Haus «Zur langen Stege»

FUHRSTRASSE 2

Peter Ziegler, Manuskript vom April 2004

Im Besitz der Familie Steffan

Als Erbauer des in den Grundprotokollen als Neubau nicht ausgewiesenen Weinbauernhauses «Zur Langen Stege» kommt der Weibel und Säckelmeister Heinrich Steffan (auch Steffen) in Frage. Auf die Bauzeit 1724/1728 weisen die Jahreszahlen an der Treppe, im Sturz der Kellertüre und im Giebelfeld hin. Benachbarte Liegenschaften waren damals der Leihof der Familien Rellstab und Blattmann, der Bauernhof der Familie Hauser (nachmals Leigass 4), das Gut Mülibach der Familie Hauser, die Güter Rutenen der Familie Leuthold, das Gut der Familie Blattmann (heute Gottfriedhaus, Leigass 21).
Am 14. Februar 1782 kauften die Söhne des verstorbenen Hauptmanns Heinrich Steffan – Hauptmann und Landrichter Hans Conrad und Leutnant Hans Jakob Steffan – ihre sechs Schwestern aus und teilten das väterliche Erbe.1 Hans Conrad Steffan übernahm die Liegenschaft an der Leigass – so die frühere Bezeichnung für die Liegenschaft «Zur langen Stege» - umfassend ein Haus mit dem Trotthaus daran, ¾ an der Trotte (¼ gehört dem Hauptmann Rudolf Hauser, im Haus später Leigass 4), 1 Waschhaus, ½ Scheune hinterer Teil (vordere = östliche Hälfte gehört Rudolf Hauser), 3 Jucharten Holz und Boden im Geren, eine Scheune, Matte, Acker und Weide ob dem Schloss, 4½ Jucharten Weide oberhalb Rutenen.
Auf der Nordwestseite des Wohnhauses war ein hölzernes Trotthaus angebaut, noch sichtbar auf einer Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert. Der Anbau wird 1843 letztmals als Trotthaus bezeichnet, 1855 und 1864 als Anbau, 1894 als Schopfanbau.2 Er wurde 1897 abgebrochen und durch den steinernen Zinnenbau ersetzt.3
Plan des Hofes Lange Stege, gezeichnet von Geometer Rudolf Diezinger, 1829.

Verkauf an Jakob Brändli

Am 15. Juli 1817 verkaufte alt Präsident Heinrich Steffan seinen gesamten Besitz an Hans Jakob Brändli, den Sohn des Säckelmeisters Brändli im Oberort. Brändli veräusserte seinen Hausteil im Oberort an die Erben des Heinrich Fierz im Langacker Männedorf und zog auf den Hof «Zur langen Stege».4

Besitz von Hans Caspar Höhn

1827 wurde Friedensrichter Hans Caspar Höhn neuer Eigentümer der Liegenschaft «Zur Langen Stege».5 Er verkaufte sie am 4. Dezember 1840 dem Schwiegersohn Heinrich Hauser ab der Widen Wädenswil.6 Anlässlich der Handänderung wurden im Grundprotokoll erstmals Assekuranznummern vermerkt, die sich in den Lagerbüchern der Brandassekuranz seit 1826 belegen lassen:
Nr. 253a 1 Haus samt Schopf und Schweinestall daran
Nr. 253b 1 Waschhaus
Nr. 253c 1 Trottgebäude mit Trotte
Nr. 253d ½ Scheune (andere Hälfte Nr. 240c)
Nr. 253e 1 Scheune ob dem Schloss
Nr. 253k 1 Scheune, später zu Wohnhaus Meienburg Ass.-Nr. 920.
Haus Lange Stege von Osten.

Spätere Handänderungen

Nach dem Tod von Heinrich Hauser wird 1883 durch Erbgang und Auskauf Landwirt Jakob Hauser-Höhn neuer Eigentümer.7 Nach dessen Tod wird am 23. August 1907 die Tochter Elisabeth Vetterli-Hauser Besitzerin. 1947 kommt die Liegenschaft an die Erben Vetterli, später an Elisabeth Textor-Vetterli. Ab 1959 wurde das Haus nicht mehr landwirtschaftlich genutzt.8

Waschhaus

Das Waschhaus ist älter als das Wohnhaus. Am Türsturz war früher die Jahreszahl 1705 zu lesen. Es ist denkbar, dass das Waschhaus einst zur Liegenschaft Mülibach oder Rutenen gehört hat und durch Kauf an die Steffan kam. Als Eigentümer nennt das Lagerbuch der Brandassekuranz:
1826 Jakob Brändli
1827 Friedensrichter Caspar Höhn
1842 Heinrich Hauser-Höhn
1894 Jakob Hauser
1913 Jakob Hausers Erben
1941 Elisabeth Vetterli-Hauser
Haus Lange Stege um 1950, Links das Waschhaus von 1705.

Trottgebäude

Das freistehende Trottgebäude bergseits des Wohnhauses wurde im Jahre 1816 neu gebaut. An Martini 1816 nahm Heinrich Steffan von seinem Schwager, dem Gerber Johannes Hauser im Dorf (Gerbestrasse 6), 5000 Gulden auf, wohl zum Teil für den Bau des Trotthauses. Als Sicherheit für den Schuldbrief liess er am 20. Januar 1817 ins Grundprotokoll seine Liegenschaft eintragen, unter anderem «eine neu erbaute Trotte und Trotthaus».9
Seit 1855 gab es an der Trotte einen Anbau. 1894 wurden assekuriert: 1 Trotte mit Anbau, 1 Trottwerk, 1 mechanischer Aufzug zum Trottwerk, 1 Turbine. 1913 war das Trottwerk ausser Betrieb. 1933 wurden Trottwerk, Aufzug und Turbine abgetragen. Das Gebäude figurierte fortan als Schopf. Elisabeth Textor-Vetterli liess die ehemalige Trotte 1983 zu Wohnzwecken umbauen.
Haus Lange Stege um 1920. Links die Trotte.

Scheune

Die Scheune lässt sich im Grundprotokoll erstmals im Jahr 1782 nachweisen.10 Damit ist aber nicht das Baujahr erwähnt. Zum Besitz von Landrichter Hans Conrad Steffan gehörte «eine halbe Scheune, hinterer Teil, dem First nach geteilt, samt einem Stück Matte, Reben, Acker, Holz und Tobel, 7 Jucharten weit», hinterhalb dem Wohnhaus (Zur langen Stege) liegend.
Die vordere halbe Scheune (also der östliche Teil) und eine Matte waren Eigentum von Rudolf Hauser (in der nachmaligen Liegenschaft Leigass 4).
Zur Lage dieser Scheune: «hinterhalb» bedeutet in Wädenswil immer westlich. Als Grenzen werden angegeben: die Pfarrwiese (oberhalb), der Bach (Töbelibach), Kirchenpfleger Caspar Blattmanns Buchholz, Geschworenen Rellstabs Holztobel und Reben (Leihof), Leutnant Bürgis Reben und Matten, Hauptmann Rudolf Hausers Matte und Äckerli.
Der Hofplan, den Geometer Rudolf Diezinger 1829 aufnahm, veranschaulicht die Situation. Hausers Besitz zog sich von der Unteren Leigass hangwärts gegen die heutige Speerstrasse.
Ausschnitt aus dem Plan von Rudolf Diezinger. Links oben Haus und Trotte, rechts oben die Scheune.

1807 erwähnt das Grundprotokoll folgende Situation:11 Heinrich Steffan besitzt eine halbe Scheune, der hintere Teil (= westlicher Teil), dem First nach geteilt. Der vordere Teil (also östlich) gehört den Erben von Rudolf Hauser sel., ebenso der Keller unter dem oberen Scheunenteil von Steffan. Die obere Tille gehört Steffan.
1826 setzt das Lagerbuch der Brandassekuranz ein. Die Scheune ist folgerichtig unter zwei verschiedenen Nummern versichert. 1864 ist Heinrich Hauser alleiniger Eigentümer.12 Die gleiche Situation gilt für Jakob Hauser im Jahre 1883.13 1894 wurde festgehalten, die freistehende Scheune sei 1109 m3 gross und dazu gehöre eine Einfahrt.. 1933 wird zusätzlich ein Süssgrünfutterbehälter erwähnt. Vom seewärts gelegenen Land wurden am 23. August 1907 1312 m2 an Eduard Fürst-Zurlinden verkauft, als Bauplatz für das Wohnhaus Schönenbergstrasse 40.14
Die zum Wohnhaus umgebaute Scheune Vetterli von Osten.

Am 12. März 1983 kaufte Architekt Christian Hurter von Elisabeth Textor-Vetterli die Scheune und baute sie zum Wohnhaus aus. Eine zur Liegenschaft gehörende Scheune ob dem Schloss, ab 1667 im Besitz der Familie Steffan erwähnt15, brannte im Jahre 1934 ab. Eine dritte Scheune des Bauernhofes «Zur Langen Stege», ab 1771 belegt, stand in einer Weide oberhalb dem Meierhof.16 1807 war sie Besitz von Heinrich Steffan.17 1826 gehörte sie Jakob Brändli, ab 1827 Friedensrichter Heinrich Brändli. 1836 wurde Heinrich Brändli im Meierhof neuer Eigentümer dieser Scheune. Hans Heinrich Brändli liess die Scheune abreissen und an ihrer Stelle 1854/55 das Wohnhaus «Meienburg» (Meienburgstrasse 10) mit Scheune und Anbau erstellen.
Die umgebaute Scheune Vetterli von Nordwesten.
 

Anmerkungen

[1] StAZH, B XI Wädenswil 11, Grundprotokoll Bd. 11, S. 846.
[2] StAW, IV B 59.3, Lagerbuch der Brandassekuranz, S. 414.
[3] StAW, IV B 59.10, Lagerbuch der Brandassekuranz, Ass.-Nr. 507.
[4] StAZH, B XI Wädenswil 19, Grundprotokoll Bd. 19, S. 82.
[5] StAW, IV B 59.3, Lagerbuch der Brandassekuranz, S. 414.
[6] StAZH, B XI Wädenswil 305, S. 65/66.
[7] StAZ, B XI Wädenswil 320, S. 567–575.
[8] Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee, 6. August 1996. Gespräch mit Elisabeth Textor-Vetterli.
[9] StAZH, B XI Wädenswil 18, Grundprotokoll Bd. 18, S. 452.
[10] StAZH, B XI Wädenswil 11, Grundprotokoll Bd. 11, S. 846.
[11] StAZH, B XI Wädenswil 17, Grundprotokoll Bd. 17, S. 435.
[12] StAZH, B XI Wädenswil 308, S. 12–15.
[13] StAZH, B XI Wädenswil 320, S. 567–575.
[14] StAZH, B XI Wädenswil 331, S. 199.
[15] StAZH, B XI Wädenswil 17, S. 435.
[16] StAZH, B XI Wädenswil 8, S. 260/261.
[17] StAZH, B XI Wädenswil 17, S. 435.