Eichmühle

Quelle: Rundgang II durch Wädenswil, 1990 von Peter Ziegler
Eichmühle von Nordwesten. Rechts der Speicher von 1765.

Der alte Hof um die Eichmühle gegenüber der Burg Wädenswil hiess im Spätmittelalter Lutringen. Er war, wie der benachbarte Hof Unter Eichen (Zollingerhäuser), Eigengut der Herren von Wädenswil und gelangte 1281 durch Vermächtnis zunächst an das Kloster Frauenthal, 1302 durch Verkauf an das Johanniterhaus Bubikon und nach der Schaffung der selbständigen Komturei Wädenswil um 1320/30 schliesslich an diese. Als Zürich 1549 die Herrschaft Wädenswil erwarb, wurde das nunmehr mit einer Mühle versehene Lutringengut – ein Jakob Müller wird hier 1523 erstmals erwähnt – Erblehen unter der Oberhoheit des Staates Zürich. Die Bezeichnung Lutringen verlor sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Dafür bürgerte sich der Name «Mühle unter den Eichen» oder kürzer «Eichmühle» ein. Als der Müller Hans Diezinger 1568 auf diese Liegenschaft einen neuen Erblehenbrief ausgestellt erhielt, bestand der grosse Mühlekomplex aus drei Mahlwerken samt Stampfe, Bleue und Säge mit zugehörigen Wasserrechten sowie ausgedehntem Acker-, Wies- und Weideland und etwas Wald.
1677 übernahm der Hofbauer Jakob Blattmann ab dem «Esel» am Richterswilerberg die Eichmühle aus der Diezingerschen Konkursmasse und stellte sie in grossem Umfang baulich instand. Während sechs Generationen, bis um 1880, betätigten sich nun die Blattmann als Eichmüller. Sie zählten zur Wädenswiler Oberschicht und bekleideten in der Gemeinde angesehene und zum Teil einflussreiche Ämter. 1814 wird der Eichmühlehof wie folgt umschrieben: ein Haus samt Mühle, umfassend vier Mahlwerke, eine Relle, eine Stampfe, eine Haberdarre, eine Werchreibe, eine Ölmühle, eine Sägehaus mit wassergetriebenem Sägewerk, ferner Schopf und Schweinestall, eine Scheune mit Stallungen, ein Waschhaus, ein Speicher, eine Trotte mit Umgelände mit Matten, Weiden und Ried. Dazu kamen die beiden heute noch erhaltenen Weiher westlich der Mühle, unterhalb Felsen.
Nach 1816 entstand auf dem Areal des alten Eichmühlegutes der Aussiedlerhof Neugut, der während fünf Generationen ebenfalls von der Familie Blattmann bewirtschaftet wurde. Seine Geschichte ist von Christian Renfer im Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1986 ausführlich gewürdigt worden.
Kaspar Albert Blattmann, der die Eichmühle 1880 erwarb, gab den Mühlebetrieb bald auf und richtete hier die Wirtschaft ein. Von den späteren Besitzern, die dem Wirteberuf oblagen, seine die Vinazer, Bosshard, Brändli, Wannenwetsch und Eder genannt.
Der heutige Weiler Eichmühle, der nur noch einen Bruchteil der früheren Siedlungen darstellt, überzeugt noch immer durch unverbaute Lage und bemerkenswerte Einzelbauten.
Das ehemalige Mühlewohnhaus, das Hauptgebäude des Weilers, steht am äussersten Rand, direkt über dem steil zum Tobel des Reidbachs abfallenden Gelände. Der Bau dürfte unter den Blattmann im 17./18. Jahrhundert neu aufgeführt oder mindestens stark erneuert worden sein. Ein am Wohnhaus angebautes oberes Mühlegebäude wurde erst 1857 abgebrochen. Im Gegensatz zum Erdgeschoss, das neuere Fenstereinbauten mit Steingewänden aufweist, entspricht das Obergeschoss mit seinen gekoppelten, holzumrandeten Fensterpaaren und dem Riegelwerk in der nordwestlichen Giebelfassade dem alten Zustand. Im Hausgang konnte 1964 eine Balkendecke mit barocken Blatt- und Rankenornamenten in schwarzen, weissen, bläulichen und grauen Tönen freigelegt und mit Beiträgen des Zürcher Heimatschutzes restauriert werden.
Im steilen Hang unterhalb des Mühlewohnhauses steht das heute als Wohnhaus genutzte turmartige ehemalige Mühlegebäude, das möglicherweise aus dem Jahre 1675 stammt. Die talseitige Giebelfassade in Fachwerkkonstruktion ist dreigeschossig ausgebildet, während die Bergseite nur mit dem Giebelfeld über den Boden aufragt. Die beiden unteren Geschosse dienen ursprünglich als Mühleraum. Das Wasserrad drehte sich an der Südwestseite des Gebäudes.
Mühlegebäude von Süden. Heute Wohnhaus.
Barocke Balkendecke im Hausgang, mit Blatt- und Rankenornamenten.

Das als Mittelpunkt der Hofsiedlung wirkende eingeschossige Waschhaus bergseits der Eichmühle hat ausgemörteltes Bruchsteinmauerwerk, gehauene Eckquader und eine mit Biberschwanzziegeln eingedecktes Sparrendach. Die Giebelfelder sind mit rautenförmigem Riegelwerk ausgefacht. Auf der Nordseite ist in zwei Gefachen das Baujahr 1765 aufgemalt. Die Dachuntersicht trägt barocke Rankenmalerei. Unter dem Fenster der Nordseite springt ein Schüttsteinausguss vor.
Gegenüber der Wirtschaft Eichmühle steht bergseits der Strasse der ehemalige Speicher mit originalem Sockelgeschoss und barockem Kellerportal. Er wurde 1749 durch den Eichmüller Hans Caspar Blattmann erstellt und 1855 zum schindelverschalten Wohnhaus umgebaut.
Schlussstein von 1749, ehemals am Speicher, heute in der Villa Grünenberg eingemauert.




Peter Ziegler