Dieses historische Haus in Wädenswil ist nicht mehr geschützt

Quelle: «Zürichsee-Zeitung», 05. Februar 2022, Text Pascal Jäggi, Foto Manuel Matt

Weil Stadt Frist verpasst Ein Bauherr plant einen Umbau an einem geschützten Haus in Wädenswil. Das Bauamt will genau hinschauen, kassiert aber vor Gericht eine bittere Pleite.

Das Haus «zur Schwanau» gilt als sehr schützenswert. Ein 55-seitiges Gutachten eines spezialisierten Büros kam zu diesem Schluss. Die Stadt Wädenswil führte das Haus an der Seestrasse bisher im kommunalen Inventar. Gemäss dem Wädenswiler Bausekretär Jan Meyer ist es von hervorragendem Wert. Als Schutzziel wurde angegeben, das Gebäude integral und alle Verzierungselemente unverändert zu erhalten. Doch kürzlich ist das Haus an der Seestrasse mit dem auffälligen Türmchen aus dem kommunalen Inventar entlassen worden. Was ist passiert?
Der Entscheid stammt zwar vom Wädenswiler Stadtrat, doch er war nicht seine Idee. Im Beschluss betont der Stadtrat sogar noch, dass er im Wohnhaus weiterhin ein schutzwürdiges Projekt sieht. Dass es so weit gekommen ist, hat sich die Stadt allerdings selbst zuzuschreiben.

Das Haus «zur Schwanau» in der Nähe des Bahnhofs Wädenswil fällt auf. Sein Wert gilt bei Denkmalpflegern als hervorragend.

Frist noch verlängert

Der Reihe nach: Das Haus hat Schaden genommen, seit längerem zeugt eine Blache auf dem Dach davon. Der Besitzer wollte das zweite Dachgeschoss schon länger sanieren und umbauen. Er hat im Juni 2019 ein Baugesuch eingereicht. Die Stadtverwaltung verlangte aber zuerst eine Schutzabklärung. Der Bauherr stellte das sogenannte Provokationsbegehren, am 11. Juni 2019 ging es bei der Verwaltung ein. Ein spezialisiertes Architekturbüro wurde beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Anfang 2020 lag dieses vor. Dann kam Corona dazwischen. Darum, aber auch aufgrund des Status des Hauses als «hervorragendes Inventarobjekt» hat sich der Abklärungsaufwand unerwartet erhöht, wie der Stadtrat in seinem Entscheid schreibt. Im Juli 2020 beantragte die Stadt darum eine Fristverlängerung. Erst im November 2020 erhielt der Bauherr den Schutzvertrag.
Im Februar 2021 teilte der Grundeigentümer der Stadt mit, dass er den Vertrag trotz Anpassungen nicht unterzeichnen werde. Der Ball lag nun wieder bei der Wädenswiler Verwaltung. Sie musste eine Schutzverfügung ausarbeiten, die der Stadtrat absegnen sollte. Am 5. Juli 2021 beschloss dieser, das Haus «zur Schwanau» weiterhin unter Schutz zu stellen.

Rekurs des Besitzers

Damit war der Besitzer wiederum nicht einverstanden. Er zog den Fall ans Baurekursgericht. Und dieses traf eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen – eine Unterschutzstellung hätte nicht angeordnet werden dürfen. Der simple Grund: Die Stadt hat die einjährige Frist nach Einreichung des Provokationsbegehrens verpasst. Selbst mit der Verlängerung um ein Jahr. Die verlängerte Frist ist am 11. Juni 2021 abgelaufen.
Theoretisch könnte der Bauherr mit dem altehrwürdigen Gebäude in Zukunft machen, was er will, solange er sich an die Vorschriften für die Kernzone hält. Noch läuft allerdings die Rekursfrist für die Inventarentlassung. Sollte ein Rekurs eingehen, wären mögliche Bauvorhaben blockiert.
Der Besitzer, der unter anderem eine Immobilienagentur in der Innerschweiz betreibt, will sich gegenüber dieser Zeitung nicht äussern. Was er vorhatte oder ob er nach dem Entscheid neue Bauvorhaben eingeben will, bleibt also offen.

Fehler zugegeben

Der Wädenswiler Bausekretär Jan Meyer gibt zu, dass Fehler passiert sind bezüglich der Frist. Man versuche immer Lösungen zu finden, die für beide Seiten stimmten. Ein Vertrag sei die mildeste Form der Einschränkung. Es habe in diesem Fall sehr aufwendige Verhandlungen über einen Schutzvertrag gegeben, die das Verfahren in die Länge gezogen hätten. Mit einer Verfügung wäre alles schneller durchgezogen worden.
Dass es Arbeiten am Dachgeschoss braucht, streitet auch der Bausekretär nicht ab. Doch das Erscheinungsbild würde zu stark verändert werden, wenn nach den Vorstellungen des Bauherrn gebaut würde, sagt er. Meyer zeigt Verständnis für den Entscheid des Baurekursgerichts. Solche Fristen seien sicher auch eingeführt worden, damit Grundeigentümer nicht ewig im Ungewissen gelassen würden.
Einen Hoffnungsschimmer für den Erhalt des Hauses in seiner heutigen Form gibt es noch. Das Baurekursgericht hat nur über die Frist, nicht aber über die eigentlichen Fragen der Schutzwürdigkeit entschieden. Sollten Rekurse gegen die Inventarentlassung durch die Stadt Wädenswil eintreffen, müsste sich das Gericht wohl damit befassen. Der Zürcher Heimatschutz prüft den Fall zurzeit, die Rekursfrist läuft Ende Monat ab.