Die Wädenswiler gaben sich aber nicht geschlagen. Sie wollten nun versuchen, unter Mithilfe der Südostbahngesellschaft ein eigenes Dampfbootunternehmen zu gründen. Südostbahngesellschaft und Dampfbootgesellschaft liessen sich ja gut unter eine Verwaltung mit Sitz in Wädenswil stellen. Zudem verfügte die Südostbahn über eine eigene Reparaturwerkstätte in Wädenswil, wo auch Reparaturen am Dampfschiff ausgeführt werden konnten und wo das Personal des Dampfbootes den Winter über Arbeit fand.
Im Winter 1893/94 bildete sich in WädenswiI ein Initiativkomitee, welches die Dampfbootgesellschaft verwirklichen wollte. Ihm gehörten folgende Herren an:
1. Jakob Höhn, Gemeindeschreiber;
2. Albert Kunz-Lochmann, Gemeindepräsident;
3.
Emil Gessner-Heusser, Seidenindustrieller;
4.
Robert Haab, Rechtsanwalt, (später Bundesrat);
5. E. Auer, Betriebsdirektor der Südostbahn;
6. E. Hauser, Leihkassaverwalter.
Am 23. Oktober 1893 schon hatte die Direktionskommission der Sehweizerischen Südostbahn vertraglich die Zusicherung gegeben, dass die SOB den Betrieb auf Rechnung der Dampfbootgesellschaft übernehmen und die Verwaltung unentgeltlich besorgen werde. Eine direkte Schnelldampferlinie für den Personen- und Güterverkehrs zwischen Zürich und Wädenswil zu schaffen, bessere Anschlüsse an die Südostbahn und gute Verbindungen zu den rechtsufrigen Seegemeinden herzustellen – das waren, die Hauptziele der Wädenswiler Initianten. Ihren Bemühungen war Erfolg beschieden. In der Stadt Zürich, in Herrliberg, Erlenbach und Meilen fanden sich Gleichgesinnte. Anfang März 1894 lud das Initiativkomitee in einem längeren Aufruf in der Lokalpresse zur Aktienzeichnung ein. Im Prospekt wies man darauf hin, dass die vorgesehene Aktiengesellschaft
«Dampfbootgesellschaft Wädensweil» unter denkbar günstigen Verhältnissen ins Leben gerufen werden könne: Bequeme Verbindungen mit den bestehenden Bahnen und die Hebung des Fremdenverkehrs auf dem Zürichsee entsprächen einem Bedürfnis. Die Verbindung Zürich–Wädenswil, mit Anschlüssen an die Schnellzüge der NOB und an die Züge der SOB werde in den Monaten Mai bis September äusserst stark frequentiert sein. Die Konzession für den Betrieb war schon für den Sommer 1894 zugesichert. Den Aktionären garantierte man ermässigte Fahrpreise.
Für den Betrieb der «Dampfbootgesellschaft Wädensweil» war ein Aktienkapital von 250‘000 Franken vorgesehen. Es war eingeteilt in 500 auf den Namen lautende Aktien zu 500 Franken. 200 Aktien waren vom Initiativkomitee und von Freunden des Unternehmens bereits gezeichnet worden. Die restlichen 300 schrieb man für die Zeit vom 12. bis 15. März 1894 zur öffentlichen Subskription aus. Subskriptionsmeldungen nahmen die
Leihkasse Wädenswil, die Eidgenössische Bank in Zürich, der Zürcher Bankverein in Zürich und die Leihkasse Meilen-Herrliberg in Meilen entgegen. Bis zur Eröffnung des Betriebes sollten 4 Prozent Zins ausbezahlt werden.
Am Donnerstag, den 17. Mai 1894, nachmittags zwei Uhr, trafen sich 60 Aktionäre, welche 357 Aktien vertraten, im
Gasthof Engel in Wädenswil zur konstituierenden Generalversammlung der «Dampfbootgesellschaft Wädensweil». Auf der Liste standen sieben Geschäfte. Unter Traktandum 1 wurde notariell beglaubigt, dass die 500 aufgelegten Aktien vollständig gezeichnet und dass die gesetzlichen Einzahlungen von 20 Prozent geleistet waren. Der Aktienbesitz verteilte sich auf 149 Aktionäre. Herrliberg hatte 60, Obermeilen 40 und Erlenbach 20 Aktien übernommen. Hierauf genehmigte die Versammlung drei Verträge, wonach die «Dampfbootgesellschaft Wädensweil» unentgeltlich die Landungsstege in Herrliberg, Obermeilen und Erlenbach benutzen durfte. Dann hiess man die Vereinbarung mit der Südostbahn betreffend die Übernahme des Betriebes gut. Nachdem auch die Statuten genehmigt worden waren, wählte man den Verwaltungsrat. Er wurde aus folgenden Herren bestellt:
1. A. Kunz-Lochmann, Gemeindepräsident, Wädenswil;
2. J. Höhn, Wädenswil;
3. E. Gessner-Heusser, Wädenswil;
4. Dr. R. Haab, Wädenswil;
5. Dr.
F. Felix, Wädenswil;
6. Herrn Kunz-Huber, Obermeilen;
7. Hptm. Dändliker-Fierz, Herrliberg.
Leihkassenverwalter Hauser und Direktor Auer hatten eine Kandidatur abgelehnt. Zu Rechnungsrevisoren wurden die Herren
Fritz Weber-Lehnert in Wädenswil und Präsident Weinmann in Herrliberg gewählt. Unter Traktandum 7 erfuhr man erste Angaben über die geplante Anschaffung von zwei Dampfbooten. Für deren Lieferung lagen Offerten von den Firmen Escher Wyss in Zürich, King & Co. in Wollishofen und Gebrüder Sulzer in Winterthur vor, welche der Verwaltungsrat aber noch genauer überprüfen wollte. Die Vollmachterteilung an den Verwaltungsrat zur Anschaffung des Fahrmaterials sollte daher einer späteren Generalversammlung vorbehalten werden.
Der Anfang war aber gemacht. Zufrieden durfte der Berichterstatter im «Anzeiger vom Zürichsee» notieren: «So ist denn das so viel umstrittene und besonders von Zürich aus so wenig nobel hintertriebene Unternehmen aus seinem Embriozustand herausgetreten und wird, so wollen wir hoffen, zur Ehre der Gemeinde und der Initianten ein wenn auch bescheidenes, aber lebensfähiges Glied in der Kette unserer übrigen gemeinnützigen Unternehmungen bilden.