Ein Gang durch den Dorfkern von Wädenswil im Jahre 1947 (Teil 1)

Quelle: Gewerbezeitung, Donnerstag, 3. November 2016 von Peter Ziegler

In den letzten 70 Jahren sind rund 100 Läden und Betriebe aus dem Wädenswiler Zentrum verschwunden. Der Historiker Peter Ziegler wagt einen Rückblick.
Lindenstrasse mit Messerschmiede Rüegg.

Von rechts: «Schwanen» mit Kegelbahn, Schwyzerhüsli und «Ochsen».

Veränderte Produktions- und Konsumgewohnheiten haben in den letzten Jahrzehnten zu einer Umstrukturierung, Neuorientierung und Konzentration des Wädenswiler Handwerks und Gewerbes geführt. Dies fällt vor allem auf, wenn man bedenkt, dass in den vergangenen 70 Jahren gegen 100 Betriebe und Läden aus dem Dorfzentrum verschwunden sind.
Ich erinnere mich an die Situation im Jahre 1947 auf einem Spaziergang von der Schmiedstube aus über Oberdorfstrasse – Rosenbergstrasse – Zugerstrasse zum Central, von da bergseits der Seestrasse und durch den Hoffnungsweg bis zum Sagenrain und seewärts zurück zum Plätzli, dann weiter über Friedbergstrasse – Gerbestrasse – Schönenbergstrasse wieder zum Ausgangspunkt. Dabei erwähne ich nur solche Betriebe, die in der Zwischenzeit verschwunden oder an einen anderen Standort innerhalb der Gemeinde verlegt worden sind. Nicht berücksichtigt sind also Geschäfte und Handwerke, die heute im gleichen Haus von einem anderen Inhaber weitergeführt werden. Als Gedächtnisstütze dienen das Branchenverzeichnis und das Telefonbuch von 1947.
Apotheker Hans Meyer.
Wirtschaft Schwanen.

Über Oberdorf- und Rosenbergstrasse zum Schwanenplatz

Südöstlich des Hauses Eisenhammer, Richtung katholische Kirche, betreibt im Jahre 1947 Eugen Boller seine Spezialfabrik für elektrische Heizungen und elektrische Apparate. Gegenüber dem Volkshaus befindet sich an der Schönenbergstrasse 26 die Papeterie und Buchbinderei von Robert Benz und davor ein Laden des Allgemeinen Consumvereins Wädenswil/Richterswil. Bei der Schmiedstube werfen wir einen Blick auf die andere Seite der Oberdorfstrasse, auf die Gebäude der Molkerei Wädenswil, hinter denen sich hangwärts noch ein Schweinestall versteckt, und erreichen dann die Bäckerei Burri an der Einmündung des Rotwegs. Vorbei an der Hut- und Mützenfabrik Felber u. Co. AG (Oberdorfstrasse 16) gelangen wir zum Haus Oberdorfstrasse 22, der «Löwenburg». Hier türmen sich vor einem Nebengebäude entlang der Rosenbergstrasse aller Art Altmetalle: Paul Eschmann, der «IsenÄschme», handelt mit Maschinen, Eisen, Metallen und Alteisen. Gleich unterhalb arbeitet der Tapezierermeister Walter Krüsi. Und im Haus Rosenbergstrasse 11 hat der Korbflechter Heinrich Graf seine Werkstatt.
Blick vom Schwanenplatz gegen Türgass und Rosenbergstrasse. Im Vordergrund der Coiffeursalon Höhn.

Haus «Löwenburg», Oberdorfstrasse 22, von «IsenÄschme».

Vom «Schwanen» zum «Ochsen»

Wir erreichen den Schwanenplatz, wo sich am Eingang zur Türgass das Coiffeurgeschäft von Hans Höhn (Rosenbergstrasse 3) befindet, und daneben, im grossen Riegelhaus Türgass 4/6, der «Mödeli- oder Anke-Huuser», die Butter –und Käsehandlung von Hans Hauser. Im oberen Hausteil ist Büchsenmacher Conrad Gehring in seiner mechanischen Werkstätte anzutreffen. Gegenüber, an der Zugerstrasse 25, wirtet Frau Forrer im Gasthof Schwanen, der dem Platz den Namen gegeben hat. Im selben Gebäude führt Paul Meier seine Metzgerei und Charcuterie. Dorfbekannt ist sein Ausläufer mit Dächlikappe und geflochtenem Henkelkorb, der kleingewachsene Eduard Hofmann. Zur Metzgerei Meier gehört ein Schlachthaus unter dem seeseitigen Kegelbahnanbau der Wirtschaft.
Auf der andern Seite der Zugerstrasse, im «Tuchhof» (Zugerstrasse 24), handelt Ernst Pfister mit Tuchwaren, Wäsche und Bekleidungsstücken. Im Nachbarhaus (Zugerstrasse 22) betreibt Ernst Staub eine Bäckerei und Konditorei. Dann folgt die Apotheke und Drogerie «Zum Lindenhof» (Zugerstrasse 20) von Hans Meyer. Wir gehen auf der rechten Seite der Zugerstrasse entlang Richtung Hirschenplatz und kommen vorbei am Schwyzerhüsli (Zugerstrase 23) mit der Schuhmacherei von Hans Müller. Es folgt der Gasthof Zum Ochsen (Zugerstrasse 19/21) von Familie E. Zryd-Fehr, ein mächtiger Bau, unter dessen gegen den «Schwanen» weit ausladendem Schleppdach auch Frau Margrit Leuzingers Herren- und Damenwäschegeschäft Platz gefunden hat. An der Ladentüre warnt ein Schild «Achtung Stufe!», und einmal soll hier die Reklame gehangen haben: «Empfehle mich in Unterhosen!»
Im «Ochsen» führen sodann Emil und Hans Fehr eine Spenglerei und ein Geschäft für Zentralheizungen und sanitäre Installationen, und im Anbau an der Lindenstrasse kann man bei Messerschmied Rüegg Messer und Scheren zum Schleifen geben.
Bäckerei Staub, Apotheke Meyer, Lindenhof und Florhof.


Metzger Paul Meier mit Eduard Hofman.

Ein Gang durch den Dorfkern von Wädenswil im Jahre 1947 (Teil 2)

Quelle: Gewerbezeitung, Donnerstag, 8. Dezember 2016 von Peter Ziegler

In den letzten 70 Jahren sind rund 100 Läden und Betriebe aus dem Wädenswiler Zentrum verschwunden. Der Historiker Peter Ziegler wagt einen Rückblick.

Am Haus «Ceder» vorbei Richtung «Hirschen» gelangen wir zur Südfrüchtehandlung von Karolina Bianchi (Zugerstrasse 15) und hierauf zum Reformhaus von Elsa Epprecht (Zugerstrasse 13), die im Branchenregister eingetragen ist mit «Handel mit Diätprodukten, Nahrungsmitteln, Dörrfrüchten, Reformkosmetikartikeln». Jetzt stehen wir vor Karl Kesslers Gasthof Zum Hirschen mit dem Uhren- und Bijouterie-Geschäft von Fritz Küffer, dem Tabakladen von Frau Louise Heim und der Metzgerei und Charcuterie von Willy Rusterholz. Im Anbau gegen die Schönenbergstrasse kann man einen Blick ins Schlachthaus der Metzgerei Rusterholz werfen, sehen wie ein Kalb sein Leben lassen muss oder wie in einer Stande ein Schwein gebrüht wird. Über dem Schlachthaus liegt die Terrasse des Gasthofs Hirschen. Werfen wir einen Blick auf die andere Strassenseite, haben wir vor uns den Florhof mit der Buchdruckerei, Papeterie und Buchhandlung J. Baumann. Im Hinterhaus an der Florhofstrasse wird der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» gedruckt. Bergseits des «Florhofs» steht das Haus «Linde» mit Wädenswils Warenhaus Nordmann.
Von rechts: Häuser Ceder, Bianchi und Reformhaus Epprecht.

Blick über den Hirschenplatz gegen das Zentral.

Vom «Hirschen» zum «Central»

Wir überqueren den Hirschenplatz und folgen der linken Seite der Zugerstrasse. Im kleinen Haus (Zugerstrasse 14) bei der Einmündung des Reblaubenwegs hat Alfred Reichelt seine mechanische Stickerei. Auf das alte Haus «Sonnenhof» folgen das «Sonnental» mit dem Mercerie-, Woll- und Modewarenladen der Geschwister Elsa und Margrit Brupbacher (Zugerstrasse 10), das Fotogeschäft von Fritz Lagendorf (Zugerstrasse 6), das Tuch- und Massgeschäft von Emil Denzler (Zugerstrasse 4), das Haus Zugerstrasse 2, in das Oskar Hodel einmal sein jetzt noch an der Bahnhofstrasse 5 eingerichtetes Radiofachgeschäft verlegen wird, und schliesslich das Restaurant Central (Seestrasse 113) mit Wirt Fritz Wanger-Bamert.
Gasthof Hirschen mit angebautem Schlachthaus.

Blick vom Zentral in die Zugerstrasse. Die Häuser Denzler und Langedorf wurden für den Bau von Coop abgebrochen.

Am Reblaubenweg

Werfen wir noch einen Blick in den Reblaubenweg, der sich vom Hirschenplatz her hinter den Häusern an der Zugerstrasse zur «Reblaube» und zum «alten Engel» hinunterzieht. Im alten Riegelhaus Reblaubenweg 10 – es wurde 1969 für den Neubau von Coop abgebrochen – befindet sich die Tuchhandlung der Geschwister Frey sowie die Dekorations- und Flachmalerwerkstätte von Paul Frey. Im Riegelhaus nebenan, am Reblaubenweg 8, hat Heinrich Weber sein Schablonen- und Zeichnungsgeschäft für Maler eingerichtet.
Der Reblaubenweg führt einst vom Hirschenplatz zum See. Rechts der «Sonnenhof» mit Baugespann für die ZKB.

Auch das Riegelhaushaus Fleckenstein am Reblaubenweg musste dem Neubau von Coop weichen.

Beim Central

Wir blicken beim Restaurant Central hinüber auf die andere Seite der Zugerstrasse, hinüber zum Haus 5 mit der Konditorei und Bäckerei von W. Leemann, und hinüber zum Haus Zugerstrasse 3, wo Gottfried Hugi mit Kolonialwaren und Delikatessen handelt. Den Abschluss gegen die Seestrasse hin bildet das «Goldschmied-Hess-Haus» (Seestrasse 111). Hier sind gleich drei Läden untergebracht: die Handarbeitsstube von Helen Steiger und Margrit Pretto, das Hut- und Modegeschäft, die «Chapellerie», von Frau A. Bamert-Rusterholz und das von Frau Frieda Killias geführte, in diesem Jahr – 1947 – anstelle des an die Schönenbergstrasse 19 verlegten Coiffeur-Salons Müller eröffnete Delikatessengeschäft «Gourmandia».
Goldschmied-Hess-Haus am Zentral, abgebrochen zur Verbreiterung der Seestrasse und für Parkplätze.

Glashandlung von Albert Stamm an der Südecke Hoffnungsweg.

Vom Central zum Sagenrain

Wandern wir nun den bergseits der Seestrasse aufgereihten Häusern entlang zum Sagenrain. Wir kommen vorüber am Wullestübli von Margrit Egli im Haus Seestrasse 113, am Schuhhaus von Paul Stiep (Seestrasse 115) und am Restaurant Frohsinn (Seestrasse 117), das von der Wirtin Marie Vogt-Stierli geführt wird. Wir überqueren den Reblaubenweg und stehen vor dem Haus «Reblaube» (Seestrasse 121). Hier arbeiten der Sattler Walter Haldimann, der auch Skier herstellt, sowie der Kürschner René Fest. Im zürichwärts gelegenen Nachbarhaus Seestrasse 123 hat Alex Oberholzer seine Werkstatt für Dekorations- und Flachmalerei. Auch zwei Läden sind in diesem Gebäude eingerichtet: die Glas- und Porzellanhandlung von Albert Stamm und das Strumpf- und Knopfstübli von Marie Gyr. Vorbei am Schaufenster und der Backstube des Konditors August Müller (Seestrasse 127), der die feinen Thusnelda-Torten herstellt, erreichen wir das Haus Seestrasse 135 mit dem Laden und dem Büro des Einwohnervereins Wädenswil, dem Karl Lüscher als Verwalter vorsteht.

Am Hoffnungsweg

Zwischen den Häusern gehen wir nun hinauf in den Hoffnungsweg, an dessen südöstlichem Ende Otto Schweizer eine Velohandlung betreibt. An der Kreuzung von Hoffnungsweg und Trubengass stehen wir vor einem mächtigen roten Haus. Hier wohnt Albert Stamm, der nicht nur mit Geschirr handelt, sondern auch mit Lumpen, Knochen und Altmetallen. Wir folgen dem Hoffnungsweg bis zur Einmündung in die Florhofstrasse hinter der Färberei, erreichen bald wieder die Seestrasse und überqueren sie.

Ein Gang durch den Dorfkern von Wädenswil im Jahre 1947 (Teil 3)

Quelle: Gewerbezeitung, Donnerstag, 2. Februar 2017 von Peter Ziegler

In den letzten 70 Jahren sind rund 100 Läden und Betriebe aus dem Wädenswiler Zentrum verschwunden. Der Historiker Peter Ziegler gibt einen Rückblick. Im dritten Teil seiner Serie auf das Gebiet Weinrebe bis Plätzli.

Wir beginnen an der Seestrasse und gehen über den Bahnweg Richtung Central. Beim Sagenrain stehen wir vor der Bäckerei und Konditorei von Konrad Irion (Seestrasse 156). Entlang den zwischen Bahngleisen und Seestrasse gelegenen Häusern geht es vorbei an der Mechanischen Schreinerei und Glaserei Hausenbaur u. Co. (Seestrasse 150), am Reklameatelier von Paul Zürrer (Seestrasse 146) und an der Garage «Seerose» von Carl Büchi.
«Steinburg» und Bäckerei Irion an der Seestrasse beim Sagenrain. Heute steht hier das Gebäude der Feuerwehr.

Links Haus Alpina, rechts Haus Reblaube.
Wir durchqueren die Weinreben-Anlage mit dem Springbrunnen mitten im mit kleinen Hägen eigefassten Rasen und erreichen die Autoreparaturwerkstätte und Garage von Hans Räber am Bahnweg 21. Etwas weiter vorn, am schmalen Strässchen parallel zu den Bahngleisen, im Haus Bahnweg 15, handelt Fritz Treichler, der «Chole-Treichler», mit Holz, Kohle und Heizöl. Er führt auch Autotransporte aus. Am Bahnweg 7 betreibt W. Meier eine Mechanische Schreinerei.
Springbrunnen in der Weinreben-Anlage.

Friedegg-Weg bis zur Seestrasse

Durch den schmalen Friedegg-Weg geht es vom Bahnweg hinauf zur Seestrasse, zur Spenglerei und zum Geschäft für Sanitär-Installationen und Zentralheizungen von Arnold Schneebelian der Seestrasse 130 und zum Laden von Hans Loy (Seestrasse 128), in dem man Nähmaschinen, Velos und Schreibmaschinen kaufen kann. Bereits ist Richtung Central das mächtige Haus «Alpina» sichtbar (Seestrasse 120/122). Walter Furrer führt hier die Drogerie Alpina und handelt mit Chemikalien,
Kolonialwaren und Sanitätsartikeln. Auch Bärendreck und das bei Kindern so beliebte Süssholz sind bei ihm zu haben. Vergessen wir den Schuhmacher Emil Luchsinger nicht, der im hinteren Teil der «Alpina» (Seestrasse 122) in seiner Mechanischen Schuhreparatur-Werkstätte arbeitet, in welcher es immer herrlich nach Leder und Leim riecht.
An der Seestrasse 116, gegenüber dem Schuhhaus Stiep, befindet sich die Kupferschmiede von Ernst Brupbacher. Der «Chüpferi-Brupbacher» hämmert, in Schürze und Dächlikappe, noch oft vor seiner Werkstatt im Freien, schmiedet Kaffeekannen, Giesskännchen, Kupferhäfen und Haushaltartikel aller Art, mit denen er auch handelt. Im Anbau der Kupferschmiede, zur Engelstrasse orientiert, hat Uhrmacher Theo Guelbert seinen Uhren- und Bijouterie-Laden eingerichtet.
Kupferschmied Ernst Brupbacher.

Links: Conditorei Ammann, Häuser Fortuna und Merkur, recht Haus Ziit.

Von der «Krone» zum Plätzli

An Weber‘s Zentrumgarage vorbei gelangen wir zum Saalanbau des einstigen Gasthofs Krone. In dessen Erdgeschoss hat sich das Kolonialwarenhaus Merkur eingemietet. Dann stehen wir vor dem mächtigen Kronenblock, einem der noch wenigen Flachdachbauten im Dorf, mit Walter Mezgers Geschäft für «Elektrotechnische Licht-, Kraft- und Radioanlagen».
Nun streben wir seeseitig der Seestrasse dem Plätzli zu und kommen zuerst zur Bäckerei und Konditorei von Carl Ammann (Seestrasse 108), hierauf zum Haus «Fortuna», wo man im Schuhhaus Dosenbach – als Attraktion für Kinder – in einem Guckkasten dank Röntgenstrahlen den Fuss im Schuh betrachten kann. Im Flachdachanbau an die «Fortuna» Richtung Richterswil betreibt die Migros seit 1931 einen Verkaufsladen.
Blicken wir kurz hinüber auf die andere Strassenseite, zum Haus «Zum Ziit» (Seestrasse 107), mit dem zugleich als Verkehrsbüro dienenden Zigarrenladen – «Tabakfabrikate en gros und en detail» – von Frau Hanna Spalinger, dem Foto- und Kinogeschäft von Robert Thévenaz, dem Coiffeur Adolf Raible und dem Uhrmacher H. Vollrath. Daneben erhebt sich das mächtige Postgebäude (Seestrasse 105), in dem auch die Schweizerische Volksbank Räume bezogen hat.
Der 1931 eröffnete Migros-Laden im Anbau ans Haus Fortuna.
Kaiser's Kaffeegeschäft im Saalanbau des alten Hotels Krone.

Im Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhauses Merkur (Seestrasse 104) hat Hans Blaser bis vor kurzem Eisenwaren verkauft. Jetzt hat er seinen Laden in den Neubau an der Zugerstrasse 28 verlegt, und im «Merkur» hat das Damen- und Herrenkonfektionsgeschäft Mantel u. Cie. Einzug gehalten. Nebenan führt der Einwohnerverein Wädenswil eine Filiale und einen separaten Schuhladen. Vorbei am Damen-Coiffeur-Salon von Frau E. Krogmann in der Dependance des Hotels Du Lac erreichen wir den «Seehof» (Seestrasse 94) mit dem Geschäft von Schuh-Hug im Parterre Richtung Sust.
Am Plätzli besuchen wir die Wirtschaften Pilgerhof und Rosenegg zwischen Seestrasse und Luftstrasse; wir betrachten die kleinen Schaufenster der Papeterie und Buchbinderei von Adolf Bodmer an der Luftstrasse 2 und treten ein in die Mercerie am Plätzli, die Fräulein Bolz im Sommer 1947 von Fräulein Steiner übernommen hat. Wir lesen am Haus Eintrachtstrasse 5 das Schild der Taxameter-Betriebe von Adolf Schläpfer, stehen still beim Tapezierer und Dekorateur Heinrich Huber an der Eintrachtstrasse 7 oder kehren ein bei August Huber im Restaurant Eintracht in der Gabelung von Eintracht- und Eidmattstrasse.
Restaurant Rosenegg am Plätzli.


Restaurant Eintracht am Plätzli.

Ein Gang durch den Dorfkern von Wädenswil im Jahre 1947 (Teil 4)

Quelle: Gewerbezeitung, Donnerstag, 16. März 2017 von Peter Ziegler

In den letzten 70 Jahren sind rund 100 Läden und Betriebe aus dem Wädenswiler Zentrum verschwunden. Der Historiker Peter Ziegler wagt einen Rückblick. Heute vom «Plätzli» bis zur «Hohlen Eich».

Durch die Friedberg- und Gerbestrasse Vom Plätzli her, wo seit 1940 das Gebäude der Sparkasse Wädenswil steht, biegen wir in die Friedbergstrasse ein und kommen – vorbei am Haus Nummer 3 mit der Malerwerkstätte von Eugen Grüninger, vorbei am Haus Nummer 5 mit dem Nähmaschinen- und Velogeschäft von Emil Müller sowie dem Stickerei-Atelier von Rösi Müller und vorbei am «Friedberg» von J. Hasler-Ehrenberg, Eisenwaren en gros, – zum Haus «Scharfeck» (Seestrasse 109), wo Walter Fischer seine Schuhmacherei und Orthopädische Werkstätte hat und sich das Blumengeschäft der Gärtnerei Werner Schulthess befindet. Bergseits der Friedbergstrasse, neben dem «Friedberg», liegt der «Seidenhof », der Sitz der Bank Wädenswil.
Das 1940 eingeweihte Haus der Sparkasse am Plätzli.

Von links: Häuser Ziit, Scharfeck, Seidenhof (Bank Wädenswil) und die Trafostation.
Das Gebäude gegenüber, der «Talgarten» (Gerbestrasse 2), enthält die Werkstätte für Innenausstattungen von Emanuel Hunziker («Vorhang»-Hunziker) und die Filiale der Molkereigenossenschaft Wädenswil, das «Chäs-Lädeli» von Fräulein Trudi Hunziker. Bekannt, und vom Kunden erwartet, ist ihre häufige Frage: «Törfs es bitzeli mee sii?» Zwischen dem «Talgarten» und der «Gerbe» (Gerbestrasse 6) mit der Buchdruckerei und Papeterie A. Stutz befindet sich das Textiliengeschäft von Mina Leuthold – «Handel en gros und en détail» – und gegenüber, im «Talegg» (Gerbestrasse 1), die Metzgerei G. Stadelmann. Auf dieser Strassenseite gehen wir weiter zu Rös Schlittlers Papeterie, Mercerie und Spielwarengeschäft (Gerbestrasse 3) und im Anbau auf der Rückseite zu Buchbinder Konrad Meili, der auch staubdicht rahmt. Beim Haus Nummer 7 mit der Konditorei und Bäckerei von Walter Homberger – die Backstube befindet sich an der Florhofstrasse 7 – dem Kolonialwarenladen von W. Simon und dem Atelier des Grafikers Hansheiri Zürrer überqueren wir die Gerbestrasse und stehen vor der Eisenhalle «Bindschedler‘s Erben» (Gerbestrasse 8).
Laden der Geschwister Julie und Elise Bindschedler.

Laden der Bäckerei Homberger, 1947.

Ein Geschäft für alles – auch für Mutproben

Die Auswahl an Haushaltartikeln in diesem von den Schwestern Julie und Elise Bindschedler geführten Laden ist unübertrefflich, die Unordnung ebenfalls. Aber die beiden Inhaberinnen finden die gewünschten Artikel erstaunlicherweise immer innert Rekordzeit. Und sie haben eine eigene Geschäftsphilosophie: Als ein Kunde sechs Spanschachteln zum Bemalen erwerben will, bekommt er nur deren fünf. Die letzte Schachtel wird zurückbehalten. Denn es könnte heute noch jemand kommen, um eine solche Schachtel zu kaufen, und dann müsste man ihn enttäuschen! Im Laden der Geschwister Bindschedler, mit je einem Eingang von der Gerbestrasse und von der Zugerstrasse her, können Knaben ihre Mutprobe ablegen: Diese besteht in einer Schussfahrt mit dem Trottinett oder dem Velo von einer Strasse quer durch den Laden zur andern. Oberhalb der kleinen Anlage mit dem Denkmal für Bundesrat Walter Hauser – an der Ecke zwischen Gerbe- und Zugerstrasse – werfen wir einen Blick in die Möbelhalle Hauser und dann in das damit verbundene Lederwarengeschäft gegenüber im Haus Gerbestrasse 9.
Fanny Rusterholz, Klavierlehrerin.
Mechanische Glaserei und Schreinerei von Hermann Walz im Jahre 1962.

Zurück zur Schmiedstube

Dann verlassen wir die Gerbestrasse über den Sonnenrain. Vorbei am «Suneblick» Schönenbergstrasse 1) der Klavierlehrerin Fanny Rusterholz gelangen wir in die Schönenbergstrasse Vor uns erhebt sich das Alkoholfreie Gemeindehaus «Zur Sonne» (Schönenbergstrasse 4), wo Emil Meier-Bachmann wirtet. Am bergseitigen Rand des Sekundarschulhausplatzes hinter dem Gasthof, an der Lindenstrasse 12, befindet sich die Mechanische Glaserei und Schreinerei von Hermann Walz und oberhalb der «Sonne» die Hutfabrik Hochstrasser u. Co. mit der «Berets Basques SA» im Haus Schönenbergstrasse 6. Wir gehen auf der rechten Strassenseite Richtung Oberdorfstrasse und kommen zuerst zur Strumpfwarenfabrik Wellinger u. Co. (Schönenbergstrasse 12), dann zum Uniformen- und Massschneider Rudolf Schobinger in der «Meise» (Schönenbergstrasse 16). Von da wäre es nicht mehr weit zur «Engelburg» (Rotweg 2), wo Ernst Decoppet mit Weinen und Spirituosen handelt.
Der Sonnenbrunnen vor der Umplatzierung.

Alkoholfreies Gemeindehaus Sonne.

Hutfabrik Hochstrasser, Schönenbergstrasse 6.

Schuhmacher zum Schluss

Doch schauen wir uns noch auf der anderen Seite der Schönenbergstrasse und am Kirchweg um. Gegenüber der Strumpffabrik Wellinger liegt das Haus Schönenbergstrasse 17 mit dem Veloladen und der Reparaturwerkstätte von Rudolf Isler und dem «Schirm-Müller». Im Eckhaus Schönenbergstrasse 19 befinden sich der Damen-Coiffeur-Salon und die Parfümerie von Jos. G. Müller, im Vorbau der Liegenschaft Kirchweg 8 ein Laden des Einwohnervereins Wädenswil. Wir beenden den Rundgang vor der Schuhmacherwerkstatt von Eugen De Tomasi im Haus «Hohle Eich» (Schönenbergstrasse 20). 70 Jahre sind seither vergangen. Zu welch gewaltigen Veränderungen in der Struktur des Wädenswiler Handwerks, Gewerbes und Handels haben sie geführt.