Industrie und Gastgewerbe in der Au

Quelle: Die Au gestern - heute, Publikation 1984 von Peter Ziegler

Anfänge im 19. Jahrhundert

Die Industrie hielt in der Au schon ziemlich früh Einzug. Leutnant Hans Caspar Brändli betrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts im Oberort eine Gerberei. Es muss sich um einen Kleinbetrieb gehandelt haben, denn ein Gerbereigebäude wurde erst 1821 von Brändlis Enkel anstelle einer baufälligen Sennhütte oberhalb des Wohnhauses erstellt. 1839 ging die Gerberei im Oberort, welche damals aus einem Wohnhaus, einem Gerbereigebäude, einer Scheune und einem Gerbplatz bestand in den Besitz von Gottlieb Moser über. In der Folge sah die ehemalige Gerberei Brändli häufig wechselnde Eigentümer: von 1843 bis 1858 Frau Karoline Nägeli, von 1858 bis 1864 Schneidermeister Martin Meyer von Baden, von 1864 bis 1874 Mechaniker Johannes Stucki am Oberort. Von 1874 bis 1876 versuchte der Weissgerber Dominik Gensch von Schwyz, das alte Handwerk nochmals zur Blüte zu bringen. Sein Versuch missriet, aber, und so verkaufte er die Liegenschaft einem Oberrieder Geschäftsagenten, welcher sie noch im gleichen Jahr weiterveräusserte. Die Gerberei-Einrichtung wurde entfernt, dafür baute man jetzt eine mechanische Werkstätte ein, zu der nebst einer Esse mit Windflügel auch ein Hochkamin gehörte. Der Betrieb, der zuletzt den Schwestern Sophie und Karoline Holder gehörte, ging um 1920 ein.
Am 30. April 1832 verkauften die Erben des Konrad Schmid dem Färber Konrad Schneider das zwischen Landstrasse und Zopfbach gelegene «Zopfmattli» im Gwad. Auf diesem Grundstück wurde in der Folge ein Haus mit Färberei erstellt. Das Bächlein wurde eingedämmt und der Färberei nutzbar gemacht.
1835 verfügte das Bezirksgericht Horgen den Konkurs über den Färber Schneider. Züger der Liegenschaft war Johannes Hofmann am Sagenbach in Wädenswil. Seine Erben verkauften das Haus – die Färberei war inzwischen eingegangen – einem Jakob Scherer am Meilibach.
Im 19. Jahrhundert wurde das Wasser des Meilibaches für industrielle Zwecke genutzt. In den Jahren 1843/44 baute Johannes Diener von Männedorf am Unterlauf des Baches eine Ziegelhütte mit Trockengebäude und Wagenschopf. Der Betrieb war rasch gefestigt, und so konnte dem jungen Unternehmen schon in den 1850er Jahre ein zweites Fabrikgebäude angegliedert werden, das am Oberlauf des Meilibaches, in der Gegend der Langacher- und Rietwiesstrasse, lag. Ein Weiher speicherte das für den Betrieb des Wasserrades nötige Bachwasser. Den Lehm für die Ziegelfabrikation entnahm man einer Grube im Langacher. Nachdem Diener 1873 gestorben war, führte Johannes Dieners Sohn den väterlichen Betrieb bis 1878 weiter. Dann veräusserte er die Liegenschaft an Adalbert Kurz von Schwamendingen, welcher Eigentümer von zwei Ziegelhütten, eines Brennofens, von möblierten Arbeiterwohnungen sowie aller Werkzeuge und Geräte wurde. Bei der Übergabe versicherte der Verkäufer dem neuen Besitzer, dass die Ziegelhütte pro Saison 500 000 bis 600 000 verkaufsfertige Ziegel herstellen könne. Die Reichhaltigkeit der Lehmlager in der Langwies verbürgte der Verkäufer mit dem Hinweis, der Lehmvorrat reiche mindestens 50 Jahre lang aus, wenn man jährlich 600 000 Ziegel fabriziere. Kurz scheint vom Betriebsergebnis seiner beiden Ziegelhütten am Meilibach nicht befriedigt gewesen zu sein. Jedenfalls verkaufte er sie schon 1880 an Ferdinand Meili von Riesbach bei Zürich. Dieser baute die Ziegelhütte stark um und errichtete unter anderem ein Ziegelbrennereigebäude mit Hochkamin und ein Maschinenhaus. Obwohl der Betrieb nun modernisiert war, warf er keine Gewinne ab. Meili machte Konkurs, und die Liegenschaft wechselte in der Folge mehrmals die Hand. Von der Familie Huber, welcher der Besitz 1886 notariell zugefertigt worden war, ging die Ziegelei 1890 an Anton Merz und Georg Zittelmann über. Die Witwe Merz verkaufte die Liegenschaft am Meilibach einem Friedrich Gerhard, und dieser wiederum veräusserte die Ziegelhütten im selben Jahr 1901 dem Ziegelbrenner Wilhelm Gattiker von Meilen. Die Ziegelei am Meilibach hatte damals allerdings nicht mehr ihr ursprüngliches Ausmass, denn die Familie Huber hatte den oberen Betrieb samt Ketthaus, Wasserrad und Wellbaum im Mai 1901 dem Landwirt Alwin Zollinger im Seegut verkauft, der die Gebäude abtragen liess.
Der an der Seestrasse gelegene untere Betrieb kam nach Gattikers Tod an den Kaufmann Heinrich Walter Rusterholz zur «Schwanau» in Wädenswil. Die Liegenschaft umfasste ein Wohn- und Waschhaus mit Zinne, eine Ziegelhütte mit drei Anbauten, einen Trockenschopf, ein Magazin und ein Ziegelbrennereigebäude. Seit den 1920er Jahren ist der Betrieb in der Ziegelhütte am unteren Meilibach stillgelegt. Die Gebäude stehen aber noch und sind kürzlich renoviert worden.
Im 19. Jahrhundert hatte das Wasser des Meilibaches noch ein weiteres Wasserrad zu treiben, nämlich jenes der Wattefabrik von Jakob und Johannes Stapfer im Unterort. Die kleine Fabrik war in den 1830er Jahren gegründet worden und kam 1880 in den Besitz von Jakob Sidler auf der Gotteshalden Horgen. Sidler geriet aber bald in Konkurs. Die Wattefabrik am Meilibach ging an den Säger Heinrich Pfister von Wädenswil über und wurde in der Folge in eine Knochenstampfe umgebaut, die 1916 einging.

Neue Betriebe um die Jahrhundertwende

Zu Beginn dieses Jahrhunderts siedelten sich in der Au zwei neue Industriezweige an: 1904 die Sägen- und Messerfabrik Hausmann & Co. und 1911 das Speisefettwerk Wädenswil von Heinrich Rusterholz.
1904 gründete August Hausmann-Blank die Firma Hausmann & Co., Sägen- und Messerfabrik, in der Rietliau. Die ersten Arbeitsräume waren bescheiden. Sie hatten zuvor einem Huf- und Wagenschmied gedient, so dass bereits eine Esse und ein Amboss zur Verfügung standen. Es mussten noch zwei Handstanzen und ein Richtamboss dazugekauft werden, und schon konnten Stroh-, Häcksel- und Rübenmesser für die Landwirtschaft hergestellt werden. 1906 entstand der erste Anbau für einen Härteofen und einen Schleifstein von zwei Metern Durchmesser. Neben landwirtschaftlichen Messern fabrizierte man nun auch Kreis- und Gattersägen, die bald einen guten Namen hatten. 1908 entstand ein weiterer Anbau. Nach dem Tode des Gründers im Sommer 1921 führten die beiden Söhne Karl und August zusammen mit ihrer Mutter das väterliche Unternehmen mit Erfolg weiter. 1929/30 konnte abermals ein Fabrikneubau erstellt werden. Ab 1950 wurde der Betrieb, der seit 1961 von Karl Hausmann-Annen in dritter Generation geführt wird, laufend modernisiert und mit Hochleistungs-Präzisionsmaschinen ausgestattet. Bereits ist auch die Projektierung eines Fabrikneubaus in der Rietliau in Auftrag gegeben.
24/25 Gebäude der Firma Hausmann & Co., 1908 und 1979.

1879 begannen die Brüder Gottlieb und Heinrich Rusterholz im Haus zur «Weinrebe» mit Kaffee- und Kolonialwarenhandel und nahmen bald danach die Fabrikation von Speisefetten auf. 1911 wurde in der Au ein grösseres Fabrikgebäude mit Raffinerie und Margarinerie errichtet, in dem man fortan butterhaltige Speisefette in Tafeln unter anderem das Speisefett «Viola», herstellte. 1921 ging die Firma an den einen Sohn des Gründers, Walter Heinrich Rusterholz-Huber, über. Sie wurde bis 1935 unter der Bezeichnung «Heinrich Rusterholz, Speisefettwerke, Wädenswil», weitergeführt und dann in eine Aktiengesellschaft gleichen Namens umgewandelt. 1961 stellte das Speisefettwerk die Produktion ein. Das Gebäude ging ins Eigentum des Bührle-Konzerns über. Zunächst wurden in den umgebauten Räumen Milchwegwerfpackungen im Plastikverfahren beschichtet.

26 Speisefettwerk Rusterholz, 1960.

Neue Firmen in der Au

Die 1856 gegründete Stärkefabrik Blattmann & Co., an der Seefahrt in Wädenswil erholte sich in den 1920er Jahren von der Belastung, welche der Erste Weltkrieg der Firma gebracht hatte. 1928 wurde ein neues Kesselhaus gebaut, und 1931 entstand beim Bahnhof Au ein grosses, modernes Lagerhaus mit Geleiseanschluss.
Zu den älteren in der Au angesiedelten Unternehmen zählt die Star Unity AG. Sie wurde im Jahre 1945 von F. C. Rupp gegründet und arbeitete sich aus kleinsten Anfängen zur anerkannten Spezialfirma für Elektroheizungen empor. Diese wird heute vom Sohn des Gründers geleitet und baut neben den bestens bewährten Elektroheizungen seit gut zehn Jahren auch Systeme zur Nutzung der Sonnenenergie und neuerdings Wärmepumpenanlagen. Die Produkte des rein schweizerischen Unternehmens finden sich nicht nur in Einfamilien-, Mehrfamilien- und Ferienhäusern, sondern auch in Hotels, Ladengeschäften und Kirchen.
Die 1941 gegründete Cartonnagenfabrik Wädenswil AG, die CAWA, war zunächst in gemieteten Räumen an der Stegstrasse in Wädenswil untergebracht und bezog im Jahre 1946 eine eigene Baute an der Seestrasse bei der Bahnstation Au. Die Firma war damit eine der ersten neuen Betriebe in der Au. Die kontinuierliche Entwicklung führte Ende der 1960er Jahre unter anderem zum Bau eines Lagerhauses. Das Produktionsprogramm für den Verpackungsbereich wurde seit der Gründung stark ausgebaut. Es bildet heute noch den Hauptteil der Fabrikation. Eine besondere Spezialität sind Grossverpackungen für den Güterexport mit Flugzeug oder Schiff. Unter der Markenbezeichnung CAWA stellt die Firma sodann ein grosses Sortiment von Bürobedarfs- und Haushaltartikeln aus Karton her, so Briefkörbe, Papierkörbe, Faltboxen, Schachteln und Ordner.
27 Lagerhäuser Blattmann+Co., 1964.
29 Cartonnagefabrik Wädenswil, 1984.

Seit ihrer Gründung im Jahre 1947 stellt die Firma Kondar AG, eine Aktiengesellschaft der Familie Eckert, an der Seestrasse in der Au Produkte her, welche den Bäckern und Konditoren die Arbeit in der Backstube erleichtern und sie bei der Verbesserung ihrer eigenen Erzeugnisse unterstützen. Die Fabrikgebäude sind seit der Firmengründung mehrmals erweitert worden und enthalten heute auch ein Labor, eine Versuchsbäckerei und Lagerräume.
Im Jahre 1957 verlegte Adolf Vetterli seinen 1947 gegründeten Betrieb für Apparatebau in ein modernes Fabrikgebäude beim Gaskessel im Gwad, das seither viermal vergrössert und erweitert worden ist. Das blühende Unternehmen beschäftigt heute etwa 45 Mitarbeiter. In allen Betriebsabteilungen der Vetterli & Co. AG – in der Gross-Stanzerei, der Klein-Stanzerei, der Schweisserei, der Tresor-Schlosserei und der Malerei – stehen modernste Maschinen zur Verfügung. Sie verarbeiten pro Jahr rund 1000 Tonnen Material zu einem reichhaltigen Sortiment von Präzisionsteilen.
28 Die Au – ein neues Industriezentrum, 1984.
30 Vetterli & Co. AG, 1961.

An der Wädenswiler Gemeindeversammlung vom 28. August 1957 genehmigten 533 Stimmbürger den Vertrag der Politischen Gemeinde Wädenswil mit der Firma «Standard, Telephon und Radio AG» über die Errichtung eines Fabrikationsbetriebes in Au-Wädenswil. Damit waren die Bemühungen der Gemeindebehörden, den örtlichen Unternehmen eine neue Industrie von Bedeutung einzufügen, erfolgreiche abgeschlossen. Im November 1958 konnte mit dem Aushub begonnen werden, und am 18. November 1960 siedelten einzelne Teilbetriebe in den geräumigen Neubau an der Seestrasse in der Au über. Der Fabrikgebäude und Kesselhaus umfassende Kern wurde 1970 erweitert. Über 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen heute im Werk Au-Wädenswil der «Standard Telephon und Radio AG» unter anderem moderne Pentaconta-Telefonzentralen sowie Rundfunksysteme für Telefonie und Television her, ferner Glasfaser-Übertragungssysteme, Reportagewagen und Studioeinrichtungen für Radio und Fernsehen, aber auch die weltweit bekannten PZ- und SM-Relais.
Im Jahre 1954 verlegte Hans Belart sein 1948 in Zürich entstandenes Privatunternehmen für Confiserie-Fabrikation an die Schlossbergstrasse 9 in Wädenswil. Er Betrieb entwickelte sich erfreulich, und der Umsatz wuchs. 1962 erwarb Hans Belart Gemeindeland in der Au und erstellte an der Seestrasse einen Fabrikneubau. Zur selben Zeit wurde das Privatunternehmen in eine Familienaktiengesellschaft umgewandelt, die heute um die zwanzig Mitarbeiter beschäftigt. Die Confiserie- und Schokoladen-Produkte werden in allen führenden Detail- Handelsgeschäften in der Schweiz verkauft. International bekannt sind die mit Liqueurs gefüllten Fruchtgelée-Bonbons «Fruitbela».
1951 wurde in Zürich die Elektron AG gegründet, die seither als Generalvertretung für die technischen Arbeitsgebiete des AEG-Telefunken-Konzerns in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein tätig ist und elektromechanische, elektrische sowie elektronische Bauelemente, Geräte und Anlagen für Energie-, Industrie- und Nachrichtentechnik liefert. Ende der 1950er Jahre verlegte die Firma einen grossen Teil ihrer Lager und Werkstätten an die Schlossbergstrasse in Wädenswil. Ende der 1956er Jahre erwarb man für die weitere Expansion ein Grundstück an der Riedhofstrasse in der Au. 1973 war hier ein sechsstöckiger Neubau bezugsbereit, in den alle bisher verstreuten Abteilungen übersiedeln konnten und in dem die rund 90 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fortschrittliche Arbeitsbedingungen fanden.
Die Firma EIO wurde 1941 in Zürich gegründet und verlegte ihren Sitz im Jahre 1943 nach Oberrieden. Seit 1972 ist sie in der Au ansässig. Sie stellt hier Farben und Lacke her.
31 Standard AG, Werk Au, 1962.

32 Fabrikgebäude der Firma EIO, 1984.
Die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) wurde 1865 in Ludwigshafen am Rhein als Aktiengesellschaft gegründet und ist heute ein weltweit tätiges Chemieunternehmen. Zum Verkaufsprogramm gehören neben chemischen Produkten unter anderem Tonbänder und Videokassetten sowie Rechner- und Speichersysteme für die EDV-Datentechnik. 1953 liess sich in Zürich-Wollishofen unter dem Namen «Organchemie AG» die erste Schweizer Vertretung des BASF-Konzerns nieder. 1967 bezog die BASF (Schweiz) AG, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, einen Neubau in Kilchberg. Seit 1979 verfügt die BASF (Schweiz) AG am Bachtobelweg im Appital in der Au über ein modernes fünfgeschossiges Verwaltungsgebäude aus Aluminium und Glas.
33 Verwaltungsgebäude BASF, 1979.
In diesem 23,5 Meter hohem Bürohaus, mit umbautem Raum von 37 767 Kubikmetern, stehen für die gegenwärtig 165 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter netto 3000 Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung. Eine eigene Haltestelle des Wädenswiler Autobusses schliesst die unterhalb des Winterbergholzes gelegene «BASF» an das öffentliche Verkehrsnetz an.

Restaurants

Im 19. Jahrhundert gab es in der Au eine Reihe von Weinschenken. Zu den ältesten gehörte jene von Bannwart Hottinger ob der Au. Aus ihr ging das Restaurant «Ausee» hervor, welches 1960 abgebrochen wurde, als man die Strassenbrücke und die Fabrikgebäude der Firma Standard baute.
1841 verfügten David Tobler und Konrad Stünzi auf der Au sowie Heinrich Schäppi im Unterort über Wirtschaftspatente. Um 1855 schenkte auch Johannes Streuli im «Seegut» Wein aus und um 1870 Jakob Brändli in der Rietliau.
Im September 1778 verkaufte Hans Brändli am Ort dem Caspar Höhn aus der Rüti drei Jucharten Weide und drei Vierling Reben zu beiden Seiten der Landstrasse im Ort. Auf diesem Grundstück wurde 1784 eine Scheune und zwei Jahre später ein Wohnhaus gebaut. Der Bauernhof blieb bis 1877 im Besitz der Familie Höhn. Dann ging er an Jakob Suter und ein Jahr später an Heinrich Stocker aus der Gisenrüti über. 1882 brannte das Haus bis auf den Grund nieder, und 1887 wurde auch die Scheune ein Raub der Flammen. Beim Brandausbruch soll sich laut mündlicher Überlieferung der Stier losgerissen haben. Von Schmerz und Schrecken getrieben, floh das Tier bergab, watete bei der Rietliau in den Zürichsee hinaus und erreichte so einen aus dem Wasser ragenden erratischen Block, der seither «Stierenstein» heisst. Nach dem Brand von 1882 wurde das Wohnhaus neu aufgebaut. Heinrich Stocker betrieb darin eine Metzgerei mit Wirtschaft, die er «Zum Grundstein» nannte. 1890 kam das Heimwesen auf die Gant. Der neue Eigentümer, Heinrich Hofmann von Pfäffikon SZ, verkauften den «Grundstein» schon im Sommer 1892 an Jakob Aebli. Der neue Wirt gliederte seiner Wirtschaft ein grosses Tanzsaalgebäude mit Kegelbahn an, das am Neujahrstag 1893 eröffnet werden konnte.
Zu den Gästen im «Grundstein» zählte auch die Lesegesellschaft Ort, welche hier dann und wann ihre Sitzungen abhielt. Besonders hoch muss es in der Fasnachtszeit zugegangen sein. Nach Aeblis Tod im Herbst 1900 gab es wieder häufig Wirtewechsel im «Grundstein». 1912 wurde die Wirtschaft aufgehoben. Im Tanzsaalgebäude richtete man Wohnungen ein. Das Wirtschaftspatent wurde auf jenes Haus ob der Station Au übertragen, welches später den Laden der Landwirtschaftlichen Konsumgenossenschaft enthielt. Diese Liegenschaft, «Zum Ausee» genannt, gehörte dem Wirt Wunderli, dem früheren Fischer und Briefträger. Als auch dieser Wirtschaft einging, übertrug man den Namen «Ausee» auf die Schenke des Bannwarts Hottinger ob der Au.
34 Inserat im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee», 31. Dezember 1892.
Manch älteren Wirtschaften im Au-Gebiet sind in der Zwischenzeit eingegangen. Dafür entstanden neu das Gasthaus auf der Halbinsel Au (1865/1959), das Restaurant Meilibach (1874), das Restaurant Schützenhaus (1913) und das Restaurant Bahnhof (1922).
1865/66 erstellten die Gebrüder Arnold und Heinrich Leuthold auf der Kuppe des Auhügels ein Gasthaus und betrieben eine Bauernwirtschaft mit Most, Käse und Schüblingen. Mit dem Aufschwung der Dampfschifffahrt auf dem Zürichsee nahm der Ausflugsverkehr nach der Halbinsel Au zu. 1883 ging das Gasthausheimwesen vom in Konkurs geratenen Wirt an Rudolf Schäppi über; Leuthold führte den Wirtschaftsbetrieb als Pächter weiter. Ein um 1900 gedruckter Prospekt der Gebrüder Leuthold rühmt die Vorzüge der «Pension und Cur-Anstalt Au»: «Dieses Etablissement liegt 1400 Fuss über dem Meer und 150 Fuss über dem Zürichsee, mit der schönsten Aussicht auf diesen und die Gebirge. Reine Luft, Seebäder (auf Verlangen auch warme), Milch und Molken, gute Küche, Keller und Bedienung, Ausgangspunkt zu den verschiedenartigsten Spaziergängen und Ausflügen:
35 Aus einem Prospekt und 1900.

Ufenau, Einsiedeln, Zug, Rapperswyl etc., wozu die regelmässigen Dampfbootverbindungen täglich 10 bis 12 mal die beste Gelegenheit geben. 1 Stunde Fahrzeit von Zürich, Pensionspreis Fr. 5.»
1911 ging die Wirtschaft mit dem Mittleren Teil des Auhügels an das Au-Konsortium über. Dieses liess das alte Gasthaus im Herbst 1957 abbrechen und nach den Plänen von Architekt Max G. Sütterlin (Zürich) einen Neubau errichten, der sich gefällig in die Landschaft einfügt. Das neue Haus konnte am Palmsonntag 1959 in Betrieb genommen werden. Der zürichwärts angefügte Gartensaal diente an der Landesaustellung 1939 in Zürich für den Restaurationsbetrieb und trägt deshalb den Namen «Landisaal».
36/37 Pension und Cur-Anstalt Au, um 1900.
38 Gasthof Au, 1865-1957.
39 Gasthof Halbinsel Au, 1959.

1874 eröffnete Adalrich Schönbächler eine Weinschenke am Meilibach. Diese ging 1890 durch Kauf an die Witwe Sophie Brassel-Graf und 1894 an Johann Caspar Weilenmann-Gut aus Uster über, welcher die Wirtschaft ausbaute und unter anderem im ersten Stock einen Saal erstellen liess. Im Jahre 1912 wurde der Betrieb von Ulrich und Rosa Weidmann-Weilenmann übernommen, von Tochter und Schwiegersohn. Im Grundprotokoll taucht nun erstmals die Bezeichnung «Wohn- und Wirtshaus» auf. Auch ein Zinnenanbau mit Kegelbahn wird erwähnt. Die neuen Eigentümer eröffneten zudem eine Gartenwirtschaft am See. Das Ehepaar Weidmann führte das Restaurant Meilibach bis 1948; danach folgten verschiedene Pächter.
40 Restaurant Meilibach, um 1900.
Seit 1969 ist Peter Kägi Inhaber des Restaurants seines Urgrossvaters. Er liess den «Meilibach» umbauen und 1969 durch ein Seerestaurant erweitern.
1894 wurde der Schiessstand Steinacher eröffnet. Anfangs Mai des gleichen Jahres erwarb die Genossenschaft «Schützenregiewirtschaft Wädensweil» von Heinrich Hiestand am Mittelort 6 Aren 64 Quadratmeter Mattland und erstellte darauf einen Wirtschaftpavillon. Im Februar 1900 ging dieser durch Kauf an Johannes Kläsi-Küng, den Wirt «Zur Johannisburg» in Wädenswil, über. Und dieser veräusserte ihn im Februar 1909 samt Flaschen, Gläsern, Tellern, Besteck, Tischen, Bänken, Kisten und dem Petrolherd dem Wirt «Zum Wildenmann» in Wädenswil, Johann Gottfried Bauer. 1913 liess Bauer den Wirtschaftspavillon abtragen und ein Wohnhaus mit Wirtschaft erstellen, das heutige Restaurant «Schützenhaus». Dem 1973 vollendeten Saalanbau auf der Südostseite musste die ehemalige Gartenwirtschaft weichen, in der bis 1969 Tausende von Schützen beim Bier und Wein ihre guten und schlechten Resultate diskutiert hatten.
41 Restaurant Schützenhaus, 1984.
42 Restaurant Bahnhof Au.

1895 erstellte Baumeister Rocco Perlatti aus Thalwil auf einem von August Meier zum Brunnenhof erworbenen Grundstück vorhalb der Station Au ein Wohnhaus mit Bäckerei, das er 1896 dem Stationsvorstand August Meier-Steffen verkaufte. Von 1904 bis 1918 gehörte die Liegenschaft dem Wirt Heinrich Stocker bei der Station, von 1918 bis 1922 der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Au. Diese veräusserte sie dann dem Bäckermeister Ulrich Ulmer. Seit 1922 ist die Bezeichnung «Restaurant Bahnhof» üblich.




Peter Ziegler