Schulwesen

Quelle: Hütten, Publikation 1987 von Peter Ziegler

Primarschule Hütten

Von einer Schule «im oberen Berg» wird erstmals im Jahre 1640 berichtet. Sie war eine Nebenschule von Richterswil und wurde nur im Winter geführt. 1651 unterrichtete Schulmeister Ulrich Theiler – ein arbeitsamer, unklagbarer Mann – in der «filial Hütten» 40 Kinder aus meist armen Familien.
Zwischen 1710 und 1742 wird ein Schulmeister Hofmann zu Hütten erwähnt. Auch er unterrichtete, wie dies schon Ulrich Theiler getan hatte, in seinem eigenen Wohnhaus.
Hans Eggli erhielt 1757 eine Entschädigung, weil er «die Schule einige Zeit in seiner Stube halten» liess. Dies war während der Zeit, als die Bewohner von Hütten im Frondienst ein eigenes Schulhaus bauten und es mit freiwilligen Steuern bezahlten. Es handelte sich bei diesem 1759 vollendeten Gebäude, das auch ein Zimmer für den Pfarrvikar enthielt, um das heute noch stehende Gebäude Nr. 72 gegenüber der «Krone».
In diesem Haus unterrichteten seit 1760 die Schulmeister Lattmann. Zu dieser Lehrerdynastie gehörten
Heinrich Lattmann-Sauter (1735−1801),
Johannes Lattmann (1736−1814),
Hans Heinrich Lattmann (1769−1837) und
Hans Conrad Lattmann (1812−1889).

Im Jahre 1771 liess der Zürcher Examinatorenkonvent – der unter anderem für die Prüfung und Wahl der Schulmeister zuständige Vorläufer des heutigen Kirchenrates – den Stand des Unterrichtswesens auf der Landschaft erheben. Er tat dies mit einem Fragebogen, den auch Pfarrvikar Nägeli zu Hütten ausfüllen musste. Die 37 Antworten geben einen Einblick in Hüttens Schulverhältnisse: Im Dörfli Hütten bestand damals eine Winterschule, in der fünfzig Kinder im Alter zwischen 6 und 14 Jahren unterrichtet wurden, und zwar etliche Knaben mehr als Mägdlein. Die Schule wurde unterschiedlich besucht. Tiefer Schnee und starker Frost zwangen manch schlecht bekleidetes Kind, daheim zu bleiben. Die Winterschule dauerte von Martini bis Ostern. Von Ostern bis Martini wurde dann Sommerschule gehalten, jedoch nur am Dienstag und Samstag. Es kamen aber ein Drittel weniger Schüler als im Winter. Das Schulgeld, welches die Eltern zu entrichten hatten, reichte für den Lebensunterhalt des Schulmeisters nicht aus. «Er musste die übrige Zeit fleissig arbeiten oder verhungern», heisst es in der Umfrage von 1771. «Er spinnt bisweilen Baumwolle, versorgt sich mit Holz, pflanzt auf fremden Gütern Erdäpfel, wenn er nicht Schule halten muss.»
In Hütten gab es 1771 auch eine Nachtschule. Sie wurde im Winter am Samstag und Sonntag von 18 bis 20 Uhr gehalten und im Sommer am Sonntagabend wie einmal wöchentlich tagsüber. Hier versammelten sich etwa zwanzig der Alltagsschule entlassene Jugendliche bis zum 20. Altersjahr, vor allem, um den Kirchengesang einzuüben.
Die Umfrage von 1771 vermittelt auch ein Bild vom Zustand der Schulstube und vom Lernerfolg. «Die Stube wird fleissig bei offener Türe und Fenstern gewischt und mit Reckholderbeeren geräuchert», heisst es als Antwort auf die Frage 34. Fleissige Kinder erlernten während eines Winters das Buchstabieren, und zwar nach der 1759 bei Ziegler in Zürich gedruckten Anleitung. Als Lesestoff verwendete man Zeugnisbüchlein, Psalter, Testament, Psalmenbuch, bisweilen auch die Donnerstag-Zeitung sowie Kauf- und Schuldbriefe, welche die Kinder von zuhause mitbrachten. Fragstückli, Psalmen, Gebete und einige Lieder von Gellert konnten die Schüler auswendig aufsagen. Das Buchstabieren und Singen gefiel den Kindern am besten, im Rechnen wurde nichts getan. Fast alle Knaben lernten schreiben, aber nur wenige Töchter beherrschten diese Kunst. Für Schwatzhaftigkeit, unnötiges Verklagen und Zuspätkommen teilte der Lehrer Strafen aus: «mit Worten, Setzen vor die Tür, Behalten in der Schule, Rute auf die Finger».
Schulmeister Hans Heinrich Lattmann, der von 1794 bis 1835 amtete, war ein tatkräftiger, vielseitiger Bürger. Es versah auch noch die Ämter des Vorsängers, Sigristen, Ammanns, Gemeindeschreibers und des Vizepräsidenten der Kirchenpflege.
Um 1830 war das Schulhaus Hütten in bedenklichem Zustand. Der Schulofen war schadhaft, die Scheiben waren zerbrochen, es gab zu wenig Schulbänke, und der Sod war verunreinigt. Dazu kam es täglich zu Streit mit den Armenhäuslern, die unter dem gleichen Dach einquartiert waren. Ein Neubau war überfällig.
57 Schulhaus 1759-1838.
 
58 Schulhaus 1838-1968.
Auf dem Platz vor dem früheren Schützenhaus unter der Schanz liess die Gemeinde Hütten 1838 ein neues, vierstöckiges Schulhaus bauen. Das alte Schulhaus beim Sodbrunnen wurde an einen Schneidermeister vergantet. Das neue Schulhaus wurde 1838 sang- und klanglos eingeweiht. Schon während des Bauens war es im Dorf zu Spannungen gekommen. Für weitere Unruhe sorgte der neue Lehrer Hans Conrad Lattmann, der Sohn des 1837 verstorbenen Schulmeisters Hans Heinrich Lattmann. Er beschwerte sich öffentlich über die nachlässige Gemeindeverwaltung und behauptete, der Gemeindepräsident «habe sich vom Bundesmais gemästet». Zwar hatte Lehrer Lattman grossenteils die Wahrheit gesagt. Dennoch geriet er unter die Räder, wurde für sechs Jahre seines Amtes enthoben, verliess Hütten und starb 1889 betagt in einer Seegemeinde.
Im Jahr 1836 zählte die Schule Hütten 140 Schüler in acht Klassen. 1850 nahmen sogar 168 Schüler an einem Gesangsfest teil. Im Schuljahr 1986/87 umfasste die Primarschule Hütten noch 54 Schüler. Die 15 Kinder der ersten Klasse wurden von Susanne Neuenschwander und die elf Knaben und Mädchen der zweiten Klasse von Silvia Noser unterrichtet. Die dritte und vierte Klasse von Hans Lusti zählte je acht, also sechzehn Kinder, und Ruedi Schmid betreute in der fünften Klasse fünf und in der sechsten Klasse sieben Kinder. Christine Limacher unterrichtete Handarbeit.
Das 1968 eingeweihte neue Primarschulhaus am Fuss der Schanz, ein Werk des Wädenswiler Architekten Heinrich Kübler, enthält die vier Klassenzimmer der Primarschule, im Parterre einen Gymnastikraum und im Obergeschoss den Gemeindesaal mit Office. Dem Gebäude ist die Wohnung des Abwarts angefügt. Im 1981 bezogenen Mehrzweckgebäude erhielt die Schule eine neue Turnhalle und Werkräume. Dank zukunftsorientierter Planung kann der Neubau jederzeit um drei Schulzimmer erweitert werden.
59 Das 1968 eingeweihte neue Primarschulhaus am Fuss der Schanz.
 
Seit dem Bezug des neuen Schulhauses bietet das alte Schulhaus von 1838 auf seinen vier Stockwerken Raum für verschiedensten Bedarf. Im Parterre liegt das Probelokal der Dorfvereine. Im ersten Stock befindet sich die 1982 eröffnete Dorfbibliothek mit über 3000 Büchern, 400 Musikkassetten und einer Ludothek. Das zweite Stockwerk beherbergt den seit 1982 geführten Kindergarten und im Dachstock die Schulküche, die Handarbeitsschule und die Gemeindewebstube.

Oberstufe

Ab 1836 bildete Richterswil und Hütten einen Sekundarschulkreis. In Richterswil wurde eine Sekundarschule eröffnet. Diese höhere Schule wurde in zunehmendem Masse auch von Kindern aus Hütten besucht, die allerdings einen weiten Schulweg in Kauf nehmen mussten.
Mit der Oberstufenreorganisation von 1963 – man führte damals die Dreiteilige Sekundarschule, Realschule, Oberschule ein und hob die bisherige 7./8. Klasse auf – wurde die seit 1836 bestehende Sekundarschulgemeinde Wädenswil-Schönenberg zur Oberstufenschulgemeinde Wädenswil-Schönenberg-Hütten erweitert. Bessere Verkehrsverbindungen bewirkten, dass sich Hütten von Richterswil trennte und den Anschluss an Wädenswil suchte. Die Oberstufenschulgemeinde Wädenswil ist eine selbständige Gemeinde mit Urnenabstimmung, Gemeindeversammlung und eigener Schulpflege mit 13 Mitgliedern, von denen laut Gemeindeordnung eines aus Hütten stammt.




Peter Ziegler