GEMEINDERATSPRÄSIDENT IN EINEM JUBELJAHR

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2003 von Kurt Schreiber
 
So stellte sich 2002 zu Beginn meiner Amtszeit als Gemeinderatspräsident dar, denn die Expo 02 als nationales Ereignis öffnete bald ihre Tore. Zwar wurde darüber immer wieder geschimpft, sie sei zu teuer, sei nicht umweltfreundlich genug und entspreche nicht den Vorstellungen der Bevölkerung. Der Erfolg hat den Zweiflerinnen und Zweiflern glücklicherweise nicht recht gegeben. Die Schweizer Bevölkerung hat gezeigt, dass sie sich begeistern lässt und auch hingeht. Auch wenn dies Geld gekostet hat. Das positive Erlebnis wiegt diese Ausgaben bei weitem auf. Es hat mich gefreut, in diesem Jahr das Gemeindeparlament zu leiten – noch mehr hat es mich gefreut, mit einer kleinen Gemeinderatsdelegation die Expo besuchen zu dürfen. Es war ein schöner, unvergesslicher Tag, der nur durch die künstliche Wolke in Yverdon ein wenig vernebelt wurde, aber auch das war schön.
Eigentlich ist es immer dasselbe: Ein Projekt wird vorgestellt, man packt es an, es gibt Schwierigkeiten, es wird in der Luft zerrissen, schliesslich gelingt es doch, die Eröffnungsfeierlichkeiten hinter sich zu bringen, und plötzlich ist das Vorhaben ein phantastischer Erfolg. Vielleicht erinnern wir uns daran, wenn neue, ähnliche Vorhaben verwirklicht werden sollen – auch in Wädenswil.

Gemeinderatspräsident Kurt Schreiber.

PROJEKTE

Und wie sieht es denn bei uns in Wädenswil mit neuen Projekten aus? Wir haben zwar keinen Saal mehr, wo grössere Anlässe durchgeführt werden können. Und im Zentrum ist seit Jahren Blockade angesagt, weil die einen finden, es brauche beispielsweise mehr Parkplätze und die andern die gegenteilige Meinung vertreten. Mit der Flaniermeile im Zentrum sind alle einverstanden, wo aber der anfallende Autoverkehr durchgeleitet werden soll, ist Gegenstand heftiger Kontroversen. Trotzdem – an der Ausstellung «Wädensville» sind Ideen und Gedanken aufgezeigt worden, die zu einem attraktiven Zentrum in Wädenswil führen können. Auch hier gilt: Wagen statt klagen.
 

MIT KLEINEN SCHRITTEN IN DIE ZUKUNFT

Ja, es geht vorwärts, in kleinen Schritten zwar, aber immerhin. So ist im letzten Jahr das obere Teilstück der Tiefenhofstrasse erstellt worden, womit eine Überbauung realisiert werden kann, die vielen Menschen ein Zuhause in Wädenswil bieten wird. Oder das Theater Ticino, das nun modernisiert wird und weiterhin weit über die Stadtgrenzen hinaus als kleine oder mittlere Kleinkunstbühne seine Besucherinnen und Besucher zum Nachdenken anregt, unterhält oder erfreut. Ebenso hat sich das Wädenswiler Parlament in sportlichen Bereichen sportlich gezeigt. Innert Rekordfrist wurde das Projekt des Garderobengebäudes für den Fussballclub in der Beichlen genehmigt.

WERMUTSTROPFEN RICHTUNG VERGANGENHEIT

Auch den gibt es. Es ist der vorläufige Verzicht auf eine moderate Erneuerung unseres Ortsmuseums «zur Hohlen Eich». Finanzielle Gründe waren dafür massgebend. Das Gebäude wird nun leer stehen, kann nicht genutzt werden und die Exponate werden eingelagert. Auch dieser Zustand kostet Geld. Jede Zukunft baut auf der Vergangenheit auf – vieles ist dann besser verständlich, wenn es besichtigt und so die Vergangenheit lebendig gemacht werden kann. Muss also immer die Rentabilität der Massstab aller Dinge sein? Gibt es nicht auch noch andere Werte?
 

ÄNDERUNGEN IM PARLAMENTSBETRIEB

Für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier hat sich einiges geändert: Das Wädenswiler Parlament zählt nur noch 35 Mitglieder und mit der neuen Geschäftsordnung hat es im übertragenen Sinn einen Neubau bezogen. Es mussten noch einige Anpassungen im Sinne von Garantiearbeiten vorgenommen werden, beispielsweise der Erlass eines Reglements für den Einsatz einer parlamentarischen Untersuchungskommission. Das Parlament ist zwar kleiner geworden, hat sich aber höhere Entschädigungen zugesprochen. Ist dies Ausdruck von Unbescheidenheit? Die Antwort lautet «nein», denn die letzte Anpassung liegt mehr als fünfzehn Jahre zurück und der Zeitaufwand für die Gemeinderätinnen und -räte ist ein Mehrfaches höher als die Dauer einer Sitzung. Gute Arbeit gehört angemessen entschädigt und das Wädenswiler Parlament leistet gute Arbeit. Gleichwohl wird dies für mich bedeuten, dass ich als der teuerste Gemeinderatspräsident in die Wädenswiler Geschichte eingehen werde. Ich kann gut damit leben.

AM GLEICHEN STRICK IN DIE GLEICHE RICHTUNG ZIEHEN

Es sind kleine Schritte, die im Jahr 2002 unternommen worden sind, denn im Parlament mussten keine spektakulären Beschlüsse gefasst werden. Es wurden aber Zeichen gesetzt für eine Kultur, die weit über unser Dorf hinaus strahlt und es wurden – ausserhalb des Parlaments – Ideen für die Gestaltung unseres Zentrums vermittelt. Ideen und Projekte sind also vorhanden, zu ihrer Verwirklichung werden Kompromisse notwendig sein. Damit wird sich die Wädenswiler Legislative in Zukunft befassen dürfen. Wagen statt klagen – so muss die Devise lauten. Es wäre schön, wenn in diesem Sinn alle am gleichen Strick ziehen – in die gleiche Richtung!
 



Kurt Schreiber, Gemeinderatspräsident 2002/2003