Gebrüder Bräm

Quelle: Architektenlexikon der Schweiz 19./20. Jahrhundert (Isabelle Rucki und Dorothee Huber (Hrsg.), im Birkhäuser Verlag Basel, 1998

BRÄM, ADOLF (1873–1944)

Bräm, Adolf * 21. September 1873 in Zürich, ✝ 14. Mai 1944 in Zürich, Architekt
Adolf Bräm machte 1889-92 eine Lehre bei Architekt Ernst Diener in Zürich-Hottingen und besuchte 1892-95 das Technikum Winterthur. Ab 1895 arbeitete er in verschiedenen Architekturbüros, u.a. bei Gustav Gull in Zürich, 1902-06 bei Curjel und Moser (Robert Curjel, Karl Moser) in Karlsruhe. 1906-11 war er in Zürich als selbständiger Architekt tätig, ab 1911 in der gemeinsamen Firma mit dem Bruder Heinrich. Bräm war Mitbegründer des BSA.

BRÄM, HEINRICH (1887–1956)

Bräm, Heinrich * 02. September 1887 in Zürich, ✝ 13. August 1956 in Zürich, Architekt
Heinrich Bräm absolvierte kein akademisches Studium, sondern ging bei den Architekten Pfleghard und Häfeli in Zürich in die Lehre. Danach arbeitete er in verschiedenen Architekturbüros, u.a. bei Bruno Möhring in Berlin. Studienreisen führten in nach Italien. Ab 1911 war er in Zürich tätig. 1931-34 bekleidete er das Amt des Obmannes im Zentralvorstand des BSA. Nach dem Tod von Adolf Bräm 1944 führte er zusammen mit seinem Sohn Heinrich das Büro weiter. Freundschaft und wiederholte Zusammenarbeit verbanden ihn mit den Künstlern Paul Bodmer, Hermann Huber, Reinhold Kündig, Otto Kappeler. In langjähriger Tätigkeit engagierte er sich in der Zürcher Kunstgesellschaft. In der Firma «Gebrüder Bräm» übernahm Heinrich in erster Linie die architektonische Gestaltung, während Adolf eher für die technische und kaufmännische Durchführung verantwortlich war.
Die frühen Bauten der Gebrüder Bräm in Zürich (Wohnhauszeile Genossenschaft Grundstein, 1912; Arbeiterwohnkolonie der Seidenweberei Am Waser, 1918; Schulhaus Zürich-Letten mit Turnhalle, 1914) wurden im Geist des Heimatstils errichtet. Mit der Siedlung Rebhügel (1918/19) erscheint dieser in versachlichter Form; die Siedlung ist die erste Wohnkolonie Zürichs, in welcher die Bauten in offener Form um rechteckige Grünflächen gruppiert sind – eine Siedlungsform, die v.a. im Züricher Wohnungsbau der späten 1920er Jahre eine wichtige Stellung einnahm. Die L-förmige Anlage des Zwinglihauses in Zürich (1923-25) mit turmlosem Kirchenbau und Wohn- und Unterrichtstrakt ist ebenfalls einem romantischen Heimatstil verpflichtet.
Bei der Sihlpost in Zürich, 1923-29 als Eisenbetonbau erstellt, orientierten siech die Gebürder B. erstmals an den Formen des Neuen Bauens, verzichteten aber auf Bandfenster. Alt konsequentere Beispiele des Neuen Bauens entstanden 1934 in Zürich das Victoriahaus als Stahlskelettbau mit breit angelegtem Eckerker und 1934/35 das Krankenhaus Wädenswil, ein langgezogener Bau mit halbrund ausschwingenden Schmalseiten (wie bereits beim Säuglings- und Mütterheim Elfenau in Bern, von Otto R. Salvisberg, 1928-30).
Sihlpost, Zürich (1923-29).
 
In der Wohnkolonie an der Saatlenstrasse in Zürich-Oerlikon (1943/44) waren je vier Einfamilienhäuser unter einem Satteldach zusammengefasst; asymmetrisch ansetzende Verbindungsbauten schlossen die Bauten zu unregelmässigen Zeilen zusammen. Grosszügige Gärten verstärkten den ländlichen Charakter der breitgelagerten, zweigeschossigen Riegelbauten mit grauen Putzflächen und hell gestrichenen Riegeln, die damit an Bauernhäuser erinnerten.
Nach den frühen Heimatstilbauten näherten sich die Gebrüder Bram mit dem Bau der Sihlpost den Stilmitteln des Neuen Bauens an. Die Bauten der 40er Jahre, etwa die Wohnkolonie Saatlenstrasse und das Postgebäude Zum Ritter, belegen die Wende zum Regionalismus der Landizeit, der auch das späte Bauen Heinrich Bräms nach dem Tod seines Bruders in der Gemeinschaft mit seinem Sohn bestimmte. Den betreffenden Bauten fehlt die «Bodenständigkeit» des Heimatstils der 1910er Jahre; sie sind indessen gekennzeichnet von einer Rückwendung zu überlieferten Formen und Materialien, zur geschlossenen Wand und zum Dekor.


Werkauswahl

Gebr. Bräm: Zürich, Genossenschaftsbauten Grundstein (1912); Schulhaus Letten (1914); Arbeiterwohnkolonie der Mechanischen Seidenstoffweberei Höngg AG (1918, abgebrochen 1981); Wohnkolonie Rebhügel (1919); Siebnen SZ, Verwaltungsgebäude und Zentrale des Kraftwerks Wäggital (1923/24); Zürich, Zwinglihaus (1924/25); Sihlpost (1923-29); Wädenswil, Altersheim (1928); Baden, Wohnhaus Dr. M.-S. (1929); Zürich, Wohnkolonie Schweighof (1929/30); Rickenbach bei Wil, Wohnhaus E.-B. (1932/33); Zürich, Gesellschaftshaus Testa, Talstrasse (1931); Umbau Gesellschaftshaus Zum Rüden (1933); Geschäftshaus Victoria (1934); Wädenswil, verschiedene Geschäftshäuser am Bahnhofplatz und Krankenhaus (1934/35); Zürich Umbau Haushaltungsschule Zeltweg (1939); Wohnkolonie Glattal (1943); Postgebäude Neumünster (1944); Wohnkolonie Saatlenstrasse (1943/44, abgebrochen 1975).
Heinrich Bräm und Sohn: Zürich, Geschäftshaus mit Postlokal Höschgasse (1948); Geschäftshaus mit Postlokal Mühlegasse (1949); Wohnhaus mit Postlokal Hirschwiese (1950); Horgen, Kaufhaus Talgarten (1950); Umbau und Erweiterung Krankenhaus (1952-54); Regensberg, Erziehunganstalt (1953/54); Affoltern a.A., Bezirksspital (1956).

Lit. [Auswahl]

KLS 1; Allg. Künstlerlexikon 13; Werk 17 (1930), 321-332, 339-342; SBZ 97(1931), 149-168; ebd. 124 (1944), 76f. [Nekrolog Adolf B.]; Werk 34 (1947), 159f.; SBZ 74 (1956), 694f. [Nekrolog Heinrich B.]; Werk (Chronik) 43 (1956), 204-206 [Nekrolog Heinrich B.].

[cornelia bauer]