Das Haus Gerbestrasse 2 gehört zu den Wädenswiler Liegenschaften, die einen Namen haben; es heisst, wie zwei Inschriften bezeugen,
«Talgarten». An diese Bezeichnung wollen wir uns im Folgenden halten. Fassbar ist der Name – soweit wir sehen – erstmals in einem Kaufbrief vom 10. November 1906; darin ist von einem «Wohnhaus […] zum Thalgarten genannt» die Rede (Privatbesitz Walter Hunziker). Aus kulturgeschichtlicher Sicht könnte der Name aus der Biedermeierzeit stammen; damals hat auch das Haus
Zum Friedberg (Friedbergstrasse 7) seinen Namen bekommen.
In den Grundprotokollen wird das Haus nicht mittels seines Namens, sondern seiner Lage identifiziert, in Bezug auf einen traditionsreichen Gasthof, der an der Stelle des heutigen Geschäfts- und Wohnhauses Seestrasse 112 stand: «ob der Krone liegend» (1694; Grundprotokoll 4, S. 11a); «oberhalb der Krone» (1748; Grundprotokoll 6, S. 177b). Als im frühen 19. Jahrhundert die Brandassekuranz eingeführt wurde, bekam das Haus die Versicherungsnummer 93a, so dass die Adresse jetzt lautete: «Ob der Krone 93a» (StadtAW, IV.B.59.1, Katataster- und Schätzungstabelle 1809, S. 7). In der ersten, 1826 einsetzenden Serie von Assekuranzbüchern steht neben der Nummer 93a – von anderer Hand geschrieben – «Schulweg» (StadtAW, IV.B.59.4). In der zweiten, 1894 einsetzenden Serie von Katasterbänden hat das Haus die Assekuranznummer 303; daneben hat ein Schreiber den heutigen Strassennamen hingeschrieben: Gerbestrasse (StadtAW, IV.B.59.10).
Das seeseitige Nachbarhaus des Talgartens, das von Peter Ziegler nach einem späteren Eigentümer als Goldschmied-Hess-Haus bezeichnet wird und das 1971 abgebrochen wurde, war nicht der Gerbe-, sondern der Seestrasse zugeordnet; in der zweiten Serie der Assekuranzbücher hat es die Adresse «Mittlere Seestrasse No. 368» (später gab man ihm die Hausnummer 111). In der ersten, 1826 einsetzenden Serie wird das Haus mit «ob der Krone No 94» bezeichnet. Hier interessiert, was eine andere Hand rechts davon notiert hat: «Bei der Gerbe».
Mit der «Gerbe» ist der Talgarten gemeint; das Haus wurde nach dem Gewerbe benannt, das es bis um 1840 beherbergte, offenbar auch noch nach 1826, obwohl der Talgarten-Besitzer Johannes Hauser inzwischen – nämlich 1813–1814 – ein neues, grösseres Gerbegebäude erstellt hatte (Gerbestrasse Nr. 6). Möglicherweise nannte man nach 1814 die Häuser Gerbestrasse 2 und 6 alte respektive neue Gerbe, aber dafür gibt es keinen Nachweis.
In einem Grundprotokoll von 1779 ist betreffend den nachmaligen Talgarten von einem «Haus mit der Gerwi darunter», in solchen von 1834 und 1840 von einem «Haus mit der Gerberey darunter» die Rede (StAZ, Grundprotokoll Wädenswil, Bd. 11, S.88 und Bd. 22, S. 519). Offenbar befanden sich im abgetieften Erdgeschoss Gerberwerkstätten, während in den Obergeschossen gewohnt wurde.