Bei der «Sonne»

Quelle: Rundgang I durch Wädenswil, Publikation 1989 von Peter Ziegler

Sekundarschulhaus/Gewerbeschulhaus

Anfänglich bezog die 1836 eröffnete Sekundarschule Wädenswil-Schönenberg gemietete Unterrichtsräume in verschiedenen Gebäuden. 1867 begann man mit dem Bau eines eigenen Schulhauses am Standort des abgebrochenen Blattmannschen Bauernhofes «auf dem Platz».
Am 17. August 1868 wurde der Neubau eingeweiht. Er diente bis zum Bezug des neuen Sekundarschulhauses auf der Fuhr im Frühling 1954 als Sekundarschulhaus und beherbergte dann bis 1971 die Gewerbliche und bis 1975 die Kaufmännische Berufsschule. An diese Zeiten erinnert die Hausbezeichnung Gewerbeschulhaus. Seit 1975 sind im ersten Wädenswiler Sekundarschulhaus die Stadtpolizei, das Sekretariat der Primarschule und die Musikschule untergebracht. Das ehemalige Sekundarschulhaus ist ein voluminöser, dreigeschossiger Massivbau mit flachem Walmdach. Dieses trug ursprünglich eine Zinne, die man 1910 bei Einbau eines Zeichensaales in den Dachraum entfernte. Auf der Südostseite teilt ein Mittelrisalit mit dem Haupteingang die Fassade in zwei gleiche Hälften. Auf der Nordwestseite springt ein Treppenturm mit Giebeldach weit aus der Fassade hervor. Die Aussenwände des Kellergeschosses sind mit mächtigen Quadern verkleidet. Rundum laufende schmale Gesimse gliedern den mit profilierten Fensteraufsätzen im ersten Obergeschoss und mit Würfelfries unter der Dachuntersicht verzierten Bau. Die gesprossten Fenster sind in je sechs Achsen angeordnet.
(Über die Sekundarschule vgl. Peter Ziegler, Von der Sekundarschule zur Oberstufe Wädenswil, Wädenswil 1986.)
65 Erstes Sekundarschulhaus, erbaut 1867/68.

66 Sekundarschulhaus. Aufnahme vom Jubiläum «50 Jahre Sekundarschule Wädenswil-Schönenberg», 27. Juni 1886.

Haus «Zur Sonne»

Am Standort des um 1500 gebauten und 1821 abgebrochenen Wädenswiler Richt- und Gesellenhaus mit Tanzlaube und Gerichtsstube erstellt die Gemeinde nach den Plänen des einheimischen Geometers Rudolf Diezinger (1770−1847) – zum Teil im Frondienst – das Gemeindewirtshaus «Sonne». Es wurde 1822 vollendet und erstmals an einen Gemeindewirt verpachtet. 1898 veräusserte die Gemeinde die Liegenschaft an einen Privaten. 1911 eröffnete Robert Matzinger im käuflich erworbenen Haus mit privater Unterstützung des «Alkoholfreien Gasthof zur Sonne». 1976 löste sich die seit 1919 bestehende «Stiftung Alkoholfreies Gemeindehaus zur Sonne» auf und schenkte die Liegenschaft der Stadt Wädenswil; Mitte März 1984 wurde der traditionsreiche Gasthof in aller Stille geschlossen. Seit dem Umbau und der Restaurierung von 1987/88 enthält das Haus «Zur Sonne» im Erdgeschoss eine Küche und zwei mietbare Säle – mit Bildern der Wädenswiler Kunstmaler August Weber und Ernst Denzler -, im ersten und zweiten Obergeschoss Räume für den Sozialdienst und das Jugendsekretariat, im dritten Obergeschoss und im Dachgeschoss Wohnungen.
67 Haus «Zur Sonne», nach der Restaurierung von 1987/88.

68 Haus «Zur Sonne»: Türsturz in der Westfassade.
71 Sonnenbrunnen von 1814: Altes Gemeindewappen am Brunnentrog.

Das stilgerecht restaurierte klassizistische Haus weist in den Längsfassaden sechs, in den beiden anderen Fassaden vier Fensterachsen auf. Die Lukarnen auf dem geschweiften Walmdach – der grosse, die Traufe durchbrechende Ausbau gegen die Schönenbergstrasse entstand kurz vor 1900 – wurden beim Umbau zum Teil erneuert und in ihrer Wirkung vereinheitlicht. Im Sturz der hinteren Haustüre – diese befindet sich im aus der Westfassade vorspringenden Treppenturm – sind das alte Wädenswiler Wappen mit der Jahrzahl 1821 zu beachten. Die Rundbogenfenster im Erdgeschoss der Ost- und Südfassade, der Säulenportikus mit Balkon in der Mittelachse der Ostfassade und der Portikus mit vier toskanischen Säulen und Balkon in der Nordfassade gehen auf einen Umbau von 1921 zurück.
(Zur «Sonne» vgl. Peter Zielger, Das Haus «Zur Sonne» in Wädenswil, Wädenswil 1988.)

Tavernenschild «Sonne»

Ein besonderes Schmuckstück ist das 1822 vom Wädenswiler Schlosser Rudolf Haab geschaffene und 1987/88 restaurierte Tavernenschild an der Ostecke des Hauses «Zur Sonne». Es besteht aus drei Hauptelementen: dem Ausleger aus schwarzen Vierkantstäben mit dazwischenliegenden vergoldeten Kugeln, der Haltestange mit vergoldeter Sonne in schwarzem Ring und dem Schild. Der sich verjüngende Teil des Auslegers, mit vier vergoldeten Eichenblättern, endet in einem gestützten, ganzen Vogelkopf, in dessen Schnabel das Schild hängt. Dieses, eine feuervergoldete Sonne mit Dreifaltigkeitsauge, ist mit zwei grünen Lorbeerzweigen eingefasst. Eine vergoldete Masche vereinigt die Zweige unten, eine vergoldete Rose mit grünem Knopf oben, zum Kranz.
69 Haus «Zur Sonne»: Wirtshausschild von 1832.
70 Haus «Bim Platz», erbaut um 1770.

Haus «Bim Platz»

Das dem Haus Sonne benachbarte, 1978 restaurierte Riegelhaus «Bim Platz» (Schönenbergstrasse 6) wurde zwischen 1769 und 1772 vom Färber Hans Heinrich Eschmann gebaut. Er nutzte für seinen Betrieb Wasser des nahen Töbelibaches, der heute eingedohlt im Trasse der Schönenbergstrasse verläuft. Das Färberei- und Mangegebäude stand östlich des Hauses am Bachufer. 1844 wurde der Küfer Caspar Schneider Eigentümer der Liegenschaft. Er fügte dem dreistöckigen Wohnhaus einen niedrigen, zur damals neuen Schönenbergstrasse hin orientieren Werkstattvorbau an. 1848 gründete Heinrich Hochstrasser hier seine Hutfabrik. Bis um 1894 erweiterte man die Fabrikliegenschaft bergseits des Altbaus um ein Wasch- und Färbereigebäude sowie um ein Hutfabrik- und Dampfkesselgebäude mit Hochkamin. Diese Bauten wurden 1967, zwei Jahre nach der Schliessung der Hutfabrik Hochstrasser, abgebrochen, damit an ihrer Stelle der Neubau Blumenstrasse 12 errichtet werden konnte.

Die Hauptfassade des Hauses «Bim Platz» ist gegen die reformierte Kirche hin gerichtet und zeigt Riegelwerk im zweiten und dritten Obergeschoss. Eine Giebelgaube in der Mittelachse durchbricht die Trauflinie. Die breiten, regelmässig verteilten Fenster sind in vier Achsen geordnet. Die gegen die «Sonne» hin orientierte Nordostfassade hat einen extrem hohen, zwei Geschosse umfassenden Sockel. Zweites und drittes Obergeschoss sowie das Giebelfeld sind in Fachwerkkonstruktion ausgeführt. Die Haustüre in der Mitte der Nordwestfassade ist von beiden Seiten her über eine Aussentreppe erreichbar. Die Südwestfassade mit vorgebauter Zinne ist die einzige Wand ohne Riegelwerk. Die wenigen Fenster sind unregelmässig angeordnet. (Zur Hausgeschichte vgl. auch Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1978.)

Sonnenbrunnen

Wir überqueren die Schönenbergstrasse und stehen vor dem Sonnenbrunnen. Dieser Name kam erst in den 1820er Jahren auf, nach dem Bau des Gasthofs «Sonne». Früher hiess der zwischen Kirche und Gesellenhaus gelegene Brunnen, der 1555 erstmals erwähnt wird, Kirchbrunnen. Zwischen 1765 und 1821 sprach man vor allem vom Gemeindebrunnen. 1814 wurde der Brunnen ersetzt. Oberhalb der Gemeindemetzg (abgebrochen 1909) errichtete man in klassizistischen Stil einen Brunnen mit zwei Steintrögen und einer steinernen Brunnenstud mit drei Röhren. Nach dem Abbruch des Metzg- und Spritzenhauses anlässlich der Korretion der Schönenbergstrasse im Jahre 1909 fand der auf einen Trog verkleinerte Sonnenbrunnen auf dem höher gelegten und neu gestalteten Platz einen neuen Standort. 1964, im Zuge der Neugestaltung der Kirchenumgebung, wurde der Sonnenbrunnen abermals verschoben.
Der einfache, querrechteckige Trog mit abgeschrägten Kanten trägt an der Front das von einem Girlandenkranz eingefasste alte Gemeindewappen, die Schnalle mit Querstift, und die Jahrzahl 1814. Hinter dem Trog erhebt sich ein Sockel, an dem die beiden Röhren entspringen. Darauf steht ein vierkantiger toskanischer Pfeiler. Er ist mit Girlanden geschmückt und mit einer Vase bekrönt.
72 Sonnenbrunnen von 1814.

Gewerbehaus

Wir folgen der Schönenbergstrasse Richtung Zugerstrasse und erreichen bei der Abzweigung des Sonnenrains das Gewerbehaus (Schönenbergstrasse 3). Der dreigeschossige Giebelbau mit grossem Treppenturm auf der Nordostseite und zwei Giebelgauben auf der Südwestseite ist am Sturz eines Kellerfensters in der gegen die reformierte Kirche hinauf orientierte Hauptfassade mit 1690 datiert. Hier finden sich auch die Familienwappen Theiler und Huber. Ein Hans Theiler, Schmied bei der Kirche, wird 1699 als Eigentümer dieses Hauses erwähnt. 1733 wurde die Schmiede verkauft, und Johannes Hotz richtete hier eine Färberei ein.
73 Gewerbehaus, Schönenbergstrasse 3, erbaut 1690.

Der Treppenhausanbau entstand 1909. Der hier eingemauerte Türsturz mit der Jahrzahl 1768 dürfte von einem Eingang aus dem vorderen, zur Schönenbergstrasse orientierten Hausteil, hierher versetzt worden sein.
Hier arbeiteten seit den 1750er Jahren die Büchsenschmiede Hotz. 1861 wurde dieses Gewerbe aufgegeben; Färber Heinrich Marthaler richtete nun ein Verkaufslokal ein. 1908 veräusserte Witwe Marie Meier-Marthaler den Besitz als Alleinerbin dem Seidenindustriellen Emil Gessner-Heusser.
(Zum Gewerbehaus vgl. Peter Ziegler, Von der Wädenswiler Büchsenmacher- und Färberfamilie Hotz, «Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee», Nr. 254 vom 31. Oktober 1961.)
74 Gewerbehaus: Alllianzwappen Theiler/Huber am Sturz eines Kellerfensters in der Südwestfassade.




Peter Ziegler