«Simongut», Schulungszentrum «Vordere Au»

Quelle: Die Au gestern - heute, 1984 von Peter Ziegler

1840 verkaufte der Finanzrat des Kantons Zürich dem Bauern Caspar Blattman im Steinacher 6 Jucharten Staatsland in der Vorderen Au. Hier wurden in der Folge zwei Wohnhäuser und eine Scheune erstellt, die der damalige Eigentümer, Landwirt Rudolf Streuli, im Jahre 1893 dem Zürcher Arzt Theodor Egli-Sinclair veräusserte. In der Wädenswiler Gemeindekarte von 1900 sind die nun nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Bauten eingezeichnet. Die Bezeichnung «Villa» weist auf neue Verwendungszwecke hin. Von 1912 bis 1914 gehörte die Vordere Au Frau Luisa Zadra-Nabholz. Sie veräusserte den Besitz 1914 dem Juristen Charles Simon. Dieser liess die alten Bauten abbrechen und während des Ersten Weltkrieges nach den Plänen des Basler Architekten Emil Faesch (1865-1915) eine Villa mit Parkanlagen erstellen, das «Simongut».
Dr. Charles Simon (1862-1942), Präsident der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft in Zürich, war ein bedeutender Stendhal-Forscher. Im «Simongut» auf der Au waren immer wieder Persönlichkeiten aus dem kulturellen Leben zu Gast,
«Simongut».
so Carl J. Burckhardt, Franz W. Beidler, der Enkel Richard Wagners, oder Thomas Mann, der am 31. August 1935 in sein Tagebuch schrieb: «Mittags per Wagen zum Bellevue, wo wir Beidlers aufnahmen, und mit ihnen an die andere Seite des Sees, gegenüber Stäfa zum Besuch des Präsidenten Simon und seiner Tochter fuhren. Prächtige Besitzung, reiches Haus. Déjeuner und Aufenthalt im Garten am See …»
Von den Erben Simons kam das Landgut 1950 durch Kauf an Eric von Schulthess Rechberg und 1973 an den Kanton Zürich. Dieser eröffnete hier 1977 ein kantonales Schulungszentrum. Während das Gebäude nach aussen in seiner durch Schlichtheit ausgezeichneten Form erhalten blieb, passte Architekt Marcel Thönen aus Zürich das Innere geschickt und zeitgemäss den neuen Verwendungszwecken an. Im geschmackvoll eingerichteten und mit Werken bedeutender Künstler aus dem Kanton Zürich ausgestatteten Gebäude finden seit 1977 Kurse im Rahmen der internen Personalschulung der kantonalen Verwaltung Zürich statt. Die Finanzdirektion des Kantons Zürich vermietet das ruhig gelegene Haus aber auch als Tagungszentrum an Drittorganisationen.
Bereits im Sommer 1978 wurde nach Wegen gesucht, wie der Landsitz «Vordere Au» auch einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden könnte. Der Gedanke führte zur Gründung des Vereins «Au-Studio». Zu bescheidenem Eintrittspreis – Wädenswil und der Kanton Zürich gewähren finanzielle Unterstützung – werden im ehemaligen «Simongut» alljährlich mehrere Konzerte mit hochstehendem Programm veranstaltet, die sich grosser Beliebtheit erfreuen.
Alte und neue Bauten auf dem Auhügel. Auschnitte aus den Wädenswiler Gemeindekarten von 1900 und 1925.
 




Peter Ziegler