HERBSTBRÄUCHE IN WÄDENSWIL
Quelle: Gwerbziitig Wädi, Dienstag, 12. Dezember 2023 von Peter Ziegler
Dies ist der letzte Beitrag zur 2013 begonnenen Serie «WÄDI IM WANDEL». Er gilt dem im Herbst gelebten neueren Brauchtum in Wädenswil.
Adventsfenster am Schulhaus Eidmatt II, 2001.
Viehschau in Hütten 2019.
Trotte im Weinbaumuseum Halbinsel Au.
Marroni-Toni im Stand am Plätzli, 1989.
Der Bau der A3 nötigte zum Umzug an den heutigen Standort
Oedischwänd, wo am dritten Donnerstag im Oktober Kühe und Stiere prämiert und die «Miss Wädenswil» sowie die «Miss Bezirk Horgen» gekürt wird. 2015 präsentierten 15 Bauern aus Wädenswil und Schönenberg rund 400 Tiere der Kategorien Brown Swiss, Originalbraunvieh und Fleckvieh. Zum Anlass gehört ein Rahmenprogramm. 2005 zum Beispiel mit Steinstossen, Streichelzoo, Festwirtschaft, Musik und Tanz.
Die erste Viehprämierung in Hütten fand am 8. November 1919 statt. Hundert Jahre später wurden 487 Kühe und Rinder aufgeführt. Seit 1969 bildet ein Umzug durchs Dorf mit musikalischer Begleitung und Apero beim Restaurant Schöntal den Abschluss der Viehschau in Hütten.
Räbeliechtli
Ernst Hiestand, Lehrer an der Primarschule Ort, veranstaltete 1930 mit seinen 48 Schülern einen ersten Räbeliechtliumzug in der Au. Der 1961 gegründete
Quartierverein Au liess den
Räbeliechtli-Umzug neu aufleben. Immer am letzten Samstag im Oktober führt ein von der
Jugendmusik Wädenswil begleiteter Umzug ab Schulhaus Steinacher durch die Quartierstrassen der
Au. 2004 nahmen über 500 Personen teil.
Anfang November 2001 zogen Buben und Mädchen aus Kindergarten und Unterstufe mit verzierten Räbenlichtern, die sie gemeinsam hergestellt hatten, durch Hütten. Am 7. November 2006 zeigten über 200 Schulkinder einen Räbeliechtli-Umzug in Schönenberg. 2004 organisierten Elternrat und Schule Eidmatt einen Räbeliechtli-Umzug im Zentrum von Wädenswil. Er fand Anklang und wurde 2005, 2007, 2011, 2015, 2017 und 2023 wiederholt.
Musik
Auf 1972 zurück geht der Brauch der Turmmusik. Zuerst in der Silvesternacht, später am ruhigeren Weihnachtsabend, lassen Mitglieder des Brass Band Posaunenchors von 19 bis 19.30 Uhr vom Turm der reformierten Kirche Musik erklingen. Die
Blaskapelle Zimmerberg hat jeweils Ende Jahr ihren Auftritt.
Adventsfenster
In den 1990er Jahren verbreitete sich am Zürichsee ein neuer Brauch: die Adventsfenster.
Unterwegs mit den Räbenlichtern.
Kammerorchester im Schloss Au, 2003.
Weihnachtsbeleuchtung an der Zugerstrasse, 1984.
Krippen und Krippenspiele
In den Kirchen zur Adventszeit Krippen aufzustellen, war ursprünglich ein katholischer Brauch. Am Zürichsee gehörten die Weihnachtskrippen zur Ausstattung der seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu erbauten katholischen Kirchen. Die Figuren aus Gips in der
katholischen Kirche Schönenberg zum Beispiel stammen aus dem Jahre 1906. Der Brauch wurde später von den Reformierten übernommen. Besonders eindrücklich ist die Krippe, die jeweils in der
reformierten Kirche Hütten aufgestellt wird.
Noch vor dem 24. Dezember, und damit kalendarisch im Herbst, finden die Weihnachtsfeiern der Sonntagsschulen statt. Die erste Feier in der
Kirche Wädenswil gab es 1904. Noch heute ist sie geprägt vom bis zur Decke reichenden Tannenbaum, den aufflackernden Zündschnüren im dunklen Raum, dem Leuchten der vielen Kerzen, dem Krippenspiel, der Weihnachtsgeschichte, den Weihnachtsliedern und den Geschenkpäcklein. Während in Wädenswil noch heute Zündschnüre und Kerzen verwendet werden, sind Schönenberg und Hütten aus Sicherheitsgründen zu elektrischer Beleuchtung übergegangen.
Kern der Sonntagsschulweihnacht ist das Krippenspiel. Viele Stücke wurden von Pfarrern geschrieben, in Wädenswil z. B. von Andres Boller (1997, 2004), Konrad Müller (1993), Andrew Bond (2000, 2001) und Ernst Hörler (2010). Im Jahre 2001 begaben sich die Kinder in Schönenberg auf einen Krippenweg rund um die Kirche. Maria und Josef mit Esel suchten in der nahen Wirtschaft «Rössli» ein Obdach, wurden aber abgewiesen. Hierauf konnten sie sich bei den Hirten am Feuer wärmen. Auch in der
Stiftung Bühl ist das Krippenspiel Tradition.
Krippenspiel an der Sonntagschulweihnacht 2001 in Wädenswil.
Herbstmarkt in der Gerbestrasse, 1996.
Tirggel aus Wädenswil und Schönenberg
Johann Jakob Suter eröffnete 1840 an der Hinteren Lände in Wädenswil eine Bäckerei und stellte Honigtirggel her. 1891 übernahmen die Söhne Albert und Jean Suter das Geschäft, statteten den Betrieb mit Maschinen eigener Konstruktion aus und vollzogen den Schritt vom Handwerk zur Fabrik. Willi Suter aus der dritten Generation ersetzte am neuen Domizil zwischen Etzel- und Schlossbergstrasse den alten Holzofen durch einen mit Gas beheizten, schaffte eine Auswallvorrichtung an und vergrösserte seine Modelsammlung.
1949 verlegte der Sohn Willy Suter jun. Den Betrieb von Wädenswil nach Winterthur und nach einem Brand 1958 nach Schönenberg. 1972 verkaufte Willy Suter seine Einzelfirma an die
Biscuits-Suter AG, die im 1988 bezogenen Neubau am Tirggelweg in Schönenberg jährlich rund 70 Tonnen Tirggel produziert.
Kerzenziehen
Beliebt geworden ist das Kerzenziehen in der Adventszeit. In Wädenswil kennt man den Brauch seit 1975. Vielfach sind es Frauenvereine, Elternvereine oder
Freizeitanlagen, welche damit einem gemeinnützigen Zweck dienen. Aber auch in Schulhäusern, Kirchgemeindehäusern oder auf dem Adventsmarkt bietet sich für Jung und Alt Gelegenheit, sich in der Kunst des Kerzenziehens zu üben. Im November 2023 organisierte die reformierte Kirche Schönenberg-Hütten ein Kerzenziehen.
Tirggel mit reformierter Kirche Wädenswil als Sujet.
Kaltwasserschwimmen
Zum Wädenswiler Brauchtum zählt auch das von der
Sektion Wädenswil der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft organisierte Kaltwasserschwimmen, bei dem Schwimmerinnen und Schwimmer im Dezember im kalten Zürichsee hundert Meter zurücklegen. Geschwommen wurde z. B. am Chlaustag 2015 bei 7 Grad Wassertemperatur im
Hafenbecken Rietliau und 2022 fand im
Strandbad bereits das 48. Kaltwasserschwimmen statt.
Eisbahn
Im Oktober 2001 wurde der Verein
Eisbahn Wädenswil gegründet. Er betreibt alljährlich ab Anfang November auf dem Seeplatz ein 30 × 15 Meter grosses Eisfeld. 2021 wurde bereits die zwanzigste Saison eröffnet mit der Eiskunstläuferin Sarah Meier, seit der Verheiratung Sarah van Berkel, als prominentem Gast. Auffälliges Merkmal der Eisbahn ist neuerdings die Glaskugel (Rondodrom) mit Kiosk und Verpflegungsangeboten. An der Eröffnung 2023 war Denise Biellmann Ehrengast.
Importiertes Brauchtum
Halloween, Import aus USA der 1990er Jahre, hat sich in Wädenswil nicht durchgesetzt. Eine Ausnahme bildet das Haus Florhofstrasse 22. Dessen Besitzer dekoriert die Fassade alle Jahre im Hinblick auf Halloween mit grossem Aufwand zum Gruselhaus mit Gerippen und Totenköpfen.
Zwei aus Deutschland stammende Bräuche dagegen konnten hier Fuss fassen: Am 11. November 1992 abends um elf Uhr elf wurde im
Wädi-Brau-Huus die
Fasnacht eröffnet. Am 11.11.2007 tauften Mitglieder der Guggenmusik
Wadinschränzer um 11 Uhr 11 ihre dritte CD. 2013 organisierte die Fasnachtsgruppe Trinkspiration am 11.11. auf dem Platz vor dem Coop ein Fest, das 2023 erstmals auf dem Eidmattplatz stattfand. 2016 wurde die Fasnachts-Clique «Friilänzer Wädenswil» gegründet, welche das neuste Fasnachtsbrauchtum pflegt. Am 11. November 2017 eröffneten die Guggenmusiken «Wadin Schränzer» und
«Trubadix» sowie die
Tambouren Wädenswil auf dem Kantonsplatz die Fasnacht 2018. Guggenmusik-Klänge auf dem Platz vor dem Coop läuteten am 11.11. um elf Uhr elf die Wädenswiler Fasnacht 2022 ein.
Ende September 2012 fand auf dem Seeplatz bis zum 6. Oktober das erste
Oktoberfest Wädenswil statt. Nach ein paar Jahren auf dem Seeplatz zog man auf eine Wiese im Neubüel, wo der Anlass 2023 zum 11. Mal durchgeführt wurde. Organisiert wird er von der Sivex GmbH, einer Gründung von drei Wädenswiler Jungunternehmern.