Seit 1973 hat man Kenntnis davon, dass im Zürichsee, westlich des Bootshauses der Villa von Schulthess in der Hinteren Au, bronzezeitliche Siedlungsreste liegen. Die Tauchequipe der Stadt Zürich entdeckte sie im Juli jenes Jahres in einem als Zufahrt zum Bootshaus dienenden Baggergraben. Neben der Rinne wurde in der Folge 50 und 90 Meter vom Ufer entfernt je ein schmaler Sondierschnitt von etwa 6 Metern Länge und rund 2 Metern Tiefe angelegt. Diese Schnitte brachten Aufschluss über den Schichtverlauf des Seebodens in diesem Bereich.
Der näher beim Ufer gelegene Graben zeigte von oben nach unten folgendes Profil: Zuoberst lag eine 60 Zentimeter mächtige, mit dicken Röhrenwurzeln durchsetzte sandige Seekreideschicht. An ihrer Oberfläche liessen sich Spuren eines erst seit kurzem abgestorbenen Schilfgürtels feststellen. Darunter lag eine zweite, sehr viel reinere, weisse Seekreideschicht von 10 Zentimetern Dicke, in der sich schon erste Pfahlanfänge fanden. Dann folgte eine erste Kulturschicht. Sie war stellenweise 10 Zentimeter dick und lief andernorts auf null aus, war sandig, stark ausgespült und mit vielen Wurzeln durchsetzt. Hier konnten wenige Scherben dünnwandiger Keramik freigelegt werden. Unter einer nochmaligen 10 Zentimeter dicken Seekreideschicht, mit Schnecken und Sandbändern durchsetzt, folgte eine zweite Kulturschicht von 40 bis 50 Zentimetern Mächtigkeit. An der Oberkante dieser Schicht erkannte man Spuren eines weiteren Schilfgürtels. Die Kulturschicht erwies sich als sehr kompakt und torfig. Sie enthielt sehr viele Rundhölzer von 0,5 bis 10 Zentimetern Dicke; einige waren verkohlt. Im untersten Viertel der gleichen Schicht lagen häufig faustgrosse Kiesel, dazu fein geglättete und gut bearbeitete Keramikscherben. Brandspuren fehlten hier.
Der zweite Sondierschnitt wurde weiter seewärts, an der Westwand des Baggergrabens, angelegt. Er zeigte folgenden Schichtverlauf: Zuoberst lag 50 Zentimeter weiss-gelbe Seekreide; darunter stiess man auf eine ausgeschwemmte, steinige, stark mit Seekreide vermischte erste Kulturschicht von 0 bis 20 Zentimeter Dicke. Darunter folgte, ohne Trennung, eine kompakte holzkohlefreie Kulturschicht von 120 Zentimeter Mächtigkeit, die sich in vier bis fünf Horizonte aufteilen liess. Der unterste Horizont war nach oben durch ein Sandband abgegrenzt; zwischen den andern Horizonten lagen Humusstreuungen. Unter der Kulturschicht folgte ein ungefähr fünf Zentimeter dickes Band bräunlich verfärbter Seekreide. Im zweiten, weiter vom Seeufer entfernten Sondierschnitt, fanden die Archäologen acht Eichenpfosten, Spältlinge und runde Hölzer, ebenso einen liegenden Eichenstamm. Da auch in andern bronzezeitlichen Ufersiedlungen Eichenholz gefunden worden ist, waren Jahrringvergleiche möglich. Die dendrochronologischen Untersuchungen des Eichenholzes der Station Hintere Au ergab das überraschende Resultat, dass diese Siedlung gleichzeitig mit den Siedlungen Zug-Sumpf und Zürich-Grosser Hafner existiert haben muss, vielleicht auch gleichzeitig mit den bronzezeitlichen Dörfern Zürich-Alpenquai und Zürich-Haumesser. Der unterste Siedlungshorizont bei der Au dürfte eventuell der Frühbronzezeit, noch wahrscheinlicher aber der spätneolithischen Kultur der Schnurkeramik angehören; die mittleren, durch Holzproben datierten Schichten belegen die Zeit um 1100/1000 vor Christus, während die durch eine Seekreideschicht getrennte jüngste oberste Kulturschicht bereits der Phase des Übergangs von der Bronze- zur Eisenzeit (späte Hallstatt B-Periode), also einer Epoche um 750 vor Christus zuzuweisen ist, wie übrigens auch die jüngsten Schichten in den Siedlungen Zug-Sumpf und Zürich-Alpenquai.
Werfen wir zum Schluss einen Blick auf die Funde aus der bronzezeitlichen Seeufersiedlung bei der Hinteren Au. Gegenstände aus Bronze konnten bis heute nicht gehoben werden. Dafür ist die Keramik gut vertreten. Es handelt sich um Scherben von groben Kochtöpfen und von feineren Bechern, Schalen und Tellern. Manche der Rand- und Wandfragmente sind verziert. Beliebt waren Ritz- und Stichmuster, die man auch aus andern spätbronzezeitlichen Siedlungen am Zürichsee kennt. Durchbohrte Scherben mit geritzten Linien deuten darauf hin, dass einzelne Gefässe mit eingelegten farbigen Fäden geschmückt waren. Besonders hübsch ist ein fast vollständiger spätbronzezeitlicher Topf, der im August 1975 beim Abschwimmen der FundsteIle entdeckt wurde. An weiteren Fundgegenständen, die ebenfalls dem Schweizerischen Landesmuseum abgeliefert worden sind, gilt es einen Spinnwirtel aus Ton zu erwähnen, ferner einen Holzkeil in zwei Stücken, Hirschhornstücke (noch nicht bearbeitetes Rohmaterial) sowie verschiedene Getreidekörner.